Die Herausforderungen an die Kommunikation der Zukunft

Studie zu Futuring Communication[TM]

BBDO Campaign Düsseldorf und rheingold zeigen in gemeinsamer Studie, dass sich der Umgang mit den Konsumenten grundlegend ändern muss / Kernergebnisse: Die Gesellschaft steht vor einem Paradigmenwechsel – weg vom Egokult hin zu neuem Idealismus / Werbung muss sich darauf einstellen / Verbraucher wünscht Werbung, will aber nicht gestört werden / Mehr Dialogorientierung notwendig / Konsument ist längst selbst auch Akteur statt nur Empfänger / Verfassungsmarketing[TM] ist ein Gebot der Zukunft

Trotz steigender medialer Möglichkeiten wird es immer schwieriger, mit dem Verbraucher zu kommunizieren. Die klassische Empfängerrolle wird vom Konsumenten zunehmend verweigert, stattdessen wird er beim Umgang mit Werbung immer stärker zum Akteur. Die gute Nachricht: Werbung hat eine hohe Akzeptanz beim Verbraucher. Allerdings nur, wenn sie ihn nicht stört, dialogorientiert ist und den Verbraucher im richtigen Moment erwischt. Das erfordert einen neuen Umgang der werbetreibenden Industrie und der Medien mit Konsumenten. So lauten die Kernergebnisse der qualitativen Gemeinschaftsstudie der Werbeagentur BBDO Campaign Düsseldorf und rheingold, dem Institut für qualitative Markt- und Medienanalyse mit Sitz in Köln. rheingold befragte im August 2005 in 40 tiefenpsychologischen Interviews Frauen und Männer zu Werbung und Mediennutzung. Darüber hinaus sind in die Studie rund 400 weitere Desktop-Research-Interviews mit Konsumenten zum Themenumfeld eingeflossen.

Aufmerksamkeit ist zur knappsten Ressource unserer Zeit geworden. Schon jetzt kämpfen in Deutschland rund 60 TV-Sender, über 300 Radiostationen, über 400 Zeitungen und rund 610 Zeitschriften um die Gunst des Verbrauchers. Hinzu kommen zahlreiche neue Medien und Angebote. Seit 2005 sind 55% der deutschen Bevölkerung online. Der Medienkonsum liegt bei rund 10 Stunden pro Tag, Tendenz steigend. Über 3000 Werbebotschaften prasseln täglich auf Verbraucher ein, aber nur 52 werden überhaupt wahrgenommen. Darüber hinaus ist der Konsument heute mobiler denn je. Über neue Technologien wie Handy, Smartphone und PDA versucht die werbetreibende Industrie, ihre Botschaften zusätzlich zu den klassischen Kanälen an Mann und Frau zu bringen. Die Entscheidung darüber, welche Medien wann und mit welchem Inhalt zum Einsatz kommen sollen, wird jedoch immer schwieriger. Wie geht der Konsument überhaupt mit der Fülle an medialen Möglichkeiten um? Um Antworten auf diese und andere tiefer gehenden Fragen zu erhalten, hat BBDO Campaign Düsseldorf gemeinsam mit rheingold die tiefenpsychologische Studie realisiert. Ziel ist es, die Motive der Konsumenten im Umgang mit den Medien und der Werbung zu entschlüsseln.

Die Ergebnisse der Studie Futuring Communication[TM] im Detail:

