KPMG-Studie „Trends im Handel 2010“
– Lebensmittelbranche setzt auf Qualitätssicherung
– Konzentrationsprozess verschärft sich
Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel steht vor einer Trendwende: Weg vom Preiskampf, hin zu mehr Qualitätsbewusstsein. Um das Vertrauen der durch Lebensmittelskandale verunsicherten Verbraucher wiederzugewinnen, wird die Branche mehr in die Qualitätssicherung investieren. Angesichts der immer schlechteren Ertragssituation werden die Lebensmittelhändler dafür ihre Preise in den kommenden 18 Monaten allerdings deutlich anheben müssen. In diesem Zusammenhang deutet sich auch ein Trend zurück zum Markenartikel an, weil traditionsgemäß die renommierten Hersteller über eine funktionierende Qualitätssicherung verfügen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der KPMG-Studie „Trends im Handel 2010“, für die zahlreiche Gespräche mit Vorständen und Geschäftsführern des Handels geführt und Marktdaten ausgewertet wurden.
Johannes Siemes, Segmentleiter des Bereichs Consumer Markets bei KPMG: „Lebensmittel sind in Deutschland 16 Prozent billiger als im europäischen Durchschnitt. Hersteller und Händler klagen angesichts des Trends zu Billigprodukten seit langem über immer geringere Margen. Andererseits verlangen die Kunden zu Recht Qualität – und die hat nun mal ihren Preis.“
Bio-Kost trifft zunehmend den Geschmack
Entsprechend erfolgreich entwickelt sich das Segment für Bio-Produkte. Die Branche geht für 2005 von einem Umsatzplus in Höhe von rund 20 Prozent aus. Das erfolgreichste Vertriebskonzept ist dabei der Bio-Supermarkt. Hier erhöhte sich die Anzahl der Geschäfte im vergangenen Jahr um 50 Filialen auf rund 280. Für das Jahr 2007 prognostizieren Experten ein weiteres Wachstum auf rund 350 Bio-Supermärkte mit einem Umsatz von rund 600 Millionen Euro. Ein einheitliches Erfolgsrezept für diese Vertriebsschiene sucht man allerdings vergeblich. Von Ambiente und Auswahl bis hin zu Preisen und Personal setzen die Händler auf sehr individuelle Konzepte.
Johannes Siemes: „Unserer Ansicht nach ist eine Preisfokussierung bei Bio-Produkten wenig förderlich. Gerade im klassischen Lebensmitteleinzelhandel sind die entsprechenden Sortimente mehr oder weniger austauschbar. Das Potenzial dieses Wachstumssegmentes wird so nur unzureichend ausgeschöpft und ein Wettbewerbsvorteil – gerade gegenüber den Discountern – geht verloren. Oftmals mangelt es an einer entsprechenden Warenpräsentation. Ein möglicher Ansatzpunkt ist die Bündelung des Sortimentes in einem Bio-Shop.“
Konzentrationsprozess setzt sich fort
Der Konzentrationsprozess im deutschen Lebensmitteleinzelhandel wird sich weiter fortsetzen. So werden die fünf größten Anbieter ihren Umsatzanteil bis zum Jahr 2010 von heute 69,2 Prozent auf voraussichtlich 76,5 Prozent ausbauen. Der Marktanteil der Discounter wird im selben Zeitraum von 40 auf 45 Prozent wachsen. Diese haben in den vergangenen zehn Jahren ihr Netz um 40 Prozent auf über 14.000 Läden verdichtet. Johannes Siemes: „Allerdings ist auch für die Discounter ein Ende des Wachstums durch Neukundengewinnung in Sicht. Denn wie eine KPMG-Umfrage ergab, spricht das Discount-Prinzip die meisten Nicht-Kunden einfach nicht an.“
Der Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel geht vor allem zu Lasten der kleineren Supermärkte, deren Zahl sich in den letzten zehn Jahren fast halbiert hat. So beträgt die Gesamtzahl der Lebensmittelgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von unter 400 Quadratmetern heute nur noch rund 33.000 – 1993 waren es noch 56.000 Geschäfte. Johannes Siemes: „Weitere Schließungen sind in den nächsten Jahren zu befürchten.“
