Sensation für den Energiemarkt – Erdwärmesonde heizt und klimatisiert

Diplomand Thomas Müller im Institut für Bohrtechnik und Fluidbergbau


Freiberger Student der Bohrtechnik plant und projektiert Weltneuheit der alternativen Heizung und Kühlung von Gebäuden

Eine Erdwärmesonde, die das Dresdner Grundwasserforschungszentrum zukünftig nicht nur beheizt sondern gleichzeitig klimatisiert, projektierte der Student Thomas Müller im Rahmen seiner Diplomarbeit am Institut für Bohrtechnik und Fluidbergbau der TU Bergakademie Freiberg. Die Heizleistung liegt bei 70 KW, wobei ca. 40 KW als Kühlleistung aus der Erde zur Klimatisierung von Büro- und Laborräumen zurück gewonnen werden. Alles geschieht über eine 150m tiefe Bohrung. „Das ist eine kleine Sensation für den Energiemarkt,“ erklärt sein Diplombetreuer Dr. Steffen Wagner vom Institut. „Ein derart leistungsfähiges alternatives Energiesystem ist bisher weltweit nicht auf dem Markt.“

Der Meissner Ingenieur Dr. J. Hamann hatte die Idee, durch Innovation die geothermische Wärmegewinnung für den Energiemarkt konkurrenzfähig zu gestalten. Die Innovation besteht darin, dass ein flüssiges Kältemittel (Ammoniak) in einer Bohrung bereits bei niedrigen Temperaturen (auch unter 0°C, ca. -20°C) und niedrigen Absolutdrücken verdampft und so vom ersten Tiefenmeter an, Erdwärme aufnimmt. Die thermische Leistung im kW bis MW-Bereich ist über den zirkulierenden Gasstrom regulierbar. Die Bohrung kann über einen zweiten Regelkreislauf zur gleichzeitigen Abgabe von Kühl- und Kälteleistung genutzt werden. Damit wird höchst mögliche Leistung mit kleinstem Flächenbedarf für die Erdwärmesonde verbunden.

Obwohl alle Teilprozesse bereits in der thermischen Verfahrenstechnik bekannt sind, stellt die Anwendung in der Geothermie eine Sensation dar, weil damit erstmals ein standortunabhängiges, von äußeren Einflüssen, wie Sonne und Wind, freies, regeneratives Energiegewinnungsverfahren in die Nähe der Wirtschaftlichkeit zur üblichen Wärmeerzeugung (Gas, Oel) gebracht wurde. Die Bohrung liefert eine um das 5 bis 10 fache höhere thermische Leistung als alle bisherigen Wärmesonden.

„Das anfänglich so einfach erscheinende Wirkprinzip stellte eine echte Herausforderung an die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit dar,“ erinnert sich Wagner.
„Neben der komplizierten verfahrens- und automatisierungstechnischen Problemstellung sind Kenntnisse aus dem geologischen Untergrund gefragt.“

Durch eine kooperative Zusammenarbeit von Ingenieuren der Heizungs- und Kältetechnik der AmoTherm AG sowie den Wissenschaftlern der TU Bergakademie Freiberg am Institut für Bohrtechnik und Fluidbergbau gelang es, nicht nur die geothermische Wärmegewinnung zu optimieren, sondern auch die Anlagensicherheit zu stützen und die Langzeitprognose zu begründen.
Eine erste Anlage wurde zur Beheizung eines kombinierten Wohn- und Geschäftshauses in Coswig bei Dresden von der AmoTherm AG aus Meissen realisiert.
2 Bohrungen zu je 150m Tiefe liefern in Verbindung mit dem Verdichter eine thermische Leistung von 88 kW. Bei niedrigen Betriebskosten liegt die Reduzierung der CO2 Emission bei über 60%.

Das Leistungsangebot erstreckt sich von Wärmeleistungen von ca. 14 kW bis 70 kW für Einfamilienhäuser und Wohnkomplexe bis zu 1 MW für Großanlagen wie Sportkomplexe, Schwimmbäder und Industrieanlagen. Dabei können ca. 2/3 der Wärmeleistung je nach Bedarf für Klimatisierung rückgewonnen werden. Die Wärmepumpe soll Vorlauftemperaturen von minimal 45°C – 50°C liefern, um ohne zusätzliche Technik Heizung und Brauchwasser zur Verfügung zu stellen. Spezielle Niedertemperaturheizflächen wie Fußbodenheizung, Wandheizungen, Deckenheizungen, Betonkerntemperierungen sind optimal, aber nicht zwingend erforderlich, so dass die Anlagen sowohl bei Neubauvorhaben als auch bei Sanierungen eingesetzt werden können. Zusätzliche Heizquellen entfallen. Aufstellungsflächen im Haus werden nicht benötigt, da sich die Anlagentechnik außerhalb des Gebäudes in einem kleinen unterirdischen Bauwerk befindet. Dieser Platz kann wieder begrünt oder als Parkfläche genutzt werden. Die Anlage kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt ohne Beeinträchtigung der Nutzung und des Zustandes des Gebäudes innerhalb einer Woche errichtet werden, sofern die Baufreiheit für das Aufstellen eines leichten Bohrgerätes gegeben ist.

Die Wissenschaftler der TU Bergakademie und die Ingenieure der AmoTherm AG sind optimistisch, dass das neue Verfahren eine Revolution auf dem Gebiet der Gebäudeheizung und -klimatisierung darstellt und sich auf dem Markt durchsetzen wird.

Kontakt :
TU Bergakademie Freiberg
Institut für Bohrtechnik und Fluidbergbau
Agricolastr. 22,
09596 Freiberg
Fax : (03731) 39 2502,
E-Mail : steffen.wagner@tbt.tu-freiberg.de
Prof. Frieder Häfner Tel. : (03731) 39 2033
PD Dr. Steffen Wagner Tel. : (03731) 39 2830

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Katrin Apenburg idw

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