Generell: Werbung erzeugt beim Verbraucher kein Avantgarde-Gefühl mehr. Im Gegenteil: Werbung hängt dem Wandel auf Kosumentenseite deutlich hinterher. Einzig Kommunikation im Internet wie Weblogs und Chat- sowie Infoforen wird vom Verbraucher als zeitgemäß erlebt. Ursache dafür ist ein grundlegender Sinneswandel beim Verbraucher. Werbung wird zwar ausdrücklich gewünscht, sie hat sich aber größtenteils noch nicht auf den Konsumenten von heute eingestellt. Der Verbraucher ist längst kein Empfänger mehr, sondern selbst Akteur. Die Mediennutzung wird von ihm selbst betrieben. Dabei ist die Gemütsverfassung eines Konsumenten heute wichtiger denn je, um Werbebotschaften erfolgreich zu platzieren. Darüber hinaus vollzieht sich ein genereller gesellschaftlicher Wandel. Die Menschen wenden sich vom Egotrip ab und sind auf der Suche nach einem neuen Idealismus. Das erfordert auch Konsequenzen in der Kommunikation.

Sinneswandel: Über nervige Werbung wird zwar häufig geklagt. Fakt ist jedoch: Werbung ist heute völlig akzeptiert und wird teilweise sogar aktiv gesucht. Konsumenten schalten häufig ganz bewusst den Fernseher vor einer Sendung ein, um den Werbeblock zu sehen. Sie halten zum Teil sogar reine TV-Werbesender für wünschenswert. Werbung wird also nicht mehr als manipulativ empfunden, sondern als Ausdruck individueller Interessen, von denen jeder profitiert. Die Konsumenten haben das Potenzial von Werbung begriffen und nutzen es entsprechend. Sie sehen sich sogar selbst als Werbeexperten.

Die Werbung hat dieser Entwicklung noch nicht Rechnung getragen. Sie tritt nach Empfinden der Verbraucher noch mit dem Habitus des unerwünschten Verführers auf, der sich aufdrängen muss. Werbung arbeitet also häufig noch dort mit der Holzhammermethode, wo sie es gar nicht muss, weil sie längst akzeptiert ist. Klassische Unterbrecherwerbung ohne Rücksicht auf das inhaltliche Umfeld wird weitestgehend abgelehnt. „Schreiende Funkspots“ und „überflutende Briefkastenwerbung“ werden vom Verbraucher kritisch gesehen.

Neue Formen der Werbeblockgestaltung und engere Verzahnung von Werbung und Inhalt/Redaktion sind gefragt. Product Placement findet inzwischen breitere Akzeptanz.

Empfänger wird Akteur: Die Entwicklung der modernen Werbung reicht vom Monolog über den Dialog hin zum Weblog. Der Konsument ist kein Empfänger mehr, er ist selbst zum Akteur geworden. Er ist sein eigener Programmdirektor. Die Mediaplanung ist jedoch oft nach wie vor zu sehr auf das Empfängermodell von früher ausgerichtet. Die Planung muss heute stärker die Aktivierungsleistung einbeziehen. Werbung wird von vielen Befragten nach wie vor als zu monologisch empfunden.

Verfassung statt Individuum: Konsumenten wollen heute alles zugleich sein: jung/alt; familiär/ungebunden; reich/berühmt und einfach/normal. Sie wollen alle Optionen nutzen und sich jederzeit verwandeln können. Vor diesem Hintergrund macht es keinen Sinn mehr, nach gruppen- und personengebundenen Verhaltensmustern zu suchen, wie es klassische Zielgruppenmodelle überwiegend tun. Der Verbraucher ist heute eine multiple Persönlichkeit, der je nach Verfassung und Stimmungslage angesprochen werden möchte. Die berühmten „Golden Rules“ haben in der Werbeansprache endgültig ausgedient.

