Präzisere Gehirn-Operationen per Laserstrahl
Forscher des Max-Born-Instituts für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) wollen in dem von der EU geförderten Verbundprojekt MIRSURG (Mid-Infrared Solid-State Laser Systems for Minimally Invasive Surgery) einen Laser entwickeln, der minimalinvasive Operationen am Gehirn ermöglicht.
Der Laser soll eine sehr hohe Pulsenergie und hohe mittlere Leistung aufweisen und eine Wellenlänge von 6,45 Mikrometern haben. Experimente haben gezeigt, dass Laserlicht bei dieser Wellenlänge vor allem durch nichtwässrige Komponenten des Gehirngewebes absorbiert wird, wodurch besonders präzise Schnitte möglich werden. Dies ist besonders bei Tumoroperationen wichtig.
Herkömmliche Laser zum Abtragen von Gewebe arbeiten mit 2, 3 oder 10,6 Mikrometern Wellenlänge. Hier wird das Gewebe abgetragen, weil das darin enthaltene Wasser das Licht absorbiert und verdampft. Die Idee, neurochirurgische Operationen mit Lasern mittlerer infraroter Wellenlänge durchzuführen, gibt es schon seit mehr als 15 Jahren. Bisher konnte sie jedoch nicht umgesetzt werden, weil handhabbare Laser in diesem Wellenlängenbereich nicht existierten.
Dass Gehirn-OPs mit einer Wellenlänge von 6,45 Mikrometern zu guten Ergebnissen führen, zeigten frühere Tests in den USA mit Freie-Elektronen-Lasern (FELs). Solche Laser sind Synchrotronstrahlungsquellen, die kohärente Strahlung mit sehr hoher Brillanz erzeugen. Sie lassen sich auf beliebige Wellenlängen einstellen. Die Operationen erfolgten an extra zu diesem Zweck eingerichteten Messplätzen des FELs. Für den Routineeinsatz sind die FELs jedoch ungeeignet, weil sie an die großen und immens teueren Teilchenbeschleuniger gekoppelt sind. Diese liefern auch durch Ausfälle und Reparaturzeiten nicht immer zuverlässig Strahlung, außerdem fehlen die Voraussetzungen für die Intensivmedizin.
Im Rahmen eines Konsortiums aus fünf europäischen Forschungseinrichtungen und vier Unternehmen wollen MBI-Forscher um Dr. Valentin Petrov nun sogenannte Table-Top-Laser – also Geräte, die auf einen Tisch passen – entwickeln, die sich für den routinemäßigen Einsatz in der Neurochirurgie eignen. Dabei handelt es sich um Festkörper-Laser, die Licht der Wellenlänge von 1 oder 2 Mikrometern ausstrahlen. Durch so genannte optisch-parametrische Oszillatoren, die auf Kristallen basieren, in denen sich nichtlinear-optische Prozesse abspielen, wird die Wellenlänge dann ins mittlere IR umgewandelt. Besondere Herausforderung für die Forscher ist es, die spezifische zeitliche Struktur, die zu dem erwünschten Effekt führt, mit robuster und zuverlässiger „all-solid-state“-Lasertechnologie zu realisieren.
Das dreijährige Projekt wird durch das 7. Rahmenprogramm (Information and Communication Technologies) in einer Höhe von 2,8 Millionen Euro gefördert, das Gesamtbudget des Projektes beträgt 3,9 Millionen Euro. „In dieser Zeit wollen wir die technologische Machbarkeit zeigen. Für die Geräteentwicklung und Klinikstudien müsste es dann ein Folgeprojekt im Programm ,Gesundheit‘ geben“, sagt Petrov. Gelingt es den Forschern, die Technologie zu etablieren, sieht Petrov noch weitere Anwendungsmöglichkeiten für solche Laser im mittleren IR in der Medizin aber auch in den Bereichen Sicherheit, Umwelt und Nanotechnologie.
Partner im Projekt MISURG:
Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e.V., Deutschland (Koordinator); · Thales Research and Technology, Frankreich; Institute of Photonic Sciences, Spanien; · Lisa Laser Products, Deutschland; French-German Research Institute of Saint-Louis, Frankreich; Bright Solutions, Italien; Royal Institute of Technology, Schweden; Euroscan Instruments, Belgien; The University Medical Center Utrecht, Niederlande
Kontakt:
Dr. Valentin Petrov,
Max-Born-Instituts für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie
Tel.: 030 6392 1281, E-Mail: petrov@mbi-berlin.de
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.
Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.
Neueste Beiträge
Kompaktes LCOS-Mikrodisplay mit schneller CMOS-Backplane
…zur Hochgeschwindigkeits-Lichtmodulation. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS haben in Zusammenarbeit mit der HOLOEYE Photonics AG ein kompaktes LCOS-Mikrodisplay mit hohen Bildwiederholraten entwickelt, das eine verbesserte optische Modulation ermöglicht….
Neue Perspektiven für die Materialerkennung
SFB MARIE geht in 3. Förderperiode: Großer Erfolg für die Terahertz-Forschung: Wissenschaftler:innen der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum erforschen die mobile Materialerkennung seit 2016 im Sonderforschungsbereich/Transregio MARIE. Mit 14,8…
Fahrradhelme aus PLA: Sportartikel mit minimiertem CO2-Fußabdruck
Design, Lifestyle und Funktionalität sind zentrale Kaufkriterien bei Sportartikeln und Accessoires. Für diesen boomenden Markt werden viele Produkte aus Asien nach Europa eingeführt, die nicht ökologisch nachhaltig sind. Forschende des…