Effektivität der Kommunikation in Unternehmen verdoppeln

Formale und inhaltliche Integration der Kommunikation allein sind nicht länger ein Differenzierungsmerkmal – Kommunikation unter dem Effektivitätsgebot wird zwingend – Abnehmende Dominanz klassischer Werbung – Renaissance der Unternehmenskommunikation

Trotz jahrzehntelanger Bemühungen um eine integrierte Kommunikation verlaufen auch heute noch tiefe Gräben zwischen den mit Kommunikation betrauten Akteuren in den Unternehmen. Bereichsegoismen sowie historisch gewachsene Strukturen verhindern eine wirkliche Orientierung des Kommunikationsbedarfs an werthaltigen Zielgruppen. Dies unterstreichen die Ergebnisse des „Communications Benchmark 2003“. Mercer Management Consulting hat im Rahmen dieser Studie mit 70 Entscheidern aus allen Bereichen der Kommunikation persönliche Interviews geführt sowie 200 weitere Experten standardisiert befragt. Zentrale Aussagen der Studie: Die Kommunikationsbereiche der Unternehmen agieren weiterhin isoliert voneinander. Zwar haben formelle Abstimmungsrituale und Arbeitssitzungen mittlerweile auf breiter Front Einzug gehalten, eine ganzheitliche Steuerung der Kommunikation, über die bestehende Potenziale erschlossen werden können, findet jedoch nur in den wenigsten Unternehmen statt. Wie hoch diese Potenziale sind, die in den bestehenden Budgets liegen, zeigt die Einschätzung, nach der 53 Prozent der Entscheider davon ausgehen, mit den bestehenden Etats die Wirksamkeit der eigenen Kommunikationsaktivitäten verdoppeln zu können. Die Hebung dieser Potenziale wird Mercer zufolge jedoch nur dann gelingen, wenn in allen Kommunikationsbereichen eine Wertorientierung erfolgt, wie sie in den Bereichen F&E, Produktion und Logistik bereits seit Jahren etabliert ist. Besonders „günstige“ Kommunikationsbereiche wie PR, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gewinnen vor dem Hintergrund kleinerer Kommunikationsbudgets stark an Bedeutung.

Kommunikationsmarkt im Umbruch

Nach jahrelangem kontinuierlichen Wachstum erlebte der Werbemarkt im Jahr 2001 erstmalig einen Einbruch (-1,6 Milliarden Euro). Auf Unternehmensebene kam es dabei prozentual zu deutlichen Einschnitten (Deutsche Telekom -59 Prozent, Viag Interkom -46 Prozent) gegenüber den Werbeausgaben des Boomjahres 2000.

Zunächst waren sich die Experten einig, dass eine Rückkehr zu früheren Wachstumszahlen bereits 2002 möglich wäre. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch auch für das Jahr 2002 einen weiteren Rückgang um 1,3 Milliarden Euro im klassischen Werbemarkt.

„Verantwortlich für die anhaltende Abnahme sind über klassische Budgetkürzungen hinaus veränderte Schwerpunkte in der Kommunikation. Gerade in Krisenzeiten haben kostengünstige Kommunikationskanäle wie PR und Pressearbeit deutlich an Bedeutung gewonnen. Die einstige Dominanz klassischer Werbung ist im Zuge der Krise endgültig gebrochen“, sagt Pierre Deraëd, Kommunikationsexperte bei Mercer Management Consulting. Lediglich 40 Prozent der von Mercer befragten Kommunikationsentscheider – aus den Bereichen Marketing, Vertrieb, Investor Relations und Corporate Communications – messen der klassischen Werbung noch eine sehr hohe bis hohe Bedeutung zu.

Auch hinsichtlich der zukünftigen Relevanz sind sich die Entscheider einig: Nur 19 Prozent gehen von einer steigenden Bedeutung der klassischen Werbung aus. 36 Prozent sehen sie gleich bleibend niedrig, 46 Prozent gehen sogar von einer weiteren Abnahme aus.

Zukünftig werden nach Ansicht der Experten Messeveranstaltungen immer unwichtiger. Während 50 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass diesem Kommunikationskanal heute noch eine hohe bzw. sehr hohe Bedeutung zukommt, gehen 58 Prozent von einer abnehmenden Bedeutung in den kommenden Jahren aus.

Bedeutungszuwachs zielgerichteter Kommunikation

Deutlich gewinnen werden die Bereiche PR und Pressearbeit. Über 80 Prozent der Experten sehen deren Bedeutung bereits heute als hoch bzw. sehr hoch an. Für die Pressearbeit gehen 67 Prozent von einer steigenden Bedeutung aus. Ebenfalls gewinnen werden nach Ansicht der Befragten vertriebsorientierte Kommunikationsaktivitäten wie Sales Promotion (44 Prozent), personale Kommunikation (60 Prozent) sowie Direct Marketing (53 Prozent).

