Hoffnung für Gluten-Allergiker

Ein besonderes Merkmal des ständig wachsenden Wissenschaftsstandortes Bremerhaven sind die zahlreichen Projekte mit internationaler Bedeutung, die an Bremerhavener Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen werden. Foto: B. Lammel/SIMcOS GmbH

Bremerhavener Wissenschaftler helfen Zöliakie-/ Sprue-Patienten

Ein besonderes Merkmal des ständig wachsenden Wissenschaftsstandortes Bremerhaven sind die zahlreichen Projekte mit internationaler Bedeutung, die an Bremerhavener Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen werden. Foto: B. Lammel/SIMcOS GmbH
Die Seestadt Bremerhaven entwickelt sich immer mehr zu einem Zentrum für erfolgreiche Entwicklungen in der Lebensmittelindustrie. Ein besonderes Merkmal des ständig wachsenden Wissenschaftsstandortes sind die zahlreichen Projekte mit internationaler Bedeutung, die an Bremerhavener Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen werden. Eine erneute Erfolgsmeldung kommt vom European Institute of Baking Technology (EIBT), Teil des Bremerhavener Instituts für Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik (BILB): Die Europäische Kommission hat die Finanzierung für das Projekt „SNP-Bread“ (Development of new gluten-free baked goods with improved structural und nutritional properties) genehmigt. Inhalt des Projektes: Die BILB-Wissenschaftler wollen neue glutenfreie Backwaren mit verbesserten Struktur- und Nähr-Eigenschaften entwickeln – die Vorarbeiten laufen bereits auf Hochtouren.

Eine gute Nachricht ist dies für alle, die das Klebereiweiß Gluten, das aus den Eiweißbestandteilen Gliadin und Glutenin besteht, nicht vertragen. Die Zöliakie oder Sprue, wie sie bei Erwachsenen genannt wird, ist eine chronische Erkrankung, die bei entsprechender erblicher Veranlagung durch den Verzehr glutenhaltiger Speisen ausgelöst wird. Im Durchschnitt ist etwa einer von 1.000 Menschen in Deutschland von Zöliakie/Sprue betroffen. In Westirland liegt die Rate mit etwa 1:300 europaweit am höchsten. Die Dunkelziffer gilt jedoch als sehr hoch, da die Beschwerden oft überhaupt nicht oder erst spät als echte Krankheit erkannt werden.

Zöliakie-Patienten dürfen unter anderem kein herkömmliches Brot, Kuchen und auch keine Nudeln zu sich nehmen. Das beispielsweise in Weizen, Dinkel, Grünkern, Einkorn, Emmer und Kamut enthaltene Klebereiweiß Gluten führt zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut; ebenso ähnliche Eiweißkörper in Roggen, Gerste und Hafer. Durch die Beeinträchtigung der Dünndarm-Funktion wird die Aufnahme von Nährstoffen gestört. Folgen: Durchfälle, Fettstühle, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und weitere zahlreiche Folgeerscheinungen. Derzeit gibt es nur eine „Behandlung“: eine lebenslange strikt glutenfreie Diät. „Fertige“ Lebensmittel und Zutaten wie Mehl, Grieß, Brot, Gebäck, Paniermehl, Teigwaren, Saucen, Kuchen, Waffeln, Bier etc. dürfen also nicht verzehrt werden. Wer langfristig keine glutenfreie Diät einhält, geht außerdem ein erhöhtes Risiko ein, an Krebs, insbesondere Darmkrebs, zu erkranken.

Zwar können Zöliakie-Patienten Ersatzprodukte wie Mehle, Brote, Gebäck, Teigwaren und Süßigkeiten aus Apotheken, Reformhäusern und Drogerien zu sich nehmen. Doch das angebotene Warensortiment ist sehr eingeschränkt. Bei der Herstellung von glutenfreien Produkten treten immer wieder Schwierigkeiten auf, denn Gluten ist der Bestandteil, der dem Nahrungsmittel die entsprechende Struktur verleiht. So sorgen die Klebereiweiße beim Brotbacken zum Beispiel dafür, dass sich ein feinporiger, lockerer Teig bildet.

Die wenigen Lebensmittel, die im Rahmen einer glutenfreien Ernährung bisher eingesetzt werden, sind häufig geschmacksarm und grobkörnig. Daher möchte das BILB im Projekt „SNP-Bread“ moderne Bäckerei-Technologien, die noch nicht in der Herstellung von glutenfreien Produkten angewendet wurden, mit innovativen Zutaten und Rohstoffen, die das Gluten ersetzen sollen, kombinieren. Die Wissenschaftler richten ihren Fokus bei der Entwicklung des Ersatzstoffes ganz auf die sensorische Akzeptanz des Verbrauchers. Erfolgreiche Voruntersuchungen wurden durch das BILB und eine regionale Bäckerei mit Förderung der BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH durchgeführt.

Die neuen Produkte sollen auf glutenfreien Mehlen wie zum Beispiel Reis- und Maismehl basieren. Bisher erwies sich zum Beispiel das Brotbacken mit diesen Mehl-Arten als schwierig. Die „SNP-Bread“-Mitarbeiter erarbeiten nun innovative Rezepturen mit geeigneten natürlichen Zutaten, die sich mit den glutenfreien Mehlen verbinden lassen. Die Test-Ergebnisse sollen die Basis für Nahrungsmittel bilden, die schmackhaft sind und zudem die dafür entsprechende Struktur aufweisen.

Die Lebensmitteltechnologie wird als wissenschaftliche Fachrichtung in der Seestadt Bremerhaven nicht nur im BILB betrieben. Das Biotechnologiezentrum Bio-Nord, das momentan im Herzen des Bremerhavener Fischereihafens entsteht und unter dem wissenschaftlichen Management des BILB steht, richtet seinen Fokus neben der Blauen Biotechnologie auch auf die Lebensmitteltechnologie. Es bietet neben einem gut ausgestatteten Technikum, welches jungen Unternehmern zur Verfügung steht, Büro- und Laborflächen, die von Biotech-Unternehmen zu günstigen Konditionen angemietet werden können. Das zukunftsorientierte Zentrum öffnet im Frühjahr kommenden Jahres seine Türen. Wer mehr über Bio-Nord wissen möchte, kann sich an Nils Schnorrenberger, Bereichsleiter bei der regionalen Wirtschaftsförderungsinstitution BIS, wenden, Tel: 0471/94646-60 oder E-Mail: schnorrenberger@bis-bremerhaven.de. Informationen über das EIBT-/BILB-Projekt „SNP-Bread“ sind direkt über das BILB zu erhalten: bilb@ttz-bremerhaven.de.

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Nadine Brickwedel idw

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