Auf der Spur eines "Zwillings-Genes"
Team des Klinikums der Universität München berichtet über Zusammenhang zwischen Enzym-Mutation und Zwillingswahrscheinlichkeit
Einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer bestimmten Enzym-Mutation und der Häufigkeit des spontanen Entstehens von Zwillingen hat jetzt ein Ärzteteam des Klinikums der Universität München aufgezeigt.
Wie Dr. Uwe Hasbargen und Prof. Dr. Christian J. Thaler, beide Oberärzte der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, zusammen mit Priv. Doz. Dr. Peter Lohse vom Institut für Klinische Chemie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Human Reproduction (vol. 15 no.12, pp.2659-2662, 2000) berichten, hat die Beschaffenheit des Enzyms Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR) entscheidenden Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Zwillingsschwangerschaft.
MTHFR ist ein Enzym, das in wichtige Prozesse des Aminosäurestoffwechsels und der Zellteilung eingreift. Eine bestimmte Mutation des MTHFR-Gens (C677T) stellt offenbar einen „Schutz gegen spontane Zwillingsschwangerschaften“ dar. Das Vorliegen dieser MTHFR-Mutation, die bei ca. 50% der Europäer vorhanden ist, kann mit einem molekularbiologischen Standardverfahren, das Lohse für die Routinediagnostik anbietet, in einer Blutprobe nachgewiesen werden.
„Während in Europa der Anteil der Zwillingsgeburten an der Geburtengesamtzahl bei ca. 1,2% liegt, ist diese Rate mit 3,2% bei den von diesem Defekt kaum betroffenen Afrikanern wesentlich höher. Komplementär dazu liegt bei den Asiaten, bei denen sich eine noch weit über dem europäischen Wert liegende Häufigkeit der C677T-Mutation nachweisen lässt, die Zwillingsgeburtenrate bei nur 0,6%“, so Hasbargen.
Die Ergebnisse des Forscher-Teams aus München wird in der Reproduktionsmedizin weitreichende Folgen haben, vermutet Thaler, der diesen Bereich am Klinikum Großhadern leitet. So lässt sich mit Hilfe des Nachweises oder Ausschlusses dieser Mutation z. B. das Mehrlingsrisiko deutlicher einschätzen, wenn sich eine Frau zu einer künstlichen Befruchtung entschließt. Zudem können die Mediziner bei dem Eingriff die Zahl der benötigten Eizellen und Hormongaben präziser dosieren.
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S. Nicole Bongard
Klinikum der Universität München
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