Erdbeben bei Java : Ortung in weniger als fünf Minuten
Das gestrige Erdbeben der Stärke 7,6 auf Java konnte von dem im Aufbau befindlichen deutschen Tsunami-Frühwarnsystem GITEWS bereits nach 4 Minuten und 38 Sekunden korrekt lokalisiert und in seiner Stärke bestimmt werden. Die Lage des Bebens war nach 2 Minuten und 11 Sekunden bekannt. Zum Vergleich: das Pazifische Tsunami-Frühwarnsystem gab Stärke und Herdlage nach 17 Minuten bekannt.
Grundlage für die schnelle Auswertung ist ein neues Softwaresystem namens „SeisComP“ (Seismological Communication Processor), das in den vergangenen Wochen vom GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) im zukünftigen Tsunamiwarnzentrum in Jakarta, Indonesien, installiert wurde. Es dient zur standardisierten Erfassung, Übertragung und Auswertung von Erdbebendaten im Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean.
Das am GFZ Potsdam entwickelte System wird in einer früheren Version schon weltweit von nahezu 100 seismologischen Observatorien und Erdbebendiensten eingesetzt. Im Rahmen des GITEWS-Projektes werden vor allem die beschleunigte manuelle Auswertungen der Daten mit dem Ziel der Früherkennung von möglichen tsunami-auslösenden Starkbeben verbessert. Dazu werden aufwendige grafische Benutzerschnittstellen realisiert, welche die automatischen Messergebnisse optimal darstellen und effiziente interaktive Eingriffe durch das Personal im Warnzentrum erlauben.
Die neue Version des Seismologie-Programmpakets ersetzt das bisherige Seiscomp-System, das als Sofortmassnahme im Juni 2005 nach dem Katastrophen-Tsunami implementiert wurde. Das bisherige System arbeitete ausschließlich automatisch und besaß keine ausreichenden visuellen Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten. Damit ließen sich Erdbeben erst nach über 10 Minuten und zudem relativ ungenau lokalisieren. Auch war die Magnitude von Starkbeben nur bedingt zu bestimmen.
Diese Arbeiten sind Teil des Aufbaus eines Tsunami-Frühwarnsystems im Indischen Ozean. Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender des GFZ Potsdam, das die Federführung beim Aufbau des GITEWS hat, sagt dazu: „Mit deutscher Hilfe ist Indonesien damit einen wichtigen Schritt näher an das selbstgesteckte Ziel gelangt, die Lokation und die Stärke von Erdbeben innerhalb von weniger als fünf Minuten bestimmen zu können. Das neue System läuft mittlerweile im Echtzeitbetrieb und hat auch bereits erfolgreich die ersten Beben-Ereignisse lokalisiert. Nach der Fertigstellung Ende 2008 arbeitet hier das modernste seismologische Netz zur Tsunamiwarnung.“
Der Aufbau des seismischen Messnetzes von GITEWS geht voran: neun der geplanten Stationen sind bereits eingerichtet: Nias, Sumatra (2), Krakatau, Java (2), Kalimantan, Flores und die Molukken. Weitere fünf Stationen sind in Vorbereitung. Die Geschwindigkeit beim weiteren Ausbau hängt dabei wesentlich von „nichtwissenschaftlichen“ Faktoren wie Landkauf und Bau der Seismeterbunker sowie dem Flugverbot für die indonesischen Fluggesellschaften ab.
Qualität statt Quantität: mittlerweile gibt es bereits über 60 andere seismische Stationen in Indonesien (45 indonesische, 15 japanische), die ebenfalls im Seiscomp-System erfasst und verarbeitet werden, deren Datenqualität aber zum größten Teil sehr dürftig ist und nicht die Qualität der GITEWS-Stationen erreicht. Ausserdem gibt einige chinesische Stationen ohne Datenübertragung sowie einige ältere französische Analog-Stationen, die aber wegen ihrer schlechten Datenqualität nicht verwendet werden können.
Das GITEWS-Projekt ist ein Beitrag der deutschen Bundesregierung zum Wiederaufbau der Infrastruktur in der Tsunami-Katastrophenregion des Indischen Ozeans und wird durch ein Konsortium aus acht deutschen Einrichtungen, darunter vier Helmholtz-Zentren, unter Federführung des GFZ Potsdam getragen.
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