Konjunkturaussichten verbessert, aber Wachstumskräfte bleiben schwach
„Erste Lichtblicke einer konjunkturellen Erholung sind sichtbar. Der längerfristige Wachstumspfad ist jedoch zu flach und die Beschäftigungsschwelle zu hoch, um die Arbeitslosigkeit abzubauen.“ Das erklärte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, auf der Hannover Messe bei der Vorstellung des BDI-Konjunktur- und Außenwirtschaftsreports. Rogowski betonte, dass die verbesserten Konjunkturerwartungen der Wirtschaft vor allem auf Hoffnungen basierten. „Dies sollten die Parteien jetzt bei der Aufstellung ihrer Wahlprogramme berücksichtigen“, forderte der BDI-Präsident. „Wir Unternehmer erwarten klare Aussagen, wie Deutschlands Stellung im internationalen Standortwettbewerb verbessert werden soll.“ Die tiefsitzende Wachstumslethargie sei das Ergebnis schwerwiegender Versäumnisse und auch handwerklicher Fehler in der Wirtschaftspolitik, betonte Rogowski.
Die Hoffnung der deutschen Wirtschaft richte sich derzeit vor allem auf eine Konjunkturbelebung in den USA. Davon würde auch die besonders exportabhängige deutsche Industrie profitieren. Nach einer weiterhin gedämpften Ausfuhrentwicklung im Frühjahr werde im Jahresverlauf mit einer deutlichen Zunahme der Exporte gerechnet. Es sei jedoch noch nicht zu erkennen, dass auch die Binnennachfrage die Konjunktur belebe. Von den Ausrüstungsinvestitionen seien zumindest im ersten Halbjahr noch keine nennenswerten Impulse zu erwarten. Die geringe Kapazitätsauslastung eröffne genügend Spielraum, um die höhere Nachfrage von der Produktionsseite abzudecken. Die Bauwirtschaft müsse auch in diesem Jahr noch mit einem weiteren Rückgang rechnen. Auch dem privaten Konsum fehle noch die notwendige Schubkraft für eine nachhaltige Unterstützung der deutschen Konjunktur.
Die Stimmung in den Unternehmen habe sich sichtlich verbessert, erklärte Rogowski. Diese positivere Tendenz schlage sich mittlerweile zumindest partiell bei den Auftragseingängen nieder, obwohl die Entwicklung noch recht labil ist. Die aktuellen Produktionsdaten belegten jedoch, wie beschwerlich der Gang aus der Rezession sei. Die Erwartungen des BDI für 2002 seien mit einem mageren Wachstumsplus des Bruttoinlandsprodukts von 0,75 bis 1 Prozent eher bescheiden, allerdings etwas günstiger als bei der letzten Konjunkturprognose.
„Insgesamt stehen die Konjunkturampeln auf grün, wenngleich die Risiken eines erneuten Rückschlags noch nicht völlig gebannt sind“, so Rogowski. Diese reichten von einem sich zuspitzenden Nahost-Konflikt mit drohenden Ölpreissteigerungen über den Stahlstreit mit den USA und protektionistischen Verwerfungen bis zur aktuellen Tarifpolitik. Insbesondere die weit überzogenen Lohnforderungen verunsicherten die Unternehmen. Auch das ständige Reden über Streiks drohe das zarte Konjunkturpflänzchen zu zertreten.
Entgegen wiederholter Versprechungen der Bundesregierung, die Unternehmen zu entlasten, sei es in den letzten Jahren und auch aktuell wieder zu weiteren fühlbaren Belastungen gekommen: Dosenpfand, LKW-Maut, Ökosteuer, das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verteuerten vorhandene Arbeitsplätze, neue Jobs entstünden gar nicht erst.
Der ständig steigende Kostenauftrieb müsse endlich gestoppt werden, so der BDI-Präsident. Das sei nur mit grundlegenden strukturellen Reformen, insbesondere am Arbeitsmarkt und in den sozialen Sicherungssystemen möglich. Damit Arbeitsplätze gesichert und neue entstehen können, bräuchten die Unternehmen ein höheres Maß an Flexibilität, um rascher auf die strukturellen Veränderungen, die unter anderem mit der Globalisierung einhergingen, reagieren zu können. Zudem müssten die Engpässe in Qualifikation und Bildung beseitigt werden. Trotz hoher Arbeitslosigkeit sei ein eklatanter Mangel an qualifizierten Facharbeitern und Ingenieuren zu verzeichnen. Auch das Bildungswesen benötigt dringend mehr Freiheitsgrade und Wettbewerbselemente.
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