Flächenproduktivität im Einzelhandel sinkt
Zu den auffälligsten Entwicklungen im deutschen Einzelhandel allgemein zählt in erster Linie das weiter fortschreitende Absinken der Flächenproduktivität. So wird der Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche im Handel von heute 3.300 Euro auf 2.900 Euro im Jahr 2010 zurückgehen. Weniger stark treffen als angenommen wird den Einzelhandel die Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte ab 2007. Johannes Siemes: „Der größte Teilmarkt Lebensmittel ist von einer Erhöhung bis auf wenige Ausnahmen so gut wie ausgenommen, und auch das nächst größte Segment Bekleidung ist wegen der fehlenden Vergleichbarkeit wechselnder Sortimente kaum betroffen. Auch bei selten gekauften Produkten wird dem Käufer eine dreiprozentige Preissteigerung in der Regel kaum auffallen. Deutlicher spürbar wird die Erhöhung für die Anbieter höherwertiger langlebiger Produkte werden. Eine notwendige Bedarfsdeckung wird nach einiger Zeit zu einer Normalisierung der Umsätze führen.“
„Convenience“ als Überlebenschance für kleinere Händler
Seit 1993 ist der durchschnittliche Umsatz der kleinen Läden (bis 400 Quadratmeter) um fast 30 Prozent gesunken. Die Kundenzahl hat um 13 Prozent abgenommen. Johannes Siemes: „Ein Wandel hin zu Convenience-Angeboten ist so für viele kleinformatige Geschäfte zur Überlebensfrage geworden. So kann man es in der Nachbarschaft von großen Unternehmen und Bürokomplexen den Mitarbeitern beispielsweise ermöglichen, sich mit einem Frühstück, Mittagessen oder für den Abend zu versorgen. Grundvoraussetzung sind verbraucherfreundliche Öffnungszeiten.“
Unterhaltungselektronik aus dem Supermarkt
Ein interessanter Trend zeichnet sich bei der Unterhaltungselektronik ab. So geben mittlerweile bereits 17 Prozent der Deutschen Aldi als bevorzugten Einkaufsort für Fernseher, HiFi-Anlagen oder CD-Spieler an, und auch die anderen Discounter und Tchibo werden mit einem Wert von insgesamt 12 Prozent gerne vom Konsumenten für den Einkauf von Unterhaltungselektronik genutzt. Zurückzuführen ist dies auf die meist weit unter Marktdurchschnitt liegenden Preise. Mittlerweile werden so beispielsweise 18 Prozent der Fernseher sowie 15 Prozent der Digitalkameras beim Discounter verkauft, was in etwa einem Zehntel des gesamten Umsatzvolumens in der Unterhaltungselektronikbranche entspricht.
Boom bei E-Commerce und TV-Shopping
Im Gegensatz zur traditionellen Katalogbestellung verzeichnet E-Commerce in Deutschland etwa zehn Jahre nach seinem Start Rekordumsätze. 2005 wurden im elektronischen Handel in Deutschland Waren im Wert von 6,1 Milliarden Euro umgesetzt, das waren gut 24 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Hinzu kommen geschätzte 2,5 Milliarden Euro Umsatz von Händlern auf der Auktionsplattform Ebay. Bis zum Jahr 2010 rechnet der Branchenverband des deutschen Versandhandels damit, dass rund 50 Prozent des gesamten Versandhandelsvolumens online erzielt werden.
Ein weiterer Absatzkanal, der zunehmend an Popularität gewinnt, ist der Verkauf über das Fernsehen. Mittlerweile haben bereits zehn Millionen Menschen bei QVC, HSE, RTL Shop und weiteren Anbietern verschiedenste Waren erworben. Die Tendenz ist steigend. Die Verkaufssender haben zweistellige Umsatzzuwächse zu verzeichnen und überschritten 2005 erstmalig die Grenze von 1 Milliarde Euro. Der Anteil am Umsatz des gesamten Versandhandels dürfte schon bald über den momentan fünf Prozent liegen, zumal der traditionelle Versandhandel seit Jahren stagniert. Bis 2010 gehen Experten von einer jährlichen Wachstumsrate des Umsatzes von etwa elf Prozent aus.
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