Fußgängerschutz dank Technobein
Im vergangenen Jahr starben in Deutschland »nur« knapp 7 000 Menschen im Straßenverkehr, also rund 19 täglich. Dieser, seit 1953 historische Tiefstand, der wohl Airbags und Anti-Blockier-Systemen zu verdanken ist, stellt jedoch für Sicherheitstechniker keinen Anlass dar, die Hände in den Schoß zu legen. Ziel einer EU-Norm ist es, innerhalb der kommenden acht Jahre die Anzahl der Verkehrstoten fast zu halbieren. Ein deutliches Augenmerk richtet sich auch auf Fußgänger, die immerhin zu einem Siebtel in die traurige Statistik eingehen. Da gerade sie kaum Knautschzonen bieten, sind die Fahrzeughersteller gefordert, die Verletzungsgefahr über das Design ihrer Karossen zu verringern. Wissenschaftlich fundiert untersucht daher auch das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik EMI, was passiert, wenn Mensch und Maschine aufeinander prallen.
»Angeregt durch das Unternehmen Peguform haben wir unsere bestehende Crashanlage erweitert«, erläutert Jürgen Herrmann, der das Projekt zum Fußgängerschutz leitet. »Mit dem 16 Meter langen Druckluftschlitten können wir Nutzlasten bis zu einer halben Tonne beschleunigen. Da Knieverletzungen und Schienbeinbrüche die Unfallstatistik bei Fußgängern anführen, haben wir einen mit Sensoren bestückten Bein-Impaktor gebaut.« Im technischen Pendant der menschlichen Extremität verpackten die Wissenschaftler ein Metallgelenk mit Ober- und Unterschenkel in Kunststoffschaum und Neopren. Materialien und Abmessungen gehen auf Vorschläge der EEVC zurück. In dieser Stiftung untersuchen Industrieunternehmen und schweizer Forschungsinstitute die Mechanik von Unfällen.
Herrmann erklärt einen »Unfallhergang«, den Hochgeschwindigkeitskameras aufzeichnen: »Mit typischerweise 40 km/h knallt das Technobein auf Fahrzeugfronten. Im Moment des Aufpralls erfassen die Sensoren zeitlich aufgelöst mehrere Messgrößen. Neben der Bremsbeschleunigung des Beins sind der Knickwinkel und Scherversatz des Kniegelenks wichtig, denn sie bestimmen maßgeblich den Zerstörungsgrad eines realen Beins.« Ziel ist es vor allem, den EEVC-Normvorschlag zu erweitern, indem das Technobein noch umfassendere Daten liefert. Auch die Fahrzeugfront kann mit weiteren Messwertgebern ausgestattet werden. Noch ist es zu früh, dass Autohersteller an die Institutstür klopfen. Doch bereits jetzt werden in crashMat, dem im April eingeweihten »Freiburger Zentrum für crashrelevante Werkstoffcharakterisierung, Simulation und Bauteilprüfung« wertvolle Daten und Erkenntnisse gewonnen.
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Jürgen Herrmann
Telefon 07 61 / 27 14-3 58
Fax 07 61 / 27 14-3 16
Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik
Ernst-Mach-Institut EMI
Eckerstraße 4
79104 Freiburg
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