Wie heiß ist es im Inneren der Erde?
Neue Erkenntnisse von Forschern des Bayerischen Geoinstituts (BGI) der Universität über die Temperatur im Inneren unseres Planeten weisen darauf hin, dass die Temperaturen an der Kern-Mantel-Grenze in 2900 Km Tiefe in der Nähe von 4000 ˚C liegen. Bislang schwankten Schätzungen zwischen 3000 und 4000 ˚C.
Die Forschungsergebnisse der Gruppe um den Bayreuther Geowis-senschaftler Professor Dr. Hans Keppler (Bild) sind heute in dem renommierten US-Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlicht worden.
Im Zentrum der Erde herrschen Temperaturen bis über 4000 ˚C. Ein Teil dieser Wärme ist noch Gravitationsenergie von der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren; ein anderer Teil wird durch radioaktiven Zerfall ständig nachgeliefert. Die genaue Temperaturverteilung im Erdinneren ist jedoch nur ungenau bekannt. Dies liegt daran, dass die Aus-breitungsgeschwindigkeit von Erdbebenwellen nur sehr indirekte Aussagen über die Temperatur erlaubt.
Mit Hilfe von Erdbebenwellen kann man ähnlich wie bei einer Röntgenuntersuchung des menschlichen Körpers die innere Struktur der Erde abbilden. Leider lassen sich auf derartigen Bildern Temperatur-unterschiede nur ungenau erkennen. An der Kern-Mantel-Grenze in einer Tiefe von 2900 km liegen feste Gesteine über einem Kern von geschmolzenem, dünnflüssigem Nickel-Eisen. Manche Vulkangebiete sind verknüpft mit Strukturen im Erdmantel, die ihre Wurzeln direkt in dieser Grenzfläche haben. Die Temperatur an der Kern-Mantel-Grenze ist jedoch nur ungenau bekannt, Schätzungen schwanken zwischen 3000 und 4000 ˚C.
In einer Arbeit, die heute (5. Dezember 2008) in Science publiziert wurde, konnten Forscher des Bayerischen Geoinstituts an der Universität Bayreuth zeigen, dass die tatsächliche Temperatur in 2900 km Tiefe wohl eher in der Nähe von 4000 ˚C liegt.
Der Schlüssel zur Bestimmung der Temperaturverteilung im Erdinneren liegt in der Messung der Wärmeleitfähigkeit von Mineralen unter hohem Druck. Bei Temperaturen von einigen tausend ˚C würde man erwarten, dass Wärme sehr leicht durch Strahlung übertragen wird. Den gleichen Effekt kann man spüren, wenn man vor einem Kaminfeuer sitzt. Lange Zeit hatte man aber geglaubt, dass die Minerale des Erdmantels unter hohem Druck licht-undurchlässig werden, so dass Wärme nicht durch Strahlung übertragen werden kann.
Am Bayerischen Geoinstitut wurde nun das optische Verhalten von Silikat-Perowskit, dem Hauptbestandteil des tiefen Erdmantels, bis zu einem Druck von über einer Million Atmosphären untersucht. Hierzu wurde die Probe zwischen den Spitzen von zwei Diamanten extremen Drücken ausgesetzt. Da die Diamanten für Licht durchlässig sind, kann man das Verhalten der Probe unter hohem Druck di-rekt unter einem Mikroskop beobachten. Silikat-Perowskit bleibt auch bei über einer Million Atmosphären für sichtbares Licht und für Wärmestrahlung sehr transparent. Dies bedeutet, dass der Wärmefluss vom Kern in den Mantel bis zu 50 % höher ist als bisher angenommen, mit entsprechend höheren Temperaturen im Mantel der Erde.
Die neuen Erkenntnisse haben auch fundamentale Auswirkungen auf langsame Konvektionsbewegungen im Erdmantel, die über geologisch lange Zeiträume die Platten an der Erdoberfläche antreiben. Die von den Bayreuther Forschern gemessenen hohen Wärmeleitfähigkeiten führen nach theoretischen Modellen zur Bildung sehr großer heißer Aufstiegszonen, so genannten Superplumes, in denen heißes Material aus dem tiefen Mantel an die Erdoberfläche aufdringt. Solche Su-perplumes verursachen an der Erdoberfläche oft gