Fondslösung statt Auflösung


Die Bundesregierung muss der EU die Rückstellungspraxis der Kernkraftwerksbetreiber erläutern.

Gemeinsame Pressemitteilung
Freiburg/Wuppertal, 13.02.2001

Öko-Institut und Wuppertal Institut fordern die Überführung in einen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds. Man darf gespannt sein, wie die Bundesregierung bis zum 15. Februar EU-Kommissar Monti die derzeitige Praxis der steuerfreien Rückstellungsbildung der Kernkraftwerksbetreiber erklären wird. Sie muss darstellen, warum das keine verbotene Subvention im Sinne des europäischen Beihilferechts ist. Die Betreiberunternehmen haben mittlerweile mehr als 63 Mrd. DM für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der Kernkraftwerke steuerfrei zurückgestellt. Sollte die EU diese Rückstellungen als ungerechtfertigte Beihilfe werten, so müssten die Unternehmen sie auflösen und die dadurch anfallenden außerordentlichen Erträge versteuern. In diesem Fall hätte dies weitreichende Folgen für die Energiewirtschaft. Denn bisher haben die Kernkraftwerksbetreiber die Mittel aus Rückstellungen keineswegs nur für den Stillegungs- und Entsorgungsprozess genutzt, sondern auch, um sich im Verdrängungswettbewerb im Strommarkt an die Spitze zu setzen und sich in anderen Märkten wie z.B. der Informations- und Kommunikations-Branche mit ihren Milliarden zu positionieren.
Öko-Institut und Wuppertal Institut fordern, die Gelder ausschließlich für ihren eigentlichen Zweck einzusetzen und sie in einen öffentlich-rechtlichen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds zu überführen. Eine Fondslösung
– beseitigt die von EU-Kommissar Monti angeprangerte wettbewerbsverzerrende Wirkung der steuerfreien Rückstellungsbildung,
– belässt den Kernkraftwerksbetreibern den Anspruch auf die Gelder im Umfang der von ihnen geleisteten Fondsbeiträge und ist daher verfassungskonform,
– gewährleistet, dass die von den Stromkunden bezahlten Stillegungs- und Entsorgungsmilliarden sicher angelegt sind, und
– verhindert eine Zweckentfremdung der Gelder, die dazu führen kann, dass der Stromkunde als Steuerzahler am Ende ein zweites Mal zur Kasse gebeten wird.

„Die derzeit praktizierte Form der Rückstellungsbildung stellt eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung der Kernkraftwerksbetreiber und damit vor allem der großen Verbundunternehmen dar. Insofern ist es richtig, dass EU-Kommissar Monti diese Wettbewerbsverzerrung aufheben will. Die Rückstellungen wurden von den Stromkunden über die Strompreise gezahlt. Deshalb muss die unwiederbringliche Auflösung unbedingt vermieden werden“, betont Prof. Dr. Peter Hennicke, amtierender Präsident des Wuppertal Instituts für Klima Umwelt Energie. „Stilllegung, Rückbau und Entsorgung im Kernenergiebereich sind durch diese Rückstellungspraxis keineswegs gesichert“, ergänzt Christof Timpe, Koordinator des Bereichs Energie & Klimaschutz des Öko-Instituts. „Die gesamten Rückstellungen aufzulösen und zu besteuern“, so Christof Timpe weiter, „hätte zwar den Charme, dass ohne die entsprechenden Zinseinnahmen nur etwa die Hälfte der Kernkraftwerke wirtschaftlich weiterbetrieben werden können. Das haben unsere beiden Institute bereits vor einem Jahr in einer gemeinsamen Studie herausgefunden. (www.wupperinst.org/energie/produkte/pkb4130.html).
Eine unwiederbringliche Auflösung der Rückstellungen muss aber trotzdem vermieden werden. Nur so ist die Finanzierung von Stilllegung, Rückbau und Entsorgung im Kernenergiebereich sicherzustellen.“ Ein öffentlich-rechtlicher Fonds, wie ihn Öko-Institut und Wuppertal Institut vorschlagen, wird in der Schweiz bereits praktiziert. Sobald die im Fonds angesammelten Gelder für ihren eigentlichen Zweck benötigt werden, können sie von den Kernkraftwerksbetreibern angefordert werden.


Verantwortlich am Öko-Institut e.V.:
Dipl.-Ing. Christof Timpe,
Koordinator des Bereichs Energie & Klimaschutz
Öko-Institut e.V.
Postfach 6226, 79038 Freiburg
Tel. 0761-45295-33, Fax 0761-475437
E-Mail: timpe@oeko.de
http://www.oeko.de

Verantwortlich am Wuppertal-Institut:
Prof. Dr. Peter Hennicke

Ansprechpartner:
Dipl.-Ök. Wolfgang Irrek
Abteilung Energie
Wuppertal Institut Postfach 100480, 42004 Wuppertal
Tel. 0202 2492-164, Fax 0202 2492-198
E-Mail: Wolfgang.Irrek@wupperinst.org

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

Media Contact

Ilka Buchmann idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…