Laser in der Zellbiologie – von der Krebsfrühdiagnose zu Gehirnen im Reagenzglas
Erstmalig wird in Leipzig ein Biotechnologie-Tag durchgeführt. Drei zentrale Themen stehen auf der Tagesordnung:
- Moleküldesign: vom Molekül zum Patienten.
- Zelltechnik.
- Vom Patienten zum Molekül.
Für alle Beteiligten dürfte die Zusammenführung von Grundlagen- und angewandter Forschung besonders interessant sein.
Erstmalig wird in Leipzig ein Biotechnologie-Tag durchgeführt. Die durch den Oberbürgermeister Leipzig, Wolfgang Tiefensee, und den Rektor der Universität Leipzig, Prof. Volker Bigl, eröffnete Tagung soll die Wissenschaftler des Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrums gegenseitig über ihre Forschungsprojekte informieren. Beteiligt sind Wissenschaftler aus den Fakultäten für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie, für Chemie und Mineralogie, Mathematik und Informatik, Physik und Geowissenschaften, Medizin und Veterinärmedizin. Drei zentrale Themen stehen auf der Tagesordnung: 1.) Moleküldesign: vom Molekül zum Patienten. 2.) Zelltechnik. 3.) Vom Patienten zum Molekül. Für alle Beteiligten dürfte die Zusammenführung von Grundlagen- und angewandter Forschung besonders interessant sein.
Zeit: 22.5.2002, Beginn 8.30 Uhr
Ort: Großer Hörsaal der Fakultät für Chemie und Mineralogie, Johannisallee 29
Immer dann, wenn die Forschung in Richtung „Patient“ geht, ist sie für die Öffentlichkeit besonders interessant. Auf diesem Gebiet forschen schon seit langem nicht mehr nur die Mediziner, sondern alle Naturwissenschaftler. Als Beispiel seien hier nur Prof. Dr. Peter Welzel, Organische Chemie, der auf dem ersten Biotechnologietag mit dem Thema „Die zunehmende Resistenz gegen Antibiotika als Aufforderung zur Entwicklung neuartiger Antiinfektiva“ auftritt, und der Wolfgang Paul-Preisträger Prof. Dr. Josef Käs, der zu „Lasern in der Zellbiologie – von der Krebsfrühdiagnostik zu Gehirnen im Reagenzglas“ spricht und trotz des eher biologisch oder medizinisch anmutenden Themas in der Physik angesiedelt ist. Allerdings ist Käs Biophysiker, was das Interesse des weltberühmten Forschers an der Biotechnologie erklärt, deren große Präsenz in Leipzig ihn einst bewog, den Ruf an die Universität Leipzig anzunehmen.
Laser in der Zellbiologie sind für Käs nach wie vor faszinierend. Er sieht in ihnen die perfekten Hände um Zellen anzufassen, die tausendmal kleiner als ein Stecknadelkopf sind. Die Instrumente für die leicht leitbaren Laserstrahlen lassen sich im Vergleich zur schwer herzustellenden Mikromechanik relativ einfach bauen und dadurch wesentlich besser anwenden. Ihr Einsatz in der Medizin ist nicht neu – zumindest von chirurgischen Instrumenten auf Laserbasis hat wohl jeder schon gehört.
In der Krebsfrühdiagnose geht Prof. Käs von einem ganz neuen Ansatz aus. Zwei Prämissen führt er zusammen, um z.B. Brustkrebs früher als sonst jemals möglich zu erkennen und damit die Chancen auf Heilung beträchtlich zu erhöhen. Die erste Voraussetzung ist die Erkennung des Gerüstes, das der Zelle ihre Stabilität verleiht, des sogenannten Zytoskelettes, durch Laser. Die zweite Voraussetzung ist die Kenntnis von der Veränderung des Zytoskelettes bei Krebs. Je weiter der Krebs fortschreitet, desto drastischer verändert sich die Zellstabilität, desto instabiler wird das Zytoskelett. Auch das kann man mit dem Laser feststellen. Vier Populationen von Zellen bei Brustkrebs haben die Forscher untersucht. 1.) normale. 2.) ganz frühe Krebszellen. 3.) Tumorzellen kurz vor der Metastasierung. 4.) metastasierende Zellen. Diese Zellen unterschieden sich signifikant durch die Stabilität des Zytoskelettes.
