Dienstleistungsagenturen statt "Mini-Jobs"
„Mini-Jobs“ à la Hartz als Ansatz zur Beschäftigungsförderung im Bereich haushaltsbezogener Dienstleistungen? – Institut Arbeit und Technik empfiehlt statt dessen die Förderung von Dienstleistungsagenturen
Die Hartz-Kommission setzt in ihren Empfehlungen für den Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen vor allem auf so genannte „Mini-Jobs“ (bis 500 Euro pro Monat) sowie Ich-AG’s als kleine Form der Existenzgründung durch zuvor Arbeitslose. Nur in der 340 Seiten umfassenden Langfassung der Kommissionsempfehlungen ist am Rande auch von „Dienstleistungsagenturen“ die Rede. Dabei bleibt offen, ob diese vorrangig die neuen Mini-Jobs organisieren oder – wie in den vergangenen Jahren an vielen Stellen bereits erprobt – die Professionalisierung haushaltsbezogener Dienstleistungen fördern und dabei auf Schaffung voll sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse setzen sollen.
Das Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) hat zwischen 1996 und 2001 die vom Frauenministerium NRW geförderten Modellprojekte von Dienstleistungspools in Aachen, Bochum und Düsseldorf wissenschaftlich begleitet und darüber hinaus auch die Entwicklung von Modellprojekten in anderen Bundesländern verfolgt. „Es hat sich gezeigt, dass solche Ansätze eine wirkliche Alternative zu Schwarzarbeit sowohl für Privathaushalte als auch für die Beschäftigten bieten“, so Dr. Claudia Weinkopf, Leiterin eines Forschungsschwerpunktes am Institut Arbeit und Technik. „Sie haben es erstmals ermöglicht, die oft nur wenige Stunden pro Woche umfassenden Einsätze in Privathaushalten zu Arbeitsverhältnissen zu bündeln, die mehr als einen Nebenjob bieten. Vor diesem Hintergrund erscheint es völlig unverständlich, warum die Hartz-Kommission im Bereich haushaltsbezogener Dienstleistungen vorrangig auf Mini-Jobs setzt, die allenfalls für Personen attraktiv sind, die bereits über eine anderweitige finanzielle Absicherung verfügen. Dabei zeigen aktuelle Befragungen, dass zunehmend mehr Frauen Wert auf eine eigenständige Erwerbstätigkeit legen.“
Die Hartz-Kommission stellt die Zielsetzung der Legalisierung von Schwarzarbeit in den Mittelpunkt ihrer Vorschläge, ohne allerdings die zahlreichen gegenläufigen Anreize angemessen zu berücksichtigen, die aus der Sicht der heute bereits in diesem Bereich Beschäftigten für Schwarzarbeit sprechen: Erhalt des Splitting-Vorteils und der kostenlosen Mitversicherung ohne eigene Beiträge in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei Verheirateten sowie keine Anrechnung des Zuverdienstes bei der Bemessung von Transferleistungen oder z.B. auch einkommensabhängigen Kindergarten-Beiträgen. Und auch für Arbeitslose bieten „Mini-Jobs“ keine interessante Beschäftigungsoption.
„Das Geld, das zur Reduzierung der Abgaben bei Mini-Jobs verwendet werden soll, wäre eindeutig besser eingesetzt, um die Inanspruchnahme haushaltsbezogener Dienstleistungen zu fördern, wie Dienstleistungspools und andere professionelle Anbieter sie erbringen. Dies gilt um so mehr, als nur diese längere Teilzeit- und Vollzeitarbeitsverhältnisse anbieten können, die auch für Arbeitslose eine neue existenzsichernde Beschäftigungsmöglichkeit darstellen“, betont Dr. Claudia Weinkopf. „In der weiteren Konkretisierung der Kommissionsvorschläge sollten solche Ansätze verstärkt Berücksichtigung finden. Ohne eine Professionalisierung haushaltsbezogener Dienstleistungen wird sich kein funktionierender Markt entwickeln können, der auch zusätzliche Nachfrage erschließen und neue Arbeitsplätze schaffen könnte.“
Für die Hartz-Kommission sind die Mini-Jobs im Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen nach eigenem Bekunden auch ein Testfeld für eine weiterreichende Subventionierung von Niedriglohn-Jobs in anderen Arbeitsbereichen. Dass Frauen damit mindestens 95 % der „Versuchskaninchen“ stellen sollen, wird an keiner Stelle überhaupt erwähnt – geschweige denn problematisiert. Zudem wird unterstellt, es handele sich bei den haushaltsnahen Dienstleistungen durchgängig um Einfacharbeitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen.
Die NRW-Erfahrungen mit den Dienstleistungspools sprechen eine andere Sprache: Hier hat sich gezeigt, dass die Gewinnung geeigneter Arbeitskräfte keineswegs einfach war und die Ansprüche der Kund/innen ohne ergänzende Qualifizierung des Personals nicht erfüllt werden konnten. Die Qualifikationsanforderungen solcher Arbeitsplätze werden offenbar vielfach völlig unterschätzt, denn die Arbeit in fremden Haushalten stellt andere Anforderungen als die Erledigung der eigenen Hausarbeit. „Delegiert werden meist nur die körperlich anstrengenden und unangenehmen Tätigkeiten,“ betont Claudia Weinkopf vom IAT. „Außerdem hat jeder Kundenhaushalt unterschiedliche Ausstattungen und Erwartungen. Die Beschäftigten müssen folglich einerseits körperlich fit sein und andererseits mit den unterschiedlichen Anforderungen flexibel und selbständig umgehen können. Kundenorientierung ist ebenso gefragt wie Fachkenntnisse z.B. beim richtigen Umgang mit unterschiedlichen Bodenbelägen.“
Der Abschlussbericht des IAT zu den Erfahrungen der NRW-Dienstleistungspools steht als Download auf der Homepage des Frauenministeriums NRW zur Verfügung.
Für weitere Fragen stehen
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Dr. Claudia Weinkopf
Durchwahl: 0209/1707-142
Pressereferentin
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen
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