Werbung nutzt Medien: Die Verfassung des Konsumenten, in der er ein Medium nutzt, ist also mitentscheidend für die Akzeptanz der Werbebotschaft. Sendungen wie „Tagesschau“ und „Wer wird Millionär?“ sowie „TV Total“ sind das abendliche Abbild des gesellschaftlichen Relevant Sets. Werbung ist inzwischen ein fester Bestandteil dieses Relevant Sets. Somit findet Werbung also in diesem Umfeld eine hohe Akzeptanz. Der Einsatz von PVR (Personal Video Recorder) wird hier kaum gewünscht. Ernstere, tiefer involvierende TV-Formate wie etwa zum Tod des Papstes, der TV-Film über Albert Speer „Speer & Er“ und die Tsunami-Sondersendungen vertragen Unterbrecherwerbung deutlich schlechter. Mit Fingerspitzengefühl eingesetzt würde allenfalls Programm-Sponsoring oder Werbung am Anfang und Ende der Sendung vom Zuschauer akzeptiert. In diesem Umfeld kommt PVR durchaus zum Einsatz oder wird sogar gewünscht, genauso wie zum Ausblenden von Werbung in Spielfilmen.

Die Entwicklung der Konsumenten vom Individuum zur multioptionalen Persönlichkeit ist bislang noch kein Bestandteil der Kommunikationsstrategien. Alle Datenpools und die meisten Ansätze sind in Zielgruppenmodellen organisiert, die sich eben nicht multioptional, sondern „immer gleich“ verhalten. In den Augen von Konsumenten wirkt Werbung daher oft deplatziert oder in der Form der Ansprache nicht zeitgemäß.

Die Werbung der Zukunft muss künftig stärker die Gemüts- und Kaufverfassung des Konsumenten sowie seine Mediennutzung berücksichtigen. Bei mehrkanaligen Konzepten muss der Charakter des jeweiligen Kanals stärker berücksichtigt werden. Das heißt, man kann TV-Key-Visuals nicht einfach 1 zu 1 in Print übertragen. Die Mediadatenpools müssen mehr mit qualitativen Daten angereichert werden.

Der neue Idealismus: Retrospektiv werden die 80er- und 90er-Jahre als Ego-kultur erlebt: Yuppies und Börsenhype, Model-Mania und Love Parade heißen die Stichworte. Dieser Egokult wird als unangemessen und out empfunden. Es gibt in unserer komplexen Welt eine Sehnsucht nach Überschaubarkeit und Orientierung. Diese Sehnsucht ist eine Reaktion auf die Explosion der Angebote: Produktflimmern, Markenflimmern, Medienflimmern. Die Reduktion auf das Wesentliche wird von Konsumenten als Befreiung von der Qual der Wahl angesehen. Der Verbraucher will wieder Herr der Lage sein.

Bewertungsinstanzen wie „Stiftung Warentest“, „Ökotest“, Ratgeber und Erfahrungsforen im Internet nehmen an Bedeutung zu.

Für den Verbraucher spielt die Suche nach wahren Werten eine große Rolle. Familie, Gemeinsamkeit, Geborgenheit, Gemeinwohl, Bodenständigkeit und Sichkümmern stellen nur einige Beispiele für den gesellschaftlichen Paradigmenwechsel dar. Die Werbeformate spiegeln diese Veränderungen kaum noch wider, was von Konsumenten als kritisch angesehen wird. Die Werbebotschaften der Zukunft tun also gut daran, den neuen Idealismus aufzugreifen.