Diese Ergebnisse zeigen den Bedeutungszuwachs zielgerichteter Kommunikation. Das Gießkannenprinzip hat ausgedient, und es werden nur solche Kommunikationsaktivitäten als wertschöpfend angesehen, die tatsächlich mittelfristig für direkten Kontakt und zusätzliches Geschäft sorgen. Hierfür dürfen sich die Entscheider nicht länger an den Lockrufen der an Werbung interessierten Agenturen und Medien orientieren, die versuchen, über diverse Studien und Stellungnahmen den Eindruck zu erwecken: „Nie war Werbung günstiger als heute.“

Erstens verbrauchen die Unternehmen mit antizyklischer Werbung überdurchschnittlich viele Ressourcen, die ihnen im Falle des Aufschwungs fehlen. Zweitens schlummern nach Ansicht des Mercer Communications Benchmark 2003 noch ausreichend Reserven in den bestehenden Kommunikationsbudgets, die es in der Zukunft zu heben gilt. Für die Unternehmen stellt sich deshalb nicht die Frage, ob sie ihre Kommunikation ausweiten sollen, sondern wie sie mit den bestehenden Mitteln effektiver umgehen. 74 Prozent der Befragten sehen, dass in den Unternehmen über integrierte Kommunikation gesprochen wird, diese de facto jedoch nicht stattfindet. Die Vorteile eines solchen integrierten Vorgehens liegen klar auf der Hand. Durch die parallele Aussendung konsistenter Botschaften lassen sich die Zeiträume für die Aufnahme neuer Botschaften erheblich verkürzen. Insbesondere Medienkanäle mit einer hohen Glaubwürdigkeit – wie etwa Fachartikel – spielen dabei eine besondere Rolle. Zum einen treffen die Informationen auf stark involvierte Zielgruppen, zum anderen lassen sich insbesondere in der Pressearbeit Multiplikatoren für die Kommunikation der eigenen Botschaften gewinnen.

Die inhaltliche und formale Abstimmung bereiten somit die Basis einer erfolgreichen Kommunikationsarbeit. Darüber hinaus müssen auch ökonomische Effizienzkriterien in die Betrachtung der Kommunikationsmanager einbezogen werden. Hierdurch kann der Erfolg einer Kommunikationsstrategie überhaupt transparent gemacht werden, und nur so lassen sich zielgerichtete Ableitungen für zukünftige Aktivitäten treffen.

Eine derartige Erweiterung bedeutet für die meisten Kommunikationsentscheider eine Revolution. Zukünftig wird jedoch das Top-Management zunehmend auch im Kommunikationsbereich nach ökonomischen Steuerungsgrößen verlangen und entsprechend neue Anforderungen an die Kommunikationsmanager stellen. Diese beinhalten eine Erweiterung der traditionellen „Bauchsteuerung“ um eindeutige und nachvollziehbare Steuerungsgrößen. „Der moderne Kommunikationsstratege muss deshalb neben den traditionellen und soziologischen auch ökonomische Steuerungsgrößen einsetzen, um seine Ziele zu erreichen“, so Mercer-Experte Deraëd. Ein zentraler Aspekt hierbei ist die Einführung übergreifender Controllingsysteme.

Einführung übergreifender Controllingsysteme

In der Kommunikation herrscht noch immer, im Vergleich zu anderen Unternehmensbereichen, ein niedrigeres Kostenbewusstsein vor. Nur so lässt sich erklären, dass große Teile der Budgets nach wie vor in Kanäle mit niedrigem „Return on Communications“ gelenkt werden. Die einzelnen Kommunikationsbereiche werden für sich optimiert, in den meisten Unternehmen fehlt jedoch eine übergreifende Steuerung der Etats mit integrierten Controllingsystemen.

