Schicht zwischen Isolatoren leitet wie ein Metall
Wissenschaftler an der Technischen Universität Delft haben festgestellt, dass die Grenzschicht zwischen zwei organischen Molekülen, die an sich Isolatoren sind, Strom praktisch wie ein Metall leitet. Die Forscher vermuten, dass dieser Effekt bei organischen Materialien, die in der Kunststoff-Elektronik verwendet werden, verbreitet auftreten dürfte.
„Das Phänomen könnte sehr wichtig sein“, meint daher Teamleiter Alberto Morpurgo gegenüber pressetext. Beispielsweise könnten organische Schaltkreise für besonders flexible Elektronik leicht zu verwirklichen sein.
Überraschend einfach ist, wie die Forscher die hohe Leitfähigkeit erreichen konnten. Sie haben zwei Kristalle aus unterschiedlichen organischen Molekülen – Tetrathiofulvalen (TTF) und Tetracyanoquinodimethan (TCNQ) – mechanisch in Kontakt gebracht. „Wir mussten sie nicht einmal zusammenpressen“, betont Morpurgo. Die Materialien haften von selbst aneinander und es entsteht eine weniger als zwei Nanometer dicke Grenzschicht, die außergewöhnlich gut Strom leitet und sich dabei praktisch wie ein Metall verhält. Unter anderem sinkt der elektrische Widerstand mit der Temperatur. Der bei TTF und TCNQ beobachtete Effekt dürfte auch bei vielen anderen organischen Materialpaaren auftreten, so die Forscher.
„Derzeit ist das sehr aufregende Grundlagenforschung“, betont Morpurgo. Die praktischen Auswirkungen könnten aber weitreichend sein, denn organische Moleküle sind gängige Werkstoffe in der Kunststoff-Elektronik, beispielsweise in biegsamen Displays oder flexiblen Solarzellen. Transistoren könnten komplett aus Molekülen gefertigt werden und auch gänzlich ohne metallische Kontakte auskommen, sieht Morpurgo eine potenzielle Anwendung. Die Herstellung könnte sich als einfach erweisen und die Flexibilität von elektronischen Elementen insgesamt verbessert werden, vermutet der Wissenschaftler.
Die Arbeit der Forscher wurde vom Journal Nature Materials vorab online veröffentlicht. In einem kommentierenden Beitrag bestätigen an der Universität Augsburg tätige Wissenschaftler das Potenzial der Entdeckung. An derartige Grenzflächen könnten interessante physikalische Eigenschaften wie beispielsweise Supraleitung erzielt werden. Besonders interessant sei die Möglichkeit, neue Klassen organischer Elektronik zu erschließen, die mit bisherigen Techniken nicht verwirklicht werden konnten.
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