Je früher ein Krebs erkannt wird, desto größer die Aussicht auf Heilung. Eine Diagnose im Stadium zwei und auch noch drei bedeutet für den Patienten eine objektive Chance auf Heilung. In der Praxis sieht das aber so aus, dass der Tumor schon eine gewisse Größe erreicht haben muss, damit er überhaupt erkannt und durch Biopsie, einen operativen Eingriff zur Gewinnung des verdächtigen Gewebes, genauer untersucht werden kann. Laut Käs ist der Tumor dann aber schon neun Jahre lang gewachsen!
Wegen des komplizierten Eingriffes, um Gewebsproben zu gewinnen, muss eine deutliche Indikation vorliegen, wenn der Arzt die Biopsie anordnet. Für die Krebsfrüherkennung kann das aber schon zu spät sein. Prof. Käs plädiert daher für die sogenannte Fine needle-aspiration. Dabei handelt es sich um eine Absaugung von Brustzellen mit einer sehr feinen Nadel, eine Methode, die wesentlich unkomplizierter ist. Käs könnte sich vorstellen, dass gerade für Frauen mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko die Fine needle- aspiration später einmal standardmäßig angewandt wird, um Gewebsproben zu entnehmen, die durch die Laser-Diagnose untersucht werden könnten. Die Laser-Diagnose hält er auch anwendbar für andere Tumorarten wie Gebärmutterhalskrebs, Mundschleimhautkrebs, Magen- und Darm-Krebs, kurz für Krebsarten, von denen sich über Abstriche relativ einfach Gewebsproben entnehmen lassen. Für den Gebärmutterhalskrebs laufen derzeit Untersuchungen.
Wie kommt aber Käs von der Krebsfrühdiagnose zu den Gehirnen im Reagenzglas? Zunächst wehrt er aber ab, dass die Gehirne im Reagenzglas eher metaphorisch als wörtlich zu verstehen seien. Er strebe eine Vernetzung von Nervenzellen an, um kontrollierte Schaltkreise von Nerven untersuchen zu können mit dem Ziel, der fundamentalen Frage nach dem Ablauf von Denkprozessen auf den Grund zu kommen. „Der Vorgang des Denkens und Lernens ist nach wie vor weitgehend unerforscht“, meint Käs. Es gelinge zwar bereits, neuronale Netze des Lernens auf dem Computer zu simulieren, aber wie sie funktionieren, wisse man immer noch nicht. Den Geheimnissen des Gehirns auf die Spur zu kommen, reize ihn aber als Biophysiker sehr. Und den Ansatz dazu glaubt Käs entdeckt zu haben: das Zytoskelett und den Laser.
Mit dem Laser kann man nämlich nicht nur die Struktur der Zelle genau erforschen, sondern man kann ihre Formgebung beeinflussen. Wie Pflanzen dem Licht entgegenwachsen, streckt sich das Zytoskelett dem Laser entgegen. Mit dem steuerbaren Lichtbündel kann man so auch den Aufbau des Zytoskeletts steuern. Die Idee, der Käs jetzt nachgeht, beruht auf dem gezielten Einsatz des Lasers als Steuer- und Untersuchungsinstrument. Er möchte mit dem Laser die gezielte Vernetzung von Nervenzellen angehen, um sie danach mit dem Laser untersuchen zu können. Vielleicht gelingt es ihm zu erkennen, welche biochemischen Prozesse bei der Informationsverarbeitung durch Nervenzellen vor sich gehen und wie sich Nervenleitungen etablieren.
Der Vortrag von Prof. Josef A. Käs läuft im Rahmen des Themas „Zelltechnik“, das von 13.30 Uhr bis 15.10 Uhr stattfindet.
weitere Informationen: Prof. Dr. Josef A. Käs
Telefon: 0341 97 32 470
E-Mail: jkaes@physik.uni-leipzig.de
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Weitere Informationen:
http://www.uni-leipzig.de/veranst/index.htmAlle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
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