Zuhause eigenständig leben im Alter

Maximilian Pascher zeigt, wie’s geht: Strom- und Wasserzähler (im Hintergrund auf der Fensterbank) liefern die Daten, die von einer besonderen Technikschnittstelle (in dem kleinen transparenten Kästchen vor dem Bildschirm) an den Auswertungscomputer gehen, der dann daraus statistische Verbrauchmuster berechnet. Foto: WH/BL, Abdruck honorarfrei

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und das, so die These einer Forschungsgruppe um die Bocholter Professoren Bernhard Convent, Martin Schulten und Klaus Thiel vom Fachbereich Wirtschaft und Informationstechnik, zeigt sich auch in den Kurven seines täglichen Verbrauchs von Strom, Wasser und Gas.

Die Bocholter Energie- und Wasserversorgung (BEW) brachte das gemeinsam mit der Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft Bocholt (EWIBO) auf eine Idee: Die neuen Verbrauchszähler, die die BEW ihren Kunden in den kommenden Jahren anbieten wird, können solche Verbrauchsmuster sichtbar machen.

Das kann helfen, Energieschleudern auf die Spur zu kommen und Energievergeudung zu vermeiden. Vielleicht geht der Musterabgleich aber auch so weit, dass Abweichungen vom Tagesrhythmus auf Notfallsituationen im Haushalt schließen lassen. Dann kann der Stromzähler zum Lebensretter werden.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fand dieses Projekt auf jeden Fall so vielversprechend, dass es allein für die Arbeit an der Westfälischen Hochschule eine runde halbe Million Euro zuschoss.

Das Gesamtprojekt hat ein Volumen von einer ganzen Million. Neben der Bocholter Energie- und Wasserversorgung und der das Projekt koordinierenden Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft der Stadt Bocholt sowie dem Verein „Leben im Alter“ arbeitet außerdem noch das Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IZGS) der evangelischen Hochschule in Darmstadt mit.

Das IZGS soll ausloten, welche Geschäftsmodelle für die Anwendung der geplanten neuen Technik denkbar sind. Und schließlich ist auch noch das St. Agnes-Hospital Bocholt-Rhede an Bord: Mit ihm wollen die Forscher prüfen, ob Krankheitsbilder bestimmte Verhaltensmuster im Tagesverlauf verursachen.

Was so fantastisch klingt, hat eine technische Basis: Moderne Verbrauchsmessgeräte können viel mehr als die Stromzähler und Wasseruhren des letzten Jahrhunderts. Sie dienten im Wesentlichen nur zur Verbrauchsmessung in langen Zeitabständen als Basis für die Strom-, Wasser- und Gasrechnung. Moderne Geräte können im Sekundentakt messen und liefern über eine geeignete Schnittstelle so viele Daten, dass auch äußerst feine und sogar gerätecharakteristische Verbrauchstabellen entstehen können, wenn man sie richtig lesen kann.

Eine solche Schnittstelle hat die Projekttechnikgruppe aus der Informationstechnik bereits an Musterstrommesser gebaut und sichert die Messreihen. Eine Statistikgruppe aus dem Bocholter Wirtschaftsbereich lässt die Computer daraus Musterkurven berechnen.

Zunächst sollen Referenzmuster ermittelt werden, mit denen die echten Verbrauchsmuster der sich beteiligenden Haushalte später verglichen werden können, um so das typische Haushaltsverhalten und mögliche Abweichungen davon mitzubekommen. „Je nach Größe der Abweichung können die Rechner dann Bescheid geben, ob alles im grünen Bereich ist“, so Prof. Dr. Martin Schulten und Prof. Dr. Klaus Thiel ergänzt: „oder ob ein verändertes Verbrauchsverhalten die Ampel auf Gelb oder sogar auf roten Alarm schaltet“.

Springt die Musterampel beim Versorger also etwa auf Rot, könnte eine vorher dort hinterlegte Rettungskette in Gang gesetzt werden: Das kann ein Anruf bei Verwandten sein, die sich telefonisch erkundigen, ob alles in Ordnung ist. Es könnten aber auch die Altenhilfe oder im Ernstfall die Feuerwehr benachrichtigt werden. Um die IT-Sicherheit und den Datenschutz im System kümmert sich Prof. Dr. Norbert Pohlmann vom Institut für Internetsicherheit der Westfälischen Hochschule.

Das Forschungsprojekt ist Anfang 2015 gestartet und hat eine Laufzeit bis Ende 2016. Dann soll „ZELIA“ seinem Namensanspruch gerecht werden, nämlich einen technisch-empirischen Beitrag zu leisten zum Anspruch „Zuhause eigenständig leben im Alter“. Für die Testphase haben die Entwickler in Bocholt einige Testhaushalte, die die Praxistauglichkeit prüfen werden. Bei Erfolg und Interesse soll Zelia über das Westmünsterland hinauswachsen und sich auch bei anderen Versorgern einen Platz sichern.

Ihre Medienansprechpartner für weitere Informationen
Technik:
Prof. Dr. Bernhard Convent, Campus Bocholt der Westfälischen Hochschule, Telefon (02871) 2155-816, E-Mail bernhard.convent@w-hs.de
Prof. Dr. Martin Schulten, Campus Bocholt der Westfälischen Hochschule, Telefon (02871) 2155-822, E-Mail martin.schulten@w-hs.de
Statistik:
Prof. Dr. Klaus Thiel, Campus Bocholt der Westfälischen Hochschule, Telefon (02871) 2155-748, E-Mail klaus.thiel@w-hs.de
Datenschutz und IT-Sicherheit:
Prof. Dr. Norbert Pohlmann, Campus Gelsenkirchen der Westfälischen Hochschule, Telefon (0209) 9596-515, E-Mail norbert.pohlmann@w-hs.de

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Dr. Barbara Laaser idw - Informationsdienst Wissenschaft

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