Frühkindliche Hörstörungen und ihre Folgen
Frühkindliche Hörstörungen, die nicht rechtzeitig erkannt und versorgt werden, können zu nicht mehr kompensierbaren Spätfolgen führen. Aufgrund einer mangelhaften oder sogar fehlenden Aufnahme akustischer Reize kann es zu einer Reifungsverzögerung der Hörbahn kommen. Dies hat sekundäre Funktionsstörungen der Informationsverarbeitung zur Folge, die für die betroffenen Kinder lebenslange Konsequenzen haben können. Diese Kinder leiden unter anderem an Sprachentwicklungsverzögerungen. Zu diesem Ergebnis gelangen Dr. Martin Walger und Dr. Daniel Tibussek in Untersuchungen, die sie in der Audiologie und Pädaudiologie der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Universität zu Köln erstellten.
Die beiden Kölner Mediziner heben die Bedeutung der sensiblen Phase der Hörbahnreifung hervor, innerhalb derer das frühkindliche Gehör besonders empfindlich für fehlende akustische Reize ist. Störungen, die in dieser Phase auftreten, können aber aufgrund der Plastizität des Hörbahnsystems mit Erfolg geheilt oder kompensiert werden, wenn sie innerhalb der sensiblen Phase versorgt werden z. B. durch hörverbessernde Operationen, den Einsatz von Hörgeräten oder, bei Taubheit, durch Innenohrprothesen. Nach Ablauf dieser Phase ist ein deutlich geringerer Rehabilitationserfolg zu erwarten. Im Erwachsenenalter auftretende Hörstörungen zeigen keinerlei Beeinträchtigungen der zentralen Hörbahn durch den mangelnden akustischen Input. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die zentrale Hörbahn ihren vollen Reifegrad erreicht hat.
Fast die Hälfte der Hörstörungen der untersuchten Kindern ist nicht angeboren, sondern erworben und betrifft in 75 Prozent beide Ohren, seltener nur ein Ohr. Die Ursache ist in den meisten Fällen eine Mittelohrentzündung oder Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln oder Scharlach.
Den direkten Nachweis von Reifungsstörungen der zentralen Hörbahn konnten Dr. Walger und Dr. Tibussek mit Hilfe objektiver Hörprüfverfahren – der Registrierung früher akustisch evozierter Potentiale (FAEP) – erbringen. So waren bei hörgestörten Kindern die neuronalen Weiterleitungszeiten der FAEP in Abhängigkeit vom Grad der Hörminderung gegenüber der Norm signifikant verzögert. Diese Reifungsstörungen waren unabhängig von der Art der Schwerhörigkeit und traten besonders deutlich bei frühzeitig entstandenen Hörstörungen auf.
Diese Ergebnisse sind wichtige Belege für die Existenz sensibler Phasen in der kindlichen Hörentwicklung. Sie unterstreichen die vielerorts erhobenen Forderungen nach Einführung eines universellen Hörscreenings aller Neugeborenen auf der Basis objektiver Hörprüfungen, um möglichst noch im ersten Lebenshalbjahr geeignete Therapie- und Fördermaßnahmen einleiten zu können.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Martin Walger unter der Telefonnummer 0221/478-4769, der Fax-Nummer 0221/478-3581 und unter der Email-Adresse martin.walger@uni-koeln.de zur Verfügung.
Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).
Für die Übersendung eines Belegexemplars wären wir Ihnen dankbar.
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit
Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.
Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.
Neueste Beiträge
Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik
Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…
Datensammler am Meeresgrund
Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…
Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert
Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…