So setzen zwar 79 Prozent der Befragten im Marketing bereits standardisierte Steuerungsinstrumente ein, jedoch führen nur 33 Prozent ihre Daten in übergreifende, integrierte Systeme zusammen. Ein ähnliches Bild bietet sich im Vertrieb, in dem standardisierte Steuerungssysteme bei 94 Prozent aller Unternehmen vorhanden sind. Eine Abstimmung mit anderen Kommunikationsbereichen erfolgt allerdings auch hier nur bei 56 Prozent der Befragten. Um die bestehenden Budgets gezielter einsetzen zu können, sind umfassende Steuerungssysteme unumgänglich. Erst durch übergreifende Controllinginstrumente werden die Unternehmen in die Lage versetzt, Kommunikationsaktivitäten mit niedriger Effektivität zu identifizieren und zu eliminieren. Durch eine solche gesamthafte Betrachtung und Steuerung werden auch übergreifende Kommunikationsstrategien möglich. Wie erfolgreiche Beispiele zeigen, können die Kommunikationsziele auch anders als über massive klassische Werbung erreicht werden:

  • Red Bull, Hersteller von Energy-Drinks, setzte seine Kapazitäten in der Startphase ausschließlich auf „Below-the-Line“-Aktivitäten und steigerte dadurch seine Bekanntheit überdurchschnittlich.
  • Gezieltere Kommunikation ist auch möglich durch den intelligenten Einsatz der Kommunikationsklaviatur. Dolzer, ein mittelständischer Maßschneider, setzt ausschließlich auf fokussierte PR- und Pressearbeit. Durch den Verzicht auf klassische Marketingaktivitäten konnten Ressourcen für einen gezielten Aufbau der Pressearbeit erschlossen werden.
  • Ein weiteres Beispiel für die konsequente Nutzung und Abstimmung der Kommunikationskanäle ist der Sportartikelhersteller Adidas. Für die Markteinführung der Produktinnovation „a3“ lässt sich der gezielte Einsatz von klassischer Werbung, „Below-the-line“-Aktivitäten sowie Pressearbeit beobachten. Die abgestimmte Kampagne über mehrere Kanäle führte bereits in der ersten Phase der Markteinführung zu einer breiten Resonanz bei den anvisierten Zielgruppen.

Pressearbeit gewinnt in allen Beispielen an Bedeutung und wird zu einem zentralen Kommunikationsinstrument. Die Autorität redaktioneller Spalten bedeutet neben der Bekanntheit auch eine höhere Glaubwürdigkeit bei den Botschaftsempfängern. „Durch die abgestimmte Einbindung in die restlichen Kommunikationsaktivitäten können Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung gewinnen. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch einen Machtkampf zwischen den Kommunikationsbereichen, der in vielen Fällen zu einem Bedeutungsverlust traditioneller Machtzentren der Kommunikation führen wird“, erläutert der Autor der Studie, Pierre Deraëd.

Etablierung von Steuerungssystemen auch in Zentralbereichen der Kommunikation

Neben der Etablierung übergreifender Controllinginstrumente müssen deshalb in den Zentralbereichen der Kommunikation wie Investor Relations oder Corporate Communications standardisierte Steuerungsinstrumente eingeführt werden, da diese Bereiche im Vergleich zu Marketing und Vertrieb immer noch in der Kreisklasse spielen. So verwenden im Bereich der Corporate Communications lediglich 12 Prozent der Befragten standardisierte Systeme zur Messung der eigenen Leistungsfähigkeit. Im Hinblick auf die künftige zunehmende Bedeutung müssen jedoch auch in diesem Kommunikationsbereich standardisierte Steuerungssysteme Einzug halten. Eine Integration in eine übergreifende Gesamtschau findet momentan nur in Ausnahmefällen (2 Prozent) statt.

Über eine gezielte Steuerung wird es möglich sein, die Kommunikation zielgruppenorientierter durchzuführen als bislang üblich. So sehen 64 Prozent der befragten Experten eine zu starke Sendersteuerung im Bereich der Kommunikation. Auf der Ebene der Zentraleinheiten der Kommunikation erfolgen Presseinformationen meist als reine Produktbeschreibungen und treffen bei den Medien auf wenig Akzeptanz. Hier wird ein systematisches Themenmanagement notwendig, um über die Multiplikatoren die eigentlichen Kunden zu erreichen.

Gleichzeitig müssen die Zentralbereiche aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und über den eigenen Tellerrand hinaus aktiv die Kommunikationsstrategie des Unternehmens mitbestimmen. „Gute Kommunikation für schlechte Produkte ist ein Widerspruch, der sehr schnell am Markt bestraft wird“, so Deraëd. Deshalb müssen die Verantwortlichen stärker in die Offensive gehen, um dem „waste of time and money“ ein Ende zu bereiten.

Neben einer gezielten Steuerung der eigenen Aktivitäten liegt der nächste große Hebel im ergebnisorientierten Einsatz der Kommunikationsressourcen. Hier ist ebenfalls eine zentrale Steuerung notwendig. Könnte diese in Einzelfällen auch vom Marketing übernommen werden, so ist die zentrale Unternehmenskommunikation aufgrund ihrer engen organisatorischen Anbindung an die Unternehmensstrategie sowie ihrer übergreifenden strategischen Ausrichtung geradezu prädestiniert, ein gesamthaftes Management der Kommunikationsaktivitäten zu etablieren.

