Dem Grünen Star mit Biomarkern auf der Spur
Ein erhöhter Augeninnendruck galt lange als alleiniger Auslöser der Erkrankung. Neue Forschungsergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass auch das Immunsystem an der Entstehung beteiligt ist.
Diese Erkenntnis, die langfristig zu völlig neuen Formen der Früherkennung führen könnte, ist ein zentraler Diskussionspunkt auf dem 106. Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) in Berlin.
In Deutschland leiden etwa eine Millionen Menschen an einem Glaukom. Im Krankheitsverlauf sterben zunehmend Nervenzellen im Auge ab. Es kommt zu Gesichtsfeldausfällen und – im schlimmsten Fall – zur Erblindung. „Die Ursache der Erkrankung wurde lange allein in einem erhöhten Augeninnendruck gesehen.
Doch viele Menschen mit erhöhtem Augeninnendruck erkranken nie an einem Glaukom. Andere wiederum erblinden daran trotz eines normalen Augeninnendrucks“, erklärt Professor Dr. med. Norbert Pfeiffer, Direktor der Universitätsaugenklinik Mainz.
Gemeinsam mit seinem Forschungsteam sucht Pfeiffer deshalb nach anderen Erklärungen für die Krankheit. Eine mögliche Ursache sehen die Wissenschaftler in Angriffen des körpereigenen Abwehrsystems: Das Glaukom könnte eine Autoimmunerkrankung sein, bei der der Körper durch die Bildung sogenannter Antikörper eigene Strukturen schädigt. Antikörper sind Proteine, die vom Immunsystem gebildet werden. Sie sind in der Lage, an Fremdkörper anzudocken und diese zu zerstören.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Glaukom-Patienten Antikörper bilden, die sich gegen körpereigene Strukturen richten. Dabei können Bestandteile des Sehnervs und der Netzhaut angegriffen werden“, erläutert Pfeiffer im Vorfeld des DOG-Kongresses. Möglich ist jedoch auch, dass die Antikörper nicht Auslöser sondern Folge der Erkrankung sind. In weiteren Studien geht das Forschungsteam dieser Frage derzeit nach.
Ob Ursache oder Folge einer Glaukomerkrankung: „In jedem Fall könnten die Antikörper künftig als Biomarker zum Einsatz kommen. Unser Fernziel ist die Entwicklung eines Bluttests zur Früherkennung des Glaukoms, der die Bestimmung des Augeninnendrucks ergänzt“, erklärt Pfeiffer, der mit seinem Team die Forschungsergebnisse im September auf dem DOG-Kongress in Berlin vorstellen wird. Seit neuestem nutzen die Mainzer Wissenschaftler auch die Technik der sogenannten Proteomics.
Dabei werden alle Proteine im Blut, nicht nur die Antikörper, erfasst. Ziel ist es, weitere Biomarker ausfindig zu machen. „Nur eine effektive Frühdiagnostik kann eine Erblindung beim Glaukom verhindern“, so Pfeiffer. „Mit den derzeitigen Mitteln erkennen wir die Krankheit erst, wenn der Patient schon etwa zehn Jahre an ihr leidet. Dann sind jedoch bereits die Hälfte der Nervenzellen abgestorben.“
Die DOG (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft) ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft für Augenheilkunde in Deutschland. Sie vereint unter ihrem Dach mehr als 5 400 Ärzte und Wissenschaftler, die augenheilkundlich forschen, untersuchen und behandeln. Wesentliches Ziel der DOG ist es, die Forschung in der Augenheilkunde zu fördern: Sie unterstützt wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und gibt wissenschaftliche Fachzeitschriften heraus. Darüber hinaus setzt sich die DOG für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Augenheilkunde ein, indem sie zum Beispiel Stipendien vor allem für junge Forscher vergibt. Gegründet im Jahr 1857 in Heidelberg, ist die DOG die älteste medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft der Welt.
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