Mit unterirdischen Blumentöpfen den Wasserverbrauch von Bäumen messen
Für einen Tag stand ein äußerlich unscheinbares Stück Wald in Brandenburg im Mittelpunkt des Interesses: Am 8. September besuchten Ökologen und Forstfachleute aus dem In- und Ausland auf einer Exkursion die Standorte Eberswalde und Britz, in denen das Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) die größten und ältesten Lysimeter-Stationen der Welt betreibt. Mit diesen Anlagen erforschen die Wissenschaftler das komplizierte Wechselspiel zwischen Wald und Wasser.
Wie viel Wasser verbrauchen bestimmte Baumarten im Rein- oder im Mischbestand? Inwieweit tragen Wälder zur Grundwasserbildung bei? Solche Fragen werden gerade in Gebieten mit rückläufigen Niederschlagsmengen wie Brandenburg von immer größerer Bedeutung. Und Lysimeter sind wichtige Hilfsmittel, um darauf Antworten zu finden. Dr. Jürgen Müller, Forsthydrologe am vTI-Institut für Waldökologie und Waldinventuren in Eberswalde und Leiter der Exkursion, erläutert ihre Funktionsweise:
„Lysimeter sind mit Erde gefüllte Behälter, die das durch den Boden nach unten sickernde Wasser in Menge und Qualität messbar machen. Mit ihnen lässt sich der Stoff- und Wasserhaushalt von Vegetation und Vegetationsdecken ermitteln.“ Im Prinzip ließe sich ein Lysimeter mit einem Blumentopf vergleichen, so der Experte. Wenn die tägliche Gießmenge und die am Boden auslaufende Wassermenge bekannt sind und die Feuchtedifferenz des Topfes zwischen Abend und Morgen mit einer Küchenwaage ermittelt wird, ergibt sich der tägliche Wasserverbrauch der Pflanze im Topf. Handelt es sich bei den Pflanzen um Bäume, verschieben sich natürlich die Maßstäbe: Die in den Waldböden des vTI-Geländes eingegrabenen „Blumentöpfe“ haben eine Oberfläche von 100 Quadratmetern und sind 5 Meter tief.
Der Forstwissenschaftler des von Thünen-Instituts erläuterte auf der Exkursion nicht nur innovative Messverfahren zur Erfassung des Wasserflusses, sondern präsentierte auch neue Ergebnisse zum Wasserhaushalt unterschiedlicher Baumarten. Müller: „Wir konnten zeigen, dass die Kiefernbestände im Alter zwischen 20 und 50 Jahren fast den gesamten Niederschlag verdunsten, unter Buchenwäldern jedoch mehr als 20 Prozent des Jahresniederschlages in die Tiefe sickern und dem Grundwasser zufließen. Und das Sickerwasser unter dem Wald ist von guter Qualität!“
Die forstmeteorologische und -hydrologische Forschung hat im Eberswalder Raum eine lange Tradition. Bereits im Jahr 1876 wurden hier erste vergleichende Untersuchungen zum Freiland- und Waldinnenklima durchgeführt, 1907 folgten erste Untersuchungen zum Wasserhaushalt junger Waldbäume auf Kleinlysimetern.
Die Frage nach dem Einfluss unterschiedlicher Baumarten auf Verdunstung und Grundwasserneubildung war 1972 der Anlass für den Bau von Großlysimetern am Standort Britz bei Eberswalde. Damit werden Möglichkeiten und Bedingungen erforscht, ob und wie Grundwasserneubildung und Verdunstung durch Änderungen in der Baumartenzusammensetzung und Waldstruktur beeinflusst werden können.
Klimaexperten prognostizieren für Brandenburg, einer der niederschlagsärmsten Regionen Deutschlands, eine Erhöhung der Jahresmitteltemperatur, einen weiteren Rückgang der Jahresniederschläge und eine Verstärkung der Extremwettersituationen. Mehr als ein Drittel der Fläche Brandenburgs ist bewaldet. Deshalb sind Untersuchungen zu den Zusammenhängen von Wald und Wasser von besonderem Interesse. Neben Forschungen zur Rolle des Waldes im Landschaftswasserhaushalt untersucht das Eberswalder vTI-Institut in einem weiteren Schwerpunkt auch das Wachstum der Wälder bei weniger werdenden Wasserressourcen.
Für nähere Informationen steht Ihnen zur Verfügung:
Dr. Jürgen Müller,
Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI),
Institut Waldökologie und Waldinventuren,
16225 Eberswalde
Telefon: 03334 / 65-335, E-mail: juergen.mueller@vti.bund.de
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