Fazit

  • Die Gesellschaft entwickelt sich weg von der Egokultur hin zum neuen Idealismus und zu wahren Werten.
  • Die Werbung hinkt dieser Entwicklung hinterher und steht vor einem Paradigmenwechsel.
  • Werbung wird generell vom Verbraucher akzeptiert; erwünschte Werbung sogar als sinnvoll angesehen.
  • Verbraucher lehnen jedoch Werbung ab, die stört und die Verfassung des Rezipienten nicht berücksichtigt. Verfassungsmarketing[TM] ist somit ein Muss für die Zukunft.
  • Der Konsument hat längst selbst die Kontrolle über die Mediennutzung übernommen.
  • Werbebotschaften müssen deutlich weniger im Imperativ und mehr dialogisch formuliert werden.
  • Werbung muss zum Dialog einladen. Einseitige Einkanal-kommunikation wird künftig kaum noch zum Erfolg führen.
  • Konsumenten sollten mit mehr Kommunikationsmitteln ausgestattet werden, die im wahrsten Sinne des Wortes für den Konsumenten selbst Kommunikationsmittel sind.
  • Die Kommunikation wird weniger planbar sein und mehr Eigendynamik entwickeln.
  • Soziodemografische und psychodemografische Merkmale einer Zielgruppe reichen nicht mehr aus. Es muss ein tiefer greifendes Verständnis für die avisierte Zielgruppe entwickelt werden.
  • Der Mensch als ganzheitliches Wesen muss stärker im Mittelpunkt stehen. Es gilt vor allem, sich für die geheimen Wünsche zu interessieren. Aus Zielgruppen werden Interessengruppen.
  • Agenturen und werbetreibende Industrie müssen mehr und tiefere Insights generieren: Insights unabhängig vom Produkt; Insights zum Zeitpunkt, wann die Botschaft im richtigen Moment den Konsumenten adressiert und natürlich Insights zum Umgang mit dem Produkt.
  • Massenmedien werden künftig weniger im klassischen Sinn eingesetzt. Multifunktionale Plattformen, die unterschiedliche Medien umfassen, werden stärker genutzt werden.
  • Es werden mehr Medien denn je Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Statt nur über klassische Kanäle informiert sich der Konsument auch über Shoppingportale, Foren, Websites etc. Das bedeutet, die Marke taucht an unterschiedlichsten Kommunikationspunkten auf. Die Markenbotschaften müssen umso mehr zusammengehalten werden.
  • Die Zukunft der Kommunikation braucht deshalb eine markenzentrische Idee, die vor allem medienunabhängig fungiert und als kommunikative Klammer die Selbstähnlichkeit der Marke über alle Medienkanäle hinweg gewährleistet.
  • Agenturen und werbetreibende Industrie müssen für Experimente aufgeschlossen sein.

„Werbung steht vor einem Paradigmenwechsel: weg vom Egokult – hin zu neuem Idealismus. In Zukunft wird sich Werbung auch in den Aspekten Platzierung, Form und Inhalt deutlich wandeln“, kommentiert Jens Lönneker, Geschäftsführer bei rheingold.

„Die beste Methode, die Zukunft vorherzusagen, ist sie zu gestalten. Denn alles, was gestern noch im Umgang mit Konsumenten richtig war, steht heute auf dem Prüfstand. Einen neuen Weg anzusteuern bedeutet immer mehr Mühe, mehr Risiko und mehr Unbekanntes. Aber es bedeutet auch die Aussicht, künftig erfolgreicher und effizienter als andere zu kommunizieren“, konstatiert Dickjan Poppema, CEO von BBDO Campaign Düsseldorf.

Der Studien-Steckbrief

rheingold befragte im Auftrag von BBDO Campaign Düsseldorf im August 2005 in 40 tiefenpsychologischen Interviews Frauen und Männer mit unterschiedlichen Merkmalen bezüglich Alter, Geschlecht, Einkommen, beruflichen, familiären Hintergrunds und Mediennutzung. 50% der Befragten waren zwischen 25 und 39 Jahre alt; die anderen 50% zwischen 40 und 55. Alle haben mindestens ein- bis zweimal im Monat folgende Medien genutzt: Internet, TV, Handy, Radio. Darüber hinaus sind in die Studie rund 400 weitere Desktop-Research-Interviews mit Konsumenten zum Themenumfeld eingeflossen.

Ansprechpartner BBDO Campaign Düsseldorf
BBDO Campaign Düsseldorf GmbH
Dickjan Poppema
CEO
T +49.211.1379-84 84
F +49.211.1379-91 84 84
dickjan.poppema@bbdo.de

Ansprechpartner BBDO Germany
BBDO Germany GmbH
Ingeborg Trampe
Director Corporate Communications
T +49.211.1379-81 03
F +49.211.1379¬-91 81 03
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