Abwehr-Gen gegen bedeutende Kartoffelkrankheit gefunden

Gen schützt Kartoffeln vor der Kraut- und Knollenfäule
Erstmaliger Ansatz zum Verständnis eines komplexen Widerstandsmechanismus

Max-Planck-Forschern ist es zum ersten Mal gelungen, aus Kartoffeln ein Gen zu isolieren, das die Pflanzen widerstandsfähig gegenüber einer bestimmten Variante des Erregers der Kraut- und Knollenfäule macht. In der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „The Plant Journal“ beschreiben die Kölner Forscherinnen und Forscher die genetische Basis dieses für die Pflanzenzüchtung wichtigen Merkmals (The Plant Journal, 30 (3) 2002).

Die Kraut- und Knollenfäule zählt weltweit zu den meist gefürchteten Krankheiten beim Kartoffelanbau. Die jährlichen Ertragsverluste belaufen sich auf zwei bis drei Milliarden Euro. Bekämpft wird die Krankheit durch den häufigen Einsatz von Chemikalien. Der Erreger ist ein Schadpilz, Phytophthora infestans, der – wie der Name der Krankheit ausdrückt – sowohl Blätter und Stängel als auch die Knollen der Pflanze vollständig zerstören kann. Mitte des 19. Jahrhunderts führte eine verheerende Epidemie in Irland zu einer Hungerkatastrophe, die eine Auswanderungswelle nach Nordamerika auslöste. Widerstandsfähige Pflanzen, die man unter Wildformen der Kartoffel in Mexiko und Südamerika fand, wurden vor etwa fünfzig Jahren in Kartoffelsorten eingekreuzt. Der Erreger entwickelte jedoch immer neue genetische Varianten, die die angezüchtete Abwehreigenschaft der Kartoffel bald wieder überwanden. In dem Wettrennen mit dem Pilz ist die Pflanzenzüchtung deshalb heute sehr an einer langfristigen Verbesserung der genetischen Widerstandsfähigkeit von Sorten interessiert, die auch den Einsatz von Pilzvernichtungsmitteln (Fungiziden) im Kartoffelanbau verringern könnte. Eine Voraussetzung hierfür ist das Verständnis der genetischen Grundlagen dieser Widerstandsfähigkeit.

Am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln ist es nun der Gruppe um Christiane Gebhardt gelungen, das so genannte Resistenz-Gen R1 aus der Kartoffel zu isolieren. Dieses Gen vermittelt Widerstandsfähigkeit (Resistenz) gegen eine bestimmte Variante des Erregers der Kraut- und Knollenfäule. Die Forscher konnten das Gen auf dem fünften von zwölf Chromosomen der Kartoffel aufspüren und isolieren.

Abb. 1: Zeichen der Kraut- und Knollenfäule am Beispiel eines infizierten Kartoffelblattes. Das Blatt (quer) ist von einem dichten weißen Geflecht (Mycel) des Pilzes Phytophthora infestans überzogen, das auch das Innere des Pflanzengewebes befällt und zerstört.
Foto: Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung

In seinem molekularen Aufbau ähnelt das R1-Gen anderen, bereits bekannten pflanzlichen Abwehr-Genen gegen Viren, Bakterien oder Fadenwürmer. Das R1-Gen bildet ein Protein von etwa 1300 Aminosäuren, das in Pflanzenzellen eine so genannte hypersensitive Reaktion auslöst. Das Protein hat die Funktion eines Alarmsignals, falls eine Pilzspore versucht, in eine Pflanzenzelle einzudringen. Daraufhin werden Abwehrreaktionen in Gang gesetzt, die die Ausbreitung des Pilzes erschweren, wie beispielsweise die Verdickung von Zellwänden und die Bildung von Stoffen, die für den Pilz giftig sind.

Besonders bedeutsam ist, dass das R1-Gen in einem so genannten „Hot Spot“ für Krankheitsabwehr liegt. Damit ist ein Abschnitt im Erbgut der Pflanze gemeint, in dem eine Häufung von Genen auftritt, die an der Abwehr von verschiedenen Krankheiten und Fraßschädlingen beteiligt sind. Neben Genen für Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule finden sich hier beispielsweise auch Gene zur Abwehr des Fadenwurms Globodera und des Kartoffelvirus X. Aufgrund der Häufung nimmt man an, dass diese Abwehr-Gene Mitglieder eines „Familienclans“ sind, also mehr oder weniger miteinander verwandt. Einige dieser Gene – wie das R1-Gen – vermitteln eine „Alles oder Nichts“ Abwehrreaktion, andere eine quantitativ abgestufte Reaktion, die man als ein „Mehr oder Weniger“ bezeichnen könnte. Sie sind in ihrer Wirkung vergleichbar einem leichten Dauerregen, der die Erde eben auch nachhaltiger durchtränkt als ein Wolkenbruch. Solche quantitativen Abwehr-Eigenschaften sind für Pflanzenzüchter von ganz besonderem Interesse, da sie sich davon eine höhere Stabilität der Resistenz versprechen.

Abb. 2: Vergleich verschiedener Kartoffelblätter neun Tage nach Infektion mit dem Erreger. Das linke Blatt stammt von einer anfälligen Pflanze (Linie). Es ist vollständig vom Pilz befallen und hat bereits absterbende Blattrippen (braun). Das rechte Blatt stammt von einer widerstandsfähigen Pflanze, die das Resistenzgen R1 enthält. Man erkennt nur lokale Infektionsstellen, an denen der Pilz zwar in das Blatt eingedrungen ist, durch die Abwehrreaktion der Zellen jedoch am Weiterwachsen gehindert wurde. Das mittlere Blatt stammt von der gleichen Pflanzenlinie ab wie das linke Blatt. In diese Linie wurde jedoch zuvor das R1-Gen aus der resistenten Linie (rechts) übertragen. Man erkennt die gleiche Abwehrreaktion wie bei der widerstandsfähigen “
„Foto: Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung“

Welche und wie viele Gene an der quantitativen Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule beteiligt sind, weiß man bisher nicht. Da die meisten Abwehr-Gene strukturell ähnlich sind, haben die Kölner Forscherinnen und Forscher nun jedoch mit dem R1-Gen eine Art Prototyp in der Hand, mit dem sie weitere Gene aufspüren können. Auf diese Weise wird es möglich sein, die in der Pflanzenzüchtung so begehrte Abwehr-Eigenschaft der Kartoffel zu verstehen und damit besser für die Entwicklung neuer Sorten zu nutzen

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Dr. Agim Ballvora oder Dr. Christiane Gebhardt
Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, Köln
Tel. : 0221 / 5062 – 454 oder 0221 / 5062 – 430
Fax : 0221 / 5062 – 413
E-Mail: ballvora@mpiz-koeln.mpg.de
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