Internet der Zukunft: Wie Multimedia-Daten besser übertragen werden
Die heutige Struktur des Internets stammt aus einer Zeit, als man nur Texte und Bilder zwischen Computern austauschte. Für viele audiovisuelle Dienste wie die Internet-Telefonie, die Videokommunikation, Netzwerkspiele oder das Internet-Fernsehen ist die Übertragung über das heute übliche Transportprotokoll TCP nur schlecht geeignet.
Denn schon kleine zeitliche Verzögerungen oder der Verlust wichtiger Datenpakete haben bei Multimedia-Anwendungen fatale Folgen. Das Team von Prof. Dr. Thorsten Herfet, Lehrstuhl für Nachrichtentechnik, forscht daher an neuen Transport-Protokollen für das Internet, die auch bei mobiler Übertragung Datenverluste ausgleichen und zeitkritische Anwendungen wie etwa die Telemedizin bewältigen können. Am Beispiel einer drahtlosen Multicast-Fernsehübertragung, bei der Filme in hoher Qualität auf mehrere Laptops gesendet werden, demonstrieren die Wissenschaftler ihre Ergebnisse am saarländischen Forschungsstand (Halle 9, Stand B 35) vom 4. bis 9. März auf der CeBIT 2008.
Heute bestehen bereits mehr als ein Zehntel der Daten, die täglich über das Internet geschickt werden, nicht mehr aus Texten. Der Anteil des Live-Streaming, also von Audio- und Videodaten, die empfangen und gleichzeitig wiedergegeben werden, dürfte im kommenden Jahrzehnt auf mehr als die Hälfte aller Datenpakete im Internet anwachsen. Dafür bietet die bisher verwendete TCP-Übertragung keine zufriedenstellende Grundlage. Denn dort werden die Datenpakete so verschickt, dass der empfangende Rechner immer quittieren muss, ob die Pakete angekommen sind. Tauchen Probleme auf, bleibt die gesamte Übertragung hängen, da der Sender immer von neuem Pakete auf die Reise schickt. Das dämpft zum Beispiel bei Netzwerkspielen das Spielvergnügen. Auch Alternativen wie die RTP/UDP-Protokolle sichern Übertragungsfehler nicht ab und sind daher für Multimediadaten ungeeignet.
Das Forscherteam von Prof. Herfet entwickelt deshalb neue Protokolle, die anders mit der Fehlerrate und dem Zeitverhalten des Internets umgehen. Sie sollen unabhängig vom Übertragungsweg die Mediadaten in optimaler Qualität zum Empfänger bringen. Über neue Algorithmen versucht man Redundanzen zu vermeiden, also nur so viele Daten zu übertragen, wie wirklich für die Anwendung notwendig sind – heutige Protokolle würden einen Großteil der genutzten Bandbreite einfach verschenken. Außerdem gehen die Wissenschaftler flexibel mit der Fehlerrate um. Beim Telefonieren über VoIP stört es zum Beispiel nicht, wenn jedes tausendste Datenpaket nicht beim Empfänger ankommt, beim Internetfernsehen darf es nur noch eines von einer Million sein, um keine Störungen auf dem Bildschirm zu erzeugen.
Auf der CeBIT 2008 steht Prof. Dr. Thorsten Herfet am 4. März am Messestand der Universität des Saarlandes (Halle 9, Stand B 35) für Interviews zur Verfügung. Er hält außerdem am Sonntag, 9. März, um 10 Uhr im Future Talk (Halle 9, Stand A 30) einen Vortrag zum Thema „Exzellenzcluster Multimodal Computing: Natürliche Kommunikation mit Computern“ sowie um 11 Uhr zum Thema „Exzellente Chancen für exzellente Studenten: Internationale Graduiertenschule für Informatik“.
Hintergrund: Das neue Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“ und die internationale Graduiertenschule für Informatik in Saarbrücken
Die Informatikforschung in Saarbrücken konnte im Exzellenzwettbewerb der Bundesregierung gleich zwei Erfolge aufweisen. Zum einen überzeugte der Antrag für ein Exzellenzcluster zum Thema „Multimodal Computing and Interaction“ die internationale Jury der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Darüber hinaus wurde auch das Konzept einer internationalen Graduiertenschule für die Informatik als exzellent bewertet. Damit werden in den kommenden fünf Jahren rund 40 Mio. Euro für das Exzellenzcluster und die Graduiertenschule ins Saarland fließen. Neben der Universität des Saarlandes sind das Max-Planck-Institut für Informatik, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz sowie das neu gegründete Max-Planck-Institut für Softwaresysteme am Cluster beteiligt.
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