Neuer Nierensteinzertrümmerer von Professor der Hochschule Konstanz entwickelt
Ein weiterer Clou: Das Gerät kann auch auf anderen Heilgebieten eingesetzt werden, etwa bei der Heilung von chronischen offenen Wunden.
Konstanz (ac) Zertrümmerer haben mittlerweile die operative Entfernung von Nierensteinen weitgehend abgelöst. Das Verfahren funktioniert durch Stoßwellen, denen der Patient ausgesetzt wird. Sie zersetzen gezielt und mit extrem hohem Druck die Steine, so dass sie auf natürlichem Weg ausgeschieden werden. Die Behandlung geschieht über einem Therapiekopf, der auf den Körper aufgesetzt wird und die kurzen Stöße abgibt. Das Erzeugen der Wellen ist technisch sehr anspruchsvoll, teuer und mit beträchtlichen Energieverlusten behaftet.
Anspruchsvoll, weil zur Erzeugung ausreichender Stoßwellen die Energiespeicher auf einer Hochspannung von bis 25.000 Volt aufgeladen und anschließend in weniger als einer Millionstel Sekunde mit Strömen von etwa 5.000 Ampere entladen werden müssen. Der geladene Energiespeicher wird über einen Schalter im Therapiekopf entladen. Der Funke, der dabei entsteht, löst die Stoßwelle aus. Durch diese Verfahren verpufft ein Großteil der eingesetzten Energie wirkungslos.
Die Schalter in den Therapieköpfen sind sehr teuer und verschleißen sehr schnell. Außerdem handelt es sich dabei um so genannte Vakuumschalter, die auch zur Zündung von Nuklearwaffen geeignet sind. Dies bedeutet auch, dass die Geräte nicht in sensible Gebiete exportiert werden – für die dortigen Patienten ein großer Nachteil.
Doch nun können bald auch diese Menschen mit Stoßwellen therapiert werden. Denn Professor Manfred Gekeler von der HTWG Konstanz hat ein patentiertes Verfahren entwickelt, das die Geräte entscheidend energieeffizienter als bisher macht.
Gemeinsam mit dem Konstanzer Unternehmen MTS Europe wurden die ersten Geräte bereits gebaut und erfolgreich getestet.
Das Verfahren von Elektrotechnik-Professor Gekeler benutzt kostengünstige Niederspannungs- statt bisher Hochspannungselemente. Die Elemente sind so modularisiert, dass sie je nach benötigter Leistungsstufe gebaut werden können. Durch ein ausgefeiltes Verfahren wird sogar ein Großteil der eingesetzten Energie zurück gewonnen und wieder zur Erzeugung von Stoßwelle verwendet.
Entscheidend ist aber, dass die neuen Zertrümmerer dadurch keine teueren Schalter mehr brauchen. Das macht die Geräte nochmals erheblich preisgünstiger, insgesamt um etwa 800 Euro im Vergleich zu herkömmlichen Produkten. Außerdem fallen die Exportschranken in sensible Gebiete. Weiterer Vorteil: die tragbaren Geräte sind leichter und besser zu handhaben als bisher.
Die Realisierung der Geräte gemeinsam mit MTS Europe bezeichnet Professor Gekeler als „beispielhaft für die Kopperation zwischen unserer Hochschule und den mittelständischen Unternehmen der Region“. Vor den ersten Kontakten über die Planung bis hin zum fertigen Gerät sei „alles erfreulich unkompliziert, unbürokratisch und schnell gelaufen“, berichtet Gekeler, dem man die Begeisterung über das Projekt regelrecht ansehen kann.
Die Vertreter der MTS berichten ebenfalls begeistert über die Kooperation mit der Hochschule. Reiner Schultheiss, Direktor für Forschung und Entwicklung lobt „den offenen Informationsaustausch, die Professionalität, die hohe Ingenieurkunst und die umfassenden Fachkenntnisse“ des Hochschulteams.
„Professor Gekeler und sein Mitarbeiter Sebastian Franz hatten immer schnell eine Lösung parat, die das Gerät noch besser machte“, sagt Schultheiss. Und Nikolaus Hopfenzitz, CEO der MTS, meint, das Projekt sei „das beste, das wir bisher gemeinsam mit einer Hochschule durchgeführt haben“.
MTS und die Hochschule Konstanz profitieren auch personell von der Kooperation: viele Studenten absolvieren ihr Praxissemester bei MTS, das Unternehmen beschäftigt darüber hinaus etliche Absolventen.
Für die Patienten weltweit bedeutet die Neuentwicklung eine bessere und preiswertere Behandlung als bisher – nicht nur bei Nierensteinen.
Denn das Gerät kann auch auf anderen medizinischen Gebieten angewendet werden, etwa in der Orthopädie, bei der Heilung von Hautkrankheiten und offenen Wunden etwa infolge von Diabetes, Frakturen oder Verletzungen. In der Testphase ist derzeit auch der Einsatz bei Eingriffen am offenen Herzen. Reiner Schultheiss bezeichnet die Möglichkeiten des neuen Stoßwellentherapiegerätes als „revolutionär“.
Kontakt:
Prof. Dr. Manfred Gekeler
Hochschule Konstanz (HTWG)
E-Mail: gekeler@htwg-konstanz.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.htwg-konstanz.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
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