Arm und Reich rücken immer mehr auseinander
Diese These wurde kürzlich auf der UDE-Tagung „Armut und soziale Teilhabe unter räumlicher Perspektive“ diskutiert, die mit 160 Teilnehmern aus Wissenschaft, Sozialverwaltung und Verbänden sehr gut besucht war.
Veranstalter war das Institut für Soziale Arbeit und Sozialpolitik an der Universität Duisburg-Essen, die Gesellschaft für Sozialen Fortschritt e.V. und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW. Klammer kritisierte in diesem Rahmen auch, dass diese immer wichtiger werdende Perspektive im aktuellen, 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kaum beachtet wird.
Dass die sozialräumlich differenzierte Betrachtung von Armutsphänomenen gerade auch für die Universitätsstädte Essen und Duisburg von Bedeutung ist, ist aus den Daten der Sozialberichterstattung offensichtlich. Für Duisburg weist der städtische Sozialbericht 2007 Arbeitslosenquoten zwischen niedrigen 3,9% in Baerl und deutlich über 13 Prozent in Stadtteilen wie Ruhrort, Hochfeld und Marxloh aus. Während im Bezirk Süd nur rund 8 Prozent der Bevölkerung auf SGB II-Leistungen (Hartz IV) angewiesen sind, sind es in den Bezirken Hamborn und Meiderich-Beeck fast ein Viertel der Einwohner.
In Essen, einer der Modellkommunen des kommunalen Kooperationsprojekts für den Landessozialbericht 2007, zeigt sich die räumliche Segregation z.B. darin, dass die Anteile der nichtdeutschen Bevölkerung in den 50 Stadtteilen zwischen 2,8 und 48,9 Prozent streuen, die Arbeitslosenquoten zwischen 3,8 und 23,5 Prozent sowie die Hilfedichte der Hartz IV-Empfänger zwischen 1,6 und 28 Prozent. Der Landessozialbericht 2007 stellt dementsprechend für Essen eine wachsende sozialräumliche Spaltung und Polarisierung der sozialen Lagen fest: „Arm und Reich, Alt und Jung, eingesessene und zugewanderte Bevölkerung rücken immer mehr auseinander“.
Weitere Tagungsthemen waren die zukünftige räumliche Entwicklung Deutschlands und die Gefahr der territorialen Abkopplung bestimmter Räume, die gesundheitliche Dimension räumlicher Ungleichheit sowie die Bildungschancen von Kindern in unterschiedlichen Regionen. Gefragt wurde auch danach, wieweit der auf den Nobelpreisträger Amartya Sen zurückgehende „Verwirklichungschancen-Ansatz“, dem neuerdings in der Armuts- und Reichtumsberichterstattung des Bundes eine große Bedeutung zugemessen wird, Potenziale für regionale Ansätze der Armutsbekämpfung enthalten könnte.
Auf dem abschließenden Podium setzten sich Experten und Expertinnen aus Wissenschaft, Politik und Sozialverwaltung mit der Frage auseinander, wie die Sozialberichterstattung im Hinblick auf die sozialräumliche Erfassung und Bekämpfung von Armut weiterentwickelt werden könnte. Die Vorträge der Tagung werden in Kürze auf der Website der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt e.V. dokumentiert (www.sozialerfortschritt.de); ein Schwerpunktheft der Zeitschrift „Sozialer Fortschritt“ zur Thematik der Tagung ist für das Jahresende 2008 geplant.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Ute Klammer, Tel. 0201/183-4210, ute.klammer@uni-due.de
Redaktion: Beate H. Kostka, Tel. 0203/379-2430
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