Rauch beeinflusst Regenfall
Großräumige Luftverschmutzung durch Brandrodungen in den Tropen kann das lokale und globale Niederschlagsverhalten und das Klima weltweit verändern
Noch stehen uns die Fernsehbilder von den verheerenden Feuern in den US-Bundesstaaten Colorado und Arizona vor Augen, wo große Flächen Waldes vernichtet wurden. Oder denken wir an die wochenlangen Brände, die vor einem halben Jahr in Australien wüteten. Solche weiträumigen Feuer sind mit einer starken Rauchentwicklung verbunden, die nicht nur die unmittelbare Umgebung beeinträchtigt: so konnten z.B. vor ein paar Jahren ziemlich kompakte Rauchfahnen über Deutschland eindeutig Waldbränden im nordwestlichen Kanada zugeordnet werden.
Schon seit Längerem beschäftigt Wissenschaftler die Frage, wie sich großflächige Waldbrände auf das Wettergeschehen und das Klima auswirken. Dabei ist in jüngster Zeit immer stärker die Rolle von Aerosolen in den Vordergrund getreten. Aerosole, das sind mikroskopisch kleine, feste oder flüssige Teilchen in der Luft, wie Staub, Sand, Ruß, aber auch Pollen, Sporen u.ä. Sie können Sonnenlicht absorbieren und streuen, und dadurch zu einer lokalen und regionalen Abkühlung der Erdoberfläche beitragen.
„Schematische Darstellung der Wechselwirkung zwischen Biosphäre und Atmosphäre über den Tropen unter natürlichen Bedingungen (links) und als Folge von Waldrodung und Luftverschmutzung (rechts). “ |
Bei einer Tagung der Amerikanischen Geophysikalischen Union in Washington warnten jetzt Wissenschaftler, dass die Rauchfahnen von Vegetationsbränden auch auf den globalen Wasserkreislauf erheblich einwirken können. „Rauchteilchen können indirekt Wetter und Klima beeinflussen, weil sie die Eigenschaften von Wolken verändern“, so Prof. Meinrat Andreae, Direktor der Abteilung Biogeochemie am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie, bei dieser Gelegenheit. „Unsere Messungen im Amazonasgebiet in den vergangenen vier Jahren zeigen, dass durch Brandrodung extrem hohe Mengen an Aerosolen freigesetzt werden“. Diese dienen als Kondensationskeime für Wolkentröpfchen („Cloud Condensation Nuclei“, CCN). Je größer die Zahl der „Keime“ in einer Wolke, desto zahlreicher die Tröpfchen, die sich bilden können. Es entstehen aber viele kleine Wolkentröpfchen, die zu leicht sind, um auszuregnen. Die Wolken können sich dann ohne Regen auflösen oder sie steigen in große Höhen auf, wo das Wasser gefriert. Der aus diesen „kalten Wolken“ fallende Regen entsteht nach anderen Mechanismen als der Regen, der ohne Luftverschmutzung aus dann „warmen Wolken“ in niedrigerer Höhe fällt (vgl. Abb.). Die Störung des natürlichen Gehalts an Kondensationskeimen durch den Rauch aus Vegetationsfeuern hat weitreichende Folgen. Nicht nur dass Rauch – wie wir aus Satellitenaufnahmen wissen – sehr weit transportiert werden kann, er entsteht auch häufig in den tropischen Gebieten, also dort, wo der Motor der Atmosphäre sitzt, der Wetter und Klima unserer Erde antreibt. Es steht zu befürchten, dass der Mensch dabei ist, diesen natürlichen Regulationsmechanismus zu stören.
In diesem Sinne vermutet Andreae einen Zusammenhang zwischen lokalen Veränderungen bei der Regenbildung in den Tropen und größeren klimatischen Veränderungen weltweit. „Möglicherweise“, meint er, „verändert sich schon das globale Niederschlagsverhalten als Folge der verstärkten Brandrodungen. In den tropischen Gebieten, wo die meisten Feuer brennen und somit der Aerosoleintrag durch Rauch am größten ist, hat im letzten Jahrhundert die Regenmenge um etwa 0,3% pro Dekade abgenommen. Gleichzeitig ist die Niederschlagsmenge in der nördlichen Hemisphäre, so in Europa und den USA, um ca. 0,5% pro Dekade angestiegen. Es ist außerdem zu befürchten, dass die durch Brandrodung veränderte Wolkenphysik in den Tropen auch für mehr Stürme in Europa sorgen wird.“
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Prof. Dr. Meinrat O. Andreae
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Tel.: 0 61 31 / 3 05 – 421
E-Mail: moa@mpch-mainz.mpg.de
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