Alte U-Bahn-Waggons als künstliche Riffe
Vor der US-Ostküste – zwischen New Jersey und Georgia – werden zurzeit tausende ausgediente U-Bahn-Waggons im Meer versenkt. Diese sollen für Meeresbewohner neue Lebensräume schaffen, berichtet das Wissenschaftsmagazin National Geographic. Neben den ausrangierten Zugsgarnituren kommen auch noch Betonklötze, Armeeschiffe, Boote und sogar Panzer auf den Meeresgrund.
„Vor der Küste der so genannten Mid-Atlantic Region gibt es sehr wenige Felsen“, so Jeff Tinsman, Koordinator des Projekts zur Schaffung künstlicher Riffe am Delaware Department of Natural Resources. Der Meeresgrund hier ist sandig, mit vereinzelten Schlammklecksen. Die künstlichen Riffe wären ein willkommener neuer Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen. Gerade harte Materialien, egal ob von Menschenhand geschaffen, oder natürlicher Herkunft, sind für Austern und Muscheln ein idealer Brutplatz. Diese wiederum sind Nahrungsquelle für zahlreiche Fischarten wie dem Schwarzen Sägebarsch (Centropristis striata), der auch in der kommerziellen Fischerei eine Rolle spielt.
„Untersuchungen haben gezeigt, dass künstliche Riffe – gemessen an der Biomasse – hundert Mal reicher sind, als der natürliche Lebensraum“, so Tinsman. Dies sei vor allem für Fische sehr attraktiv. Die staatlichen Agenturen sehen die künstlichen Riffe als eine Methode, dem drohenden Verlust der Biodiversität in den Ozeanen entgegenzuwirken. Taucher haben berichtet, dass sie in den künstlichen Rifflandschaften eine große Zahl von jungen Fischen ausgemacht hatten. Unterstützung erhalten die Projekte auch von Forschern. „Die künstlichen Riffe sind wunderbar und nicht umsonst werden sie auch von lokalen Fischereibehörden unterstützt“, so die Meeresbiologin Jennifer Samson von der Umweltgruppe Clean Ocean Action.
Als in New York 2001 mehr als 1.000 U-Bahn-Waggons ausrangiert wurden, kam die Idee die Metallhüllen als Riffe im Meer zu versenken. Ehe dies geschah wurden die Wagen von Schmierstoffen gereinigt, die Fahrgestelle, Fenster, Türen und die Sitze wurden entfernt. Übrig blieben nur noch die 9.000 Kilogramm schweren Boxen, die mit ihren Öffnungen für eine optimale Wasserzirkulation sorgen. Kritisch nahmen einige Umweltgruppen allerdings die Tatsache auf, dass sich in den Waggons auch Teile aus Asbest befinden, die den Fischen schaden könnten. Tinsman meint dazu, dass diese Gefahr sehr gering sei, da Asbest nur in Form von Epoxy-Matrix vorliege und damit nicht gefährlich sei.
„Die Amerikaner sind Weltmeister dieser Technik“, meint Michael Stachowitsch, Meeresökologe an der Universität Wien im pressetext-Interview. Es sei allerdings nicht ganz unproblematisch, da es nicht völlig geklärt sei, ob die Fische, die sich in diesen Riffen aufhalten, sich von anderen Gebieten hier sammeln, oder ob es tatsächlich zu einer Vergrößerung der Population komme. „Unklar ist auch, ob sich diese Materialien, die sonst unter hohen Kosten verschrottet werden müssten, als Riffbausteine eignen.“ Metall sei nicht das bevorzugte Substrat für eine Rifflandschaft, so Stachowitsch. Es gehe nämlich nicht nur um die Fische, sondern auch um die Ansiedlung zahlreicher wirbelloser Tiere und Pflanzen. „Da Metall rostet, bietet es langfristig keine Umweltverbesserung.“ Einen Vorteil räumt der Experte aber ein: „wenn es neue Riffe am Meeresgrund gibt, ist diese Unterwasserlandschaft wenigstens vor der Zerstörung der Grundschleppnetze sicher.“
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