Die Eliten studieren in Heidelberg – Stipendiaten der Studienstiftung bevorzugen die Ruperto Carola

Rund 300 vom größten Begabtenwerk der Republik geförderte Nachwuchswissenschaftler sind an der Ruperto Carola eingeschrieben, mehr als an jeder anderen Universität – Breite Allgemeinbildung steht neben der wissenschaftlichen im Fokus – „Hier hat Heidelberg zusätzlich zu der exzellenten Fachausbildung viel zu bieten“, so Prorektorin Leopold

Die Stipendiaten der „Studienstiftung des deutschen Volkes“ zieht es vor allem nach Heidelberg. Rund 300 vom größten Begabtenwerk der Republik geförderte Nachwuchswissenschaftler sind an der Ruperto Carola eingeschrieben – mehr als an jeder anderen Universität. Breite Allgemeinbildung steht neben der akademisch-wissenschaftlichen im Fokus. „Hier hat Heidelberg zusätzlich zu der exzellenten Fachausbildung viel zu bieten“, meint Prorektorin Prof. Dr. Silke Leopold.

Die Diskussionen um die Förderung studentischer Eliten hat die Öffentlichkeit in den letzten Jahren stark beschäftigt. Dabei existiert eine solche Förderung seit langem – realisiert durch die elf Begabtenförderwerke, die sich in Deutschland um die besten Jungakademiker kümmern. Eine der bekanntesten Institutionen ist hierbei die Studienstiftung des deutschen Volkes – das größte Begabtenförderungswerk der Bundesrepublik. Die politisch, konfessionell und weltanschaulich unabhängige Stiftung unterstützt hochqualifizierte Studenten und Doktoranden durch diverse Aktivitäten, während parallel angebotene „offene Programme“ auch für Nichtstipendiaten zugänglich sind.

Momentan fördert die Stiftung rund 6.000 Stipendiaten, was im Bundesdurchschnitt einem Anteil von weniger als einem halben Prozent aller Studierenden entspricht. Jedoch zeigen die Statistiken ein auffälliges Ungleichgewicht hinsichtlich der Rangliste der Universitäten. Die meisten Stipendiaten finden sich nämlich an den Hochschulen des Landes Baden-Württemberg, wobei die Universität Heidelberg mit rund 300 Stipendiaten deutlich an erster Stelle steht. „Baden-Württemberg scheint für begabte Leute generell ein attraktiver Standort zu sein, sind doch auch viele Stipendiaten in Karlsruhe und Tübingen eingeschrieben“, meint Silke Leopold hierzu.

Sie befasst sich unter anderem mit dem Bereich der Begabtenförderung und vermutet den Grund für den Spitzenplatz der Ruperto Carola auch im breiten Angebot an Lehrangeboten, die sich nicht explizit mit dem jeweiligen Forschungsbereich befassen. „Die Studienstiftung ist nämlich grundsätzlich auf ein fundiertes Allgemeinwissen der Stipendiaten bedacht. Man will kein – wenn man es so ausdrücken möchte – ’Fachidiotentum’ unterstützen, sondern eine breite Allgemeinbildung neben der akademisch-wissenschaftlichen Ausbildung.“

Weltoffenheit, Interdisziplinarität und die Vermittlung von Schlüssel- und Zusatzqualifikationen für die spätere Tätigkeit stehen hier im Mittelpunkt. Notwendigerweise achtet man deshalb schon bei der Auswahl des förderungswürdigen Nachwuchses auf entsprechende Interessen oder außeruniversitäres Engagement, das als Beleg für ein aufgeschlossenes Wesen angesehen werden kann. „Und weil sich eben in Heidelberg viele Möglichkeiten in dieser Hinsicht bieten, steht die Neckarstadt so weit oben auf der Liste. Ganz offensichtlich bieten wir genau das, was diese jungen Talente suchen“, freut sich Silke Leopold, die neben ihren Aufgaben als Prorektorin der Universität Direktorin des Musikwissenschaftlichen Seminars in der Augustinergasse ist.

Die Studienstiftung fördert grundsätzlich Studierende an Universitäten, wissenschaftlichen und technischen Hochschulen, Kunst-, Musik- und Fachhochschulen, und wird als eingetragener Verein finanziell vom Bund, von den Bundesländern und den Kommunen sowie vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, einer Vielzahl von Stiftungen und von mehr als 6.000 privaten Spendern getragen. Jährlich werden rund 1.500 Studierende neu in die Förderung der Stiftung, die unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht, aufgenommen.

