Woher kommt das Bio-Rindfleisch? Jülicher Forscher können Herkunft zuverlässig bestimmen

Dr. Hilmar Förstel (li.) und Markus Boner


Die Frage interessiert den Verbraucher brennend: Woher stammt das Rindfleisch auf seinem Teller? Ist das Tier bei einem Bio-Bauern aufgewachsen oder wurde es aus einem englischen Mastbetrieb importiert? Darauf können Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich in Zukunft eine klare Antwort geben. Mit einer speziellen Analysemethode stellen sie fest, ob das Fleisch auch wirklich aus dem angegeben Herkunftsstall kommt.

Jeder Mensch ist über seinen Fingerabdruck zu identifizieren. Etwas Ähnliches gibt es auch für Pflanzen und Tiere. Denn sie nehmen während ihres Wachstums Stoffe auf, die in ihrer Zusammensetzung ganz charakteristisch für eine bestimmte Region sind. Wenn ein Rind also auf ungedüngten Schweizer Almwiesen aufgewachsen ist, dann wird der Fingerabdruck der Natur die Herkunft des Tieres immer verraten.

„Isotopen-Analyse“ heißt die Untersuchungsmethode der Jülicher Forscher, mit der sie jedem Etikettenschwindel auf die Spur kommen. Sie fahnden im Rindfleisch nach Elementen wie Sauerstoff und Wasserstoff, den Bausteinen des Wassers, oder nach dem für das Pflanzenwachstum nötigen Stickstoff. In der Natur sieht das einzelne Element jedoch nicht immer gleich aus. Es existiert in verschiedenen Ausführungen, die sich nur durch das Gewicht ihrer Atomkerne voneinander unterscheiden. Diese Varianten eines Elements werden Isotope genannt. So gibt es Wasser mit unterschiedlichen Anteilen an leichten und schweren Sauerstoffatomen. „Leichtes Wasser“ kann schneller verdunsten und wieder abregnen. Dabei folgt es der weltweiten Luftbewegung. Somit hat das Wasser an jedem Punkt der Erde ein eigenes charakteristisches Mischungsverhältnis aus leichten und schweren Anteilen.

Diese Kenntnisse nutzen die Jülicher Wissenschaftler für ihre Herkunftsbestimmungen. „Wir erhalten auf diese Weise eine Isotopenkarte, die es uns ermöglicht, das Rindfleisch mit Hilfe des Gewebewassers eindeutig einer bestimmten Region zuzuordnen“, erklärt Dr. Hilmar Förstel, der Leiter des Isotopenlabors im Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre.

Zusätzlich zur Herkunft des Rindes kann mit der Isotopen-Analyse aber auch geklärt werden, womit die Tiere gefüttert wurden. „Auf diese Weise können wir nachprüfen, ob ein Stück Fleisch wirklich von einem Bio-Rind stammt“, erklärt der Lebensmittelanalytiker Markus Boner vom Jülicher Isotopenlabor, das wegen seiner anerkannten Methoden bereits vom TÜV nach ISO 9002 zertifiziert wurde.

Bio-Landwirte verzichten nicht nur auf Tiermehl, sondern auch auf das Futtermastmittel Mais. Das erkennt Markus Boner am Isotopenverhältnis vom Kohlenstoff. Als Kulturpflanze tropischer Herkunft kann die Maispflanze das Kohlendioxid der Luft wesentlich besser ausnutzen als die einheimischen Gräser. Dadurch nimmt sie weniger leichte Kohlenstoff-Isotope aus der Luft auf. Bio-Rinder, die überwiegend Grasfutter aus heimischem Anbau gefüttert bekommen, zeigen ein anderes Isotopenverhältnis. „Schon 15 Prozent Maisfütterung können wir nachweisen und damit ausschließen, das es sich um das Fleisch eines Bio-Rindes handelt“, sagt Boner.
Zudem muss der schnell wachsende Mais kräftig gedüngt werden. Der Dünger ist wiederum mit dem leichten Stickstoff-Isotop angereichert. Auch das können die Mitarbeiter des Isotopenlabors im Fleisch herkömmlich gemästeter Rinder nachweisen. Tiere, die sich von ungedüngten Grünpflanzen ernähren, weisen den schweren Stickstoff auf, der natürlicherweise im Boden vorkommt.

Die Isotopen-Methode verhilft nicht nur dem Verbraucher, sondern auch dem Bio-Landwirt zu mehr Sicherheit. Er kann mit dem Test Verwechslungen seiner Tiere am Schlachthof ausschließen.

Der Test ist allerdings noch nicht im Handel. Bis zu seiner Marktreife wird es etwa ein halbes Jahr dauern. Zurzeit beschränkt Boner seine Untersuchungen auf Bio-Rinder in Deutschland. Aber schon Anfang nächsten Jahres wird er die Methode auch bei britischen, französischen und spanischen Rindern anwenden.

Die Isotopen-Analyse zur Herkunftsbestimmung hat gegenüber den derzeitigen BSE-Tests den Vorteil, dass sie auch schon vor dem 30. Lebensmonat angewendet werden kann. Eine wissenswerte Alternative für den Verbraucher.

 

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Peter Schäfer idw

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