"Ein Kilogramm Kotelett lässt sich nicht für 4,90 Mark produzieren"
Rechtswissenschaftler diskutieren auf dem 5. Warnemünder Naturschutzrechtstag
den Entwurf des neuen Bundesnaturschutzgesetzes
Seit einigen Wochen liegt der Entwurf des neuen Bundesnaturschutzgesetzes vor. „Es gibt einige gute Ideen im Grundsätzlichen. Doch beim Instrumentarium greift das Gesetz nicht weit genug“, mahnt Prof. Detlef Czybulka an. Der Dekan der Juristischen Fakultät der Universität Rostock, Vorsitzender des Naturschutzbundes (NABU) in Mecklenburg-Vorpommern und Initiator der Warnemünder Naturschutzrechtstage. Er hat die fünfte Veranstaltung dieser Art, zu der am 22. und 23. Februar etwa 150 Verwaltungsfachleute und Juristen aus ganz Deutschland im Technologiepark des Ostseebades erwartet werden, bewusst der Diskussion des Gesetzesentwurfes gewidmet. Auch Bundestagsabgeordnete wollen am Naturschutzrechtstag, der in diesem Jahr vom Bundesamt für Naturschutz finanziell unterstützt wird, teilnehmen.
Aus Sicht von Prof. Czybulka ist die mangelnde Wirksamkeit der Eingriffs- und Ausgleichsregelung – wer der Natur beispielsweise durch Bau von Straßen und Versiegelung von Flächen Schaden zufügt, muss an sich an anderer Stelle angemessenen Ausgleich schaffen – ein Beispiel dafür, dass das neue Gesetz wichtige Probleme nicht genügend beachtet. „Generell setzt der Bund den Rahmen und die Länder müssen die Vorgaben umsetzen. Doch die Forderungen des Bundes sind oft nicht präzise genug. Außerdem fehlt es an der erforderlichen Erfolgskontrolle“, kritisiert Prof. Czybulka. Völlig vernachlässigt werde im Entwurf der Meeresnaturschutz, der für Küstenländer wie Mecklenburg-Vorpommern von großer Bedeutung sei.
Ein anderes Beispiel ist die Problematik Naturschutz und Landwirtschaft. „Der Beweis, dass die Landwirtschaft nicht weiter so betrieben werden kann wie bisher, wurde in den vergangenen Wochen ja gleich mehrfach geliefert“, sagt Prof. Czybulka und fordert für die Landwirte ähnliche Pflichten und Auflagen, wie es sie im technischen Umweltschutz schon lange gibt. „All das kann nicht immer mit Ausgleichszahlungen verbunden sein. Minimalnormen müssen her, die jeder landwirtschaftliche Betrieb zu erfüllen hat“, sagt Czybulka weiter und ist sich der sich daraus ergebenden, unpopulären Schlussfolgerung durchaus bewusst: Gute Lebensmittel sind nicht zum kleinen Preis erhältlich. „Ein Kilogramm Kotelett lässt sich nicht für 4,90 Mark produzieren, ohne dass der Landwirt in seiner Existenz gefährdet ist“, weiß der Jurist, dass naturverbundene Landwirtschaft auch vom Verbraucher mitgetragen werden muss.
Diese und weitere Probleme wollen die Fachleute auf den Naturschutzrechtstagen nicht nur diskutieren. „Es gilt, das richtige Sprachrohr für die Ergebnisse dieser interdisziplinären Tagung zu finden. Sie dürfen auf gar keinen Fall in Warnemünde bleiben“, sagt Prof. Wilfried Erbguth, Prorektor für Forschung an der Rostocker Universität. Er hofft, dass mit den Naturschutzrechtstagen Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren genommen werden kann, und zwar nicht nur auf Bundesebene, denn auch das Landesnaturschutzgesetz für Mecklenburg-Vorpommern wird derzeit überarbeitet.
Pressestelle (Anja Neutzling)
Ansprechpartner:
Prof. Detlef Czybulka
Tel. 0381-4983847
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