Im Detail erfolgt die Förderung in Abhängigkeit von der finanziellen Situation der Familie, wobei Doktoranden ein elternunabhängiges und nicht zurückzahlbares Stipendium erhalten. Zudem können die Stipendiaten besondere Stipendien für Studien, Famulaturen oder Praktika im Ausland erhalten. Postgraduiertenprogramme bieten weiterhin die Möglichkeit, die Ausbildung nach dem Studium an einer ausländischen Hochschule zu ergänzen. „Nicht vergessen sollte man hierbei auch die jährlich stattfindenden vierzehntägigen Sommerakademien mit Arbeitsgruppen zu wissenschaftlichen und künstlerischen Themen“, betont Silke Leopold. „Diese kann man in ihrer Bedeutung für die Wissens- und Persönlichkeitsbildung nicht überschätzen – kein Wunder also, dass die Kurse oft völlig überbucht sind.“

Für besonders großes Aufsehen sorgt indes ein neues Programm der Studienstiftung, die neben den Sommerakademien nun auch „virtuelle Elitenuniversitäten“ anbietet. Den Anfang machte vor einigen Wochen ein erstes geisteswissenschaftliches Kolleg, bei dem etwa hundert Stipendiaten gemeinsam mit angesehen Professoren vom 6. bis zum 11. Oktober auf Schloss Oppurg in Thüringen über „Die Wiederkehr des Verdrängten: Antike, Mythos und Religion“ diskutierten. Zugleich steht die Studienstiftung in Verhandlungen mit der DFG, um einen privilegierten Zugang zu deren Graduiertenkollegs zu erlangen. Jedoch stößt das Voranpreschen der Studienstiftung mit solch einer „Elitenoffensive“ bei den anderen Stiftungswerken auch auf eine gewisse Skepsis.

Vor allem die am 1. Oktober gestartete Allianz im Rahmen des Max-Weber-Programms erregt die Gemüter, sehen doch manche die Vielfalt der deutschen Begabtenförderung gefährdet. Beim Max-Weber-Programm handelt es sich um einen Teil der bayrischen Elitenförderung, die von der Studienstiftung betreut wird. Diese kümmert sich auch um die Inhalte des Programms, das indes parallel zur eigentlichen Förderung der Studienstiftung abläuft. Die enge Verknüpfung zwischen dem Freistaat Bayern und der Stiftung sehen manche mit Argwohn, soll doch die Förderung der Eliten möglichst staatsfern und pluralistisch stattfinden – unter Einbeziehung aller wichtigen Institutionen innerhalb des Gesellschaft wie Parteien oder Kirchen.

Von all den Facetten der Elitenförderung abgesehen bedeutet diese jedoch für die direkt „Betroffenen“ vor allem eine stetige Herausforderung. „Die Besten werden hier besonders gut gefördert. Das bedeutet natürlich, dass man sich permanent ’strecken’ muss, um besonders gut zu sein – was ja auch in ständig durchgeführten Auswahlverfahren immer wieder nachgeprüft wird. Ein gutes Abitur alleine reicht folglich noch lange nicht aus. Der Beste zu sein – das ist keine feststehende Tatsache, sondern ein stetiger Prozess, der jedoch auch die anderen Studierenden motivieren kann, sich mit den besten Nachwuchswissenschaftlern zu messen, oder besonders gut Examina abzulegen“, betont Silke Leopold. „Das kann für alle eine unglaubliche Motivation darstellen.“

Zugleich warnt sie jedoch auch vor einem übertriebenen Wettbewerb zwischen den Studentinnen und Studenten. „Ich finde, man muss eine gewisse Balance wahren zwischen dem Wettbewerb im Sinne eines ’Ich besiege den anderen’ und einem sozialen Verhalten, das die Kooperation in der Gruppe voraussetzt. Das nämlich halte ich für viel wichtiger als reine Konkurrenz- oder Wettbewerbssituationen. Denn Teamfähigkeit und kommunikative Kooperation sind Fähigkeiten, auf die es auch in der Zukunft immer ankommen wird – und deshalb definiert sich ein erfolgreich abgeschlossenes Elitenstudium auch über die Fähigkeit, gemeinsam mit anderen Menschen zu arbeiten und zu forschen. Das sollte man bei allen Diskussionen um die Förderung studentischer Eliten auf keinen Fall vergessen!“
Heiko P. Wacker

Rückfragen bitte an:
Prof. Dr. Silke Leopold
Musikwissenschaftliches Seminar
Augustinergasse 7
69117 Heidelberg
Tel. 06221 542781, Fax 542787
leopold@rektorat.uni-heidelberg.de

Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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