Das Ökosystem des Brachiosaurus
Nicht erst seit Jurassic Park faszinieren Dinosaurier die Menschen. Über das Aussehen, das Verhalten und sogar über die Biologie von Dinosauriern ist eine Fülle von Informationen vorhanden. Doch in welcher Umwelt lebten die Riesen der Vorzeit? Wissenschaftler der TU Berlin wollen in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Gemeinschaftsprojekt mit dem Naturkundemuseum Berlin mehr über die Lebensbedingungen vor Millionen von Jahren erfahren.
Anfang des 20. Jahrhunderts stößt man bei der Suche nach Mineralien auf die Knochen eines vorzeitlichen Giganten. Es sind Überreste eines Brachiosaurus, eines der größten Tiere, das je auf der Erde gelebt hat: 23 Meter lang, 12 Meter groß, 80 Tonnen schwer. Der Ort: Tendaguru in Deutsch-Ostafrika. Was man fand, wurde zu einer der weltweit bedeutendsten Dinosaurier-Lagerstätten. Von 1909 bis 1913 wurden in mehreren Expeditionen des Museums für Naturkunde über 250 Tonnen Knochen und Skelette ins kaiserliche Berlin gebracht. Noch heute ist im Lichthof das fast vollständig erhaltene Skelett eines Brachiosaurus zu bestaunen. Die Wissenschaftler Anfang des letzten Jahrhunderts waren hauptsächlich an den spektakulären Knochen interessiert, heute suchen die Forscher in dem umgebenen Gestein Antworten auf die Frage nach dem Lebensraum der Dinosaurier.
„Ziel des Gesamtprojekts ist es, ein möglichst umfassendes Bild des damaligen Ökosystems zu gewinnen“, so Dr. Robert Bussert, der für die TU Berlin an dem Projekt beteiligt ist. Seine Aufgabe ist es, ein geologisches Modell für die Entstehung der Dinosaurier-Lagerstätte zu entwerfen. Wie sah die Landschaft aus? Lag das heute im Landesinneren befindliche Tendaguru an einer Lagune? Warum sind die Dinosaurier umgekommen und warum sind die Knochen so gut erhalten geblieben? Dies sind einige der Fragen, die Robert Bussert hofft, mit seiner Arbeit beantworten zu können.
Auf einer ersten Expedition im vergangenen Jahr nach Tendaguru, das heute zu Tansania gehört, konnte er ein Detailprofil der Sedimentabfolge in Tendaguru erstellen. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Tendaguru-Folge aus einem Wechsel von marinen und kontinentalen Schichten besteht. „Das bedeutet, dass sich die Umgebung der Fundstelle vor 150 Millionen Jahren mehrmals stark veränderte, mal war es Meeresboden, mal war es Festland“, erklärt Robert Bussert. Verantwortlich für diesen Wechsel sind Schwankungen des Meeresspiegels in der Geschichte der Erdentwicklung. „Wenn wir den Einfluss der Meeresspiegelschwankungen und des Paläoklimas auf die Entstehung der Lagerstätte verstehen, sind wir einen Schritt weiter bei der Rekonstruktion des Ökosystems zur Zeit des Brachiosaurus“, so Robert Bussert. Die Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin und des Naturkundemuseums Berlin kooperieren mit Kollegen der Universität in Dar Es Salaam.
Spuren der alten Ausgrabungen finden sich an vielen Stellen in Tendaguru und Tansania. 1909 gruben zeitweise über 500 einheimische Arbeiter unter Leitung von Professor Werner Janensch im afrikanischen Boden nach Dinosaurier-Knochen. Zu Fuß mussten die teilweise meterlangen Knochen von Trägern zur 110 Kilometer entfernten Küste gebracht und dann mit dem Schiff nach Deutschland transportiert werden. Die Arbeit war eine logistische und wissenschaftliche Herausforderung.
Dr. Robert Bussert will zusammen mit seinen Kollegen vom Naturkundemuseum erneut nach Tendaguru fahren. In der Feldarbeit sollen vor Ort Untersuchungen durchgeführt und Proben genommen werden, um mehr Informationen zu erhalten, in welcher Umwelt der riesige Brachiosaurus gelebt hat.
Alexander Schlichter
Datenbank
Ansprechpartner: Dr. Robert Bussert, TU Berlin, Institut für Angewandte Geowissenschaften
Fachgebiet: Sedimentologie und Quartärgeologie
Forschungsprojekt: Die strukturelle und sedimentologische Entwicklung eines passiven Kontinentalrandes und ihr Einfluss auf die Entstehung der Dinosaurier-Lagerstätte Tendaguru (Mandawa-Becken, Tansania, Ostafrika)
Kontakt: Ernst-Reuter-Platz 1, 10587 Berlin, Tel.: 030/314 – 26296, E-Mail: robert@geosys.bg.tu-berlin.de
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