Für die Zukunft lassen sich aus dem Mercer Communications Benchmark 2003 noch erhebliche Potenziale im Bereich der Unternehmenskommunikation ableiten. Deraëd ist überzeugt: „Nicht die vierte oder fünfte Rationalisierungswelle in den operativen Bereichen wird den Unternehmen entscheidenden Mehrwert liefern. Der große Hebel liegt in der Neuausrichtung und Optimierung der Kommunikationsaktivitäten.“ Hierdurch lassen sich nicht nur Kosten sparen, sondern lässt sich gleichzeitig ein Grundstein für die zukünftige Steigerung der Verkaufszahlen legen.

Acht Thesen zur Unternehmenskommunikation

  • 1. Die Dominanz der klassischen Werbung wird durch die Krisensituation weiter abnehmen. Kommunikationskanäle mit höherem „Return on Communications“ gewinnen an Bedeutung.
  • 2. Die Effizienz und Effektivität der Kommunikationsaktivitäten ist immer noch deutlich unterdurchschnittlich. Mit den bestehenden Etats kann die Effektivität der Kommunikation verdoppelt werden.
  • 3. Integrierte Kommunikation findet trotz aller Beteuerungen und Diskussionen in der Mehrheit der Unternehmen nicht statt. Ökonomische Zielgrößen spielen nur in Ausnahmefällen eine echte Rolle.
  • 4. Die Ökonomisierung der Kommunikation verlangt nach einem neuen Kommunikationsmanager, der sowohl soziologische als auch ökonomische Kompetenz in sich vereint.
  • 5. Die Steuerungssysteme zur Abstimmung der Unternehmenskommunikation orientieren sich noch immer an der Optimierung der Teilsysteme. Übergreifende Steuerung findet nur selten statt.
  • 6. In den Zentralbereichen der Kommunikation existieren nur unzulängliche Steuerungssysteme. Im Vergleich zu Marketing und Vertrieb spielen diese Bereiche noch in der Kreisklasse.
  • 7. Corporate Communications ist aufgrund der engen organisatorischen Anbindung an die Unternehmensstrategie sowie seiner übergreifenden strategischen Ausrichtung prädestiniert, ein gesamthaftes Management der Kommunikationsaktivitäten zu etablieren.
  • 8. Zielgerichtete und personale Kommunikation werden die Assets der Zukunft bilden und die Breitenkommunikation in den Hintergrund drängen.

Mercer Management Consulting

Mercer Management Consulting ist Teil von Mercer Inc., New York, einer der führenden internationalen Unternehmensberatungen mit 160 Büros in 40 Ländern. Weltweit erwirtschaften 15.000 Mitarbeiter einen Umsatz von 2,4 Mrd. Euro. Die Büros in München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg tragen mit 450 Mitarbeitern zu diesem Erfolg bei.

Die Beratungsleistungen von Mercer Management Consulting fokussieren auf Strategien zur Wertsteigerung. Dabei bildet Value Growth – die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes – den Schwerpunkt. Mercer steht dafür, Wachstumspotenziale aufzuzeigen und konsequent zu nutzen, Wachstumsbarrieren zu erkennen und zu überwinden sowie Strategie, Führung, Organisation, Geschäfts- und Managementprozesse gemeinsam mit den Kunden nachhaltig auf Wertwachstum auszurichten.

Den Kunden steht mit den Bereichen – Communications, Information & Entertainment – Financial Institutions – Manufacturing & Automotive – Travel & Transportation – Retail, Consumer & Healthcare – Energy & Life Sciences – eine breite Palette von Beratungsdienstleistungen zur Verfügung. Zudem bietet Mercer seinen Kunden ein breites Produktangebot im Bereich Private Equity und M&A an.

Durch die Einbindung in das weltweite Netz der Muttergesellschaft Marsh & McLennan Companies (Umsatz über 10 Mrd. US-Dollar; 59.000 Mitarbeiter) steht den Kunden von Mercer die gesamte Palette professioneller Dienstleistungen für Risiko- und Versicherungsmanagement, Vermögensverwaltung und Unternehmensberatung zur Verfügung. Zusammen mit den Schwesterunternehmen Marsh und Putnam Investments verfügt Mercer somit über ein umfassendes Analyse-, Beratungs- und Produktangebot.

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Pierre Deraëd Mercer Management Consulting

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