Jet-Spritze schießt Medikamente durch die Haut
Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) arbeiten Forscher am Ende der Injektionsnadel. Eine neue „Jet-Spritze“ soll Medikamente mit hoher Geschwindigkeit durch die Haut schießen und punktgenau in verschiedene Tiefen liefern können.
Herwig Kollaritsch, Experte vom Institut für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der medizinischen Universität Wien http://www.meduniwien.ac.at/
tropenmedizin , sieht das Potenzial für derartige Systeme gegenüber pressetext vor allem im Bereich der Massenanwendung.
Spannung regelt Geschwindigkeit
Das neuartige Gerät ähnelt in ihrem Aufbau einer herkömmlichen Spritze. Statt einer Nadel befindet sich am Ende jedoch ein Aktuator, der mit dem Prinzip der Lorentz-Kraft arbeitet und von einer leitfähigen Spule umrundet wird. Bei Anlegen einer Spannung interagiert diese mit dem Magnetfeld und lässt eine Kraft entstehen, die wiederum einen Kolben antreibt. Dieser schießt eine Kapsel, in der sich das Medikament befindet, in den Patienten.
Wie stark die Feuerkraft der Spritze ist, hängt von der Höhe der Spannung ab. Die maximale Feuerkraft erreicht dabei beinahe Schallgeschwindigkeit, über sie lässt sich konfigurieren, wie tief die Kapsel in das Gewebe vordringt. Die Haut wird dabei durchstoßen, das dabei entstehende Loch ist jedoch nicht größer als ein Moskitostich.
Die Forscher haben zwei Prototypen getestet. Einer transportiert die Medizin mit hoher Geschwindigkeit tief unter die Haut, der andere ermöglicht eine langsame Absorption an der Oberfläche. Die Stärke muss allerdings für jeden Behandlungsempfänger individuell konfiguriert werden. „Um die Haut eines Babys zu durchbrechen, benötige ich nicht soviel Druck wie bei meiner eigenen Haut“, erklärt MIT-Wissenschaftlerin Caroline Hogan. Im Gegensatz zu anderen, nadellosen Systemen ist keine Anpassung an das jeweilige Medikament erforderlich.
Schlechtere Abheilung bei Risswunden
„Die Idee ist alt, aber gut“, sagt Kollaritsch im Gespräch mit pressetext unter Verweis auf die sogenannte „Impfpistole“, die bereits in den 80er Jahren eingesetzt wurde. Das Gerät, das Impfstoffe mit einem konzentrierten Strahl unter die Haut schießt, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Insbesondere die Bedenken um Ansteckungsgefahr aufgrund der Mehrfachverwendung des Apparats sowie des aufkommenden Bewusstseins um die Gefährlichkeit von HIV machte der Alternative zu Nadel und Einwegspritze den Gar aus.
Kollaritsch findet den Zugang der MIT-Forscher interessant, ortet aber potenzielle Schwächen. „Zur Verabreichung des FSME-Impfstoffes bräuchte ich eine Kapsel, die eine Kapazität von 0,5 bis einen Milliliter aufweist“, sagt der Experte. „Selbst bei großer technischer Raffinesse dürfte das zu einer relativ großen Läsion führen.“ Im Gegensatz zur Nadel, die mit ihrer scharfen Spitze durch das Gewebe schneidet, erzeugt ein solcher Schuss Risswunden, die wesentlich schlechter abheilen.
Parxis-Alltag: Nadel bleibt Mittel der Wahl
Zudem muss erst belegt werden, dass auf diese Weise verabreichte Medikamente die selbe Wirksamkeit erreichen wie bei einer normalen Injektion. Sollte dies gelingen und auch Bedenken hinsichtlich der Sterilität ausgeräumt werden können, so rechnet der Impf-Fachmann trotzdem nicht mit der Ablöse der Nadel im medizinischen Alltag. Große Vorteile sieht er allerdings dort, wo in kurzer Zeit viele Behandlungen durchgeführt werden müssen – etwa bei Serienimpfungen in der Grippesaison oder bei nationalen Impftagen in Entwicklungsländern. „Mit der Impfpistole konnte man 600 Patienten pro Stunde immunisieren. Mit Spritze und Nadel schafft man als sehr routinierter Arzt vielleicht 100“, zieht Kollaritsch einen Vergleich.
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Weitere Informationen:
http://www.mit.eduAlle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
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