Nachdenkliches zum Welt-AIDS-Tag 2000 …


„Wir müssen Grenzen überwinden, das Virus tut es ständig“ – anlässlich des Welt-AIDS-Tages morgen, 1. Dezember 2000, warnt der Vorsitzende der Deutschen AIDS-Gesellschaft, Prof. Dr. Norbert Brockmeyer (Klinik für Dermatologie und Allergologie am St. Josef-Hospital, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum) davor, sich in Europa auf der sicheren Seite zu fühlen. AIDS beschränke sich nicht nur auf die Entwicklungsländer und werde auch im neuen Jahrtausend eine der großen medizinischen Herausforderungen sein, insbesondere in den osteuropäischen Ländern.

Ungebrochene Epidemie

„Derzeit werden noch die HIV-Zahlen in Afrika als abschreckende Mahnung in der Welt verbreitet. Dabei übersehen wir aber, dass vor unseren eigenen Haustür, nämlich in Osteuropa, die HIV-Epidemie explodiert“, so Brockmeyer. Sie erscheint weltweit ungebrochen: 19 Jahre nach der Entdeckung dieser neuen und tödlichen Erkrankung AIDS und 17 Jahre nach der Entdeckung des Virus und seiner Übertragung und Ausbreitung gelang es bisher nur in einigen Ländern dieser Erde, die Ausbreitung der Infektion so einzuschränken, dass die Zahl der jährlichen Neuinfektionen hinter denen des Vorjahres liegt.

Trauriger Rekord

Mit Ausnahme weniger Länder der Dritten Welt, in denen mit großem Engagement die Möglichkeiten der Prävention erprobt und nachgewiesen werden konnten (z. B. Uganda), führt die unverminderte Ausbreitung dieser tödlichen Infektion in dem produktivsten, nämlich dem jungen Teil der Bevölkerung zu einer gesellschaftlichen Katastrophe. Das Bruttosozialprodukt wird in diesen Ländern in den nächsten Jahren um bis zu 20 % sinken. Armut, fehlende Bildung, Kriege und Hungersnöte aber auch politische Ignoranz sind heute die Grundlage, auf der unter Kenntnis der Ätiologie und Übertragungsmechanismen die Ausbreitung der HIV-Infektion ungehemmt wächst. Im Jahr 2000 sind 3 Millionen Menschen an AIDS gestorben, 36,1 Millionen sind mit dem HI-Virus infiziert (davon 5.3 Millionen Neuinfizierte) – ein neuer trauriger Rekord.

Unterstützung und Prävention in Osteuropa

In den neuen unabhängigen Ländern Osteuropas waren 1999 420.000 Menschen infiziert. Nun ein Jahr später werden die Infektionszahlen auf 700.000 geschätzt. Allein in Russland haben sich im letzten Jahr 50.000 Menschen neu infiziert – das sind mehr, als zwischen 1989 und 1999 insgesamt in diesem Land infiziert waren. „Hier gilt es von unserer Seite, Unterstützung bei der Prävention und auch bei der Versorgung dieser Menschen zu geben“, so Brockmeyer. „Sollte es uns nicht gelingen, die HIV-Infektionen in den osteuropäischen Ländern einzudämmen, werden wir sie aufgrund der Reisetätigkeit und anderer Faktoren reimportieren.“

Grenzen überwinden

Der 8. Deutsche Aids-Kongress, der unter dem Motto steht „Grenzen überwinden“ wird gerade die Problematik der HIV-Infektion in Osteuropa an einem ganzen Tag aufgreifen und Forscher und Betroffene aus diesen Ländern zusammenführen, um Probleme sichtbar zu machen und Lösungsansätze zu formulieren. Neben der Prävention ergibt sich auch die Frage, wie können die gut wirksamen Medikamente, insbesondere neue Medikamente mit neuen Wirkmechanismen wie z. B. Fusionsinhibitoren, die den Eintritt des Virus in die Zelle und somit die Infektion verhindern, den Infizierten in Osteuropa zugänglich gemacht werden? Die Probleme um die HIV-Infektion werden uns auch in den nächsten Jahren begleiten und zunehmend fordern. Der 8. Deutsche AIDS-Kongress vom 4.-7.Juli 2001 wird diese Fragen aufgreifen und versuchen, Antworten zu geben.

Weitere Informationen
Prof. Dr. Norbert Brockmeyer, Klinik für Dermatologie und Allergologie im St. Josef Hospital Bochum – Klinikum der Ruhr-Universität Bochum. Gudrunstr. 56, 44791 Bochum, Tel.: 0234/509-3471, -3474, Fax: 0234/509-3472, E-Mail: N.Brockmeyer@derma.de

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Dr. Josef König idw

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