Kompetenzen entwickeln: Familienhilfe als Familienbildung
Eine ambulante Form der Unterstützung ist die Sozialpädagogische Familienhilfe, die nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ funktioniert und mit einer jährlichen Zuwachsrate von zehn Prozent zu den schnell wachsenden Feldern der Jugendhilfe in Deutschland zählt.
Familien, in denen Eltern ihrer Vorsorgungs- und Erziehungsverantwortung nicht nachkommen können und das Kindeswohl gefährdet ist, haben Anspruch auf kostenfreie Hilfe zur Erziehung. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) ist geregelt, welche Unterstützungsangebote vorgesehen sind. Während „Problemkinder“ früher häufiger in Heimen untergebracht wurden, werden in den letzen Jahren verstärkt ambulante Maßnahmen genutzt, die das gesamte Familiensystem mit berücksichtigen.
Die am häufigsten gewährte Hilfeart ist die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH). Ihr Anteil hat sich seit 2002 von 19% auf 26% im Jahr 2006 erhöht. Mehr Informationen zu dieser intensiven ambulanten und aufsuchenden Form der Unterstützung bietet die Rubrik „Auf einen Blick“.
Familienhelferin Claudia Spachtholz beschreibt in ihrem „Blick von außen“ anhand eines Beispiels aus der Praxis, welche Kompetenzen eine sozialpädagogische Fachkraft mitbringen muss, um bei den komplexen Problemlagen konstruktive Unterstützung anbieten zu können. Denn in den zu betreuenden Familien liegt oft eine Kombination verschiedener Unterversorgungen vor: Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Geldmangel, Bildungsrückstände bei den Kindern sowie Sucht- oder Beziehungsprobleme bei den Eltern. In manchen Fällen ist eine Familie auch durch Krankheit, einen Todesfall oder andere traumatische Erlebnisse aus dem Lot geraten.
Die SPFH ist als Hilfe zur Selbsthilfe konzipiert. Deren Ziel ist es, die Ressourcen der Familie wieder zu aktivieren, damit sie aus eigener Kraft aus der hoffnungslos scheinenden Situation herausfinden. Dazu kann es auch gehören, Mütter und Väter zu motivieren, Angebote der Familienbildung – wie Elternkurse oder -cafés – zu nutzen. Die klassischen Leistungen der Familienbildung stehen allen Eltern offen, werden bislang jedoch nur zu 5 bis 15 Prozent von Eltern aus bildungsfernen Schichten wahrgenommen. Wie sich Familienbildung für neue Zielgruppen öffnen könnte und wie eine wechselseitige institutionelle und inhaltliche Verzahnung von Familienhilfe und Familienbildung aussehen kann, darüber diskutieren Elisabeth Helming (DJI) und Dr. Barbara Thiessen (DJI) im „Interview“.
Voraussetzung für ein solch dichter geknüpftes Netz verschiedenster Unterstützungsformen ist aber nicht nur ein Umdenken in Wohlfahrtsverbänden, bei kirchlichen Trägern oder Jugendämtern, sondern auch die Bereitstellung von ausreichendem und qualifiziertem Personal. Hier zu investieren ist mindestens ebenso wichtig wie der aktuell diskutierte Ausbau der Kontrollsysteme zum Schutz des Kindeswohls – zum Beispiel durch verbindliche Vorsorgeuntersuchungen.
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