K2P-Kanäle – vom Molekül zur Physiologie und Pathophysiologie
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat eine überregionale Forschergruppe (FOR 1086) eingerichtet.
Die Forschergruppe befasst sich mit dem Thema „K2P-Kanäle – vom Molekül zur Physiologie und Pathophysiologie“; es sind sowohl Grundlagenforscher als auch Kliniker aus Marburg, Münster, Jena, Würzburg und Regenburg beteiligt. Sprecher der Forschergruppe ist der Marburger Physiologe Professor Jürgen Daut, sein Stellvertreter ist Professor Thomas Budde aus Münster.
Die K2P-Kanäle sind die zuletzt entdeckte Gruppe von Kaliumkanälen. Im menschlichen Genom gibt es 15 verschiedene K2P-Kanal-Gene, fünf davon wurden zuerst von Mitgliedern der AG Zellphysiologie am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Universität Marburg gefunden und charakterisiert.
Die K2P-Kanäle sind Ionenkanäle, die ausschließlich für Kaliumionen durchlässig sind. Der Name der K2P-Kanäle leitet sich aus der Tatsache ab, dass in dem Kanalprotein zwei sogenannte Porendomänen vorhanden sind. Der Ionenkanal bildet jedoch nur eine einzige Pore, welche die Zellmembran überbrückt; die Pore besteht aus zwei K2P-Kanal Molekülen und wird durch insgesamt vier „Porendomänen“ begrenzt.
Die Membran der Zellen unseres Körpers ist normalerweise für geladene Teilchen, wie zum Beispiel Natrium-, Chlorid- oder Kaliumionen, undurchlässig. Ionenkanäle bilden Poren in der Zellmembran, durch die bestimmte Ionen hindurch treten können, je nachdem ob die entsprechenden Kanäle geöffnet sind oder nicht.
Das Öffnen bzw. Schließen dieser ionenselektiven Kanäle steuert die Funktion der Zellen und damit die Funktion der Organe bzw. des ganzen Organismus. Die K2P-Kanäle werden auf sehr komplexe Weise reguliert; sie werden durch Neurotransmitter, durch Fettsäuren und andere Lipide, durch mechanische Dehnung der Membran, durch Temperaturänderung sowie zahlreiche andere Mechanismen aktiviert oder gehemmt. K2P-Kanäle sind in vielen Nervenzellen unseres Gehirns vorhanden. Einige der K2P-Kanäle werden durch Inhalationsanästhetika, also die Medikamente, die bei Narkose zum Verlust des Bewusstseins führen, aktiviert; die Aktivierung dieser Kanäle bestimmten Zellen des Zwischenhirns vermindert die Erregbarkeit dieser Zellen und löst dadurch wahrscheinlich die Narkosewirkung aus.
K2P Kanäle spielen aber auch im Herzen, in den Blutgefäßen, in den hormonproduzierenden Zellen der Nebenniere und vielen anderen Zellen unseres Körpers eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass K2P-Kanäle potentielle Zielproteine für Medikamente sind und dass sich daraus neue strategische Möglichkeiten zur Behandlung einer Reihe von Krankheiten bieten. Die klinisch relevanten Prozesse, an denen diese Ionenkanäle beteiligt sind, umfassen unter anderem Anästhesie, Epilepsie, Schmerz¬wahrnehmung, Atmungsregulation, Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Arteriosklerose, Störungen der Hormonsekretion und bestimmte Krebsformen.
Die jetzt von der DFG eingerichtete Forschergruppe führt die in Deutschland auf diesem Gebiet profiliertesten Arbeitsgruppen zu einem gemeinsamen Projekt zusammen: die Aufklärung der Funktion der K2P-Kanäle, von der Genetik und der Molekülstruktur bis hin zur Rolle der Kanäle bei der Entstehung verschiedener Krankheiten. Die Marburger Mitglieder der Forschergruppe sind PD Dr. Niels Decher und Prof. Dr. Jürgen Daut vom Institut für Physiologie und Pathophysiologie sowie PD Dr. Ralf Köhler und Prof. Dr. Joachim Hoyer aus der Klinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Nephrologie, des Universitätsklinikums Giessen und Marburg.
„Die Expertise der sechs Antragsteller ergänzt sich hervorragend und die beteiligten Wissenschaftler verstehen sich auch persönlich sehr gut, so dass ich erwarte, dass die Einrichtung der DFG-Forschergruppe eine ganze Reihe produktiver Kooperationen ermöglichen wird“, erklärte Prof. Daut.
Einzelheiten über die geplanten Forschungsprojekte sind auf der Website der Forschergruppe zu finden: http://web.uni-marburg.de/physiology/for1086/index.html
Weitere Informationen:
Ansprechpartner ist Prof. Dr. Jürgen Daut (Fachbereich Medizin, Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Philipps-Universität Marburg).
Telefon: 06421 28-66494
E-Mail: jdaut@staff.uni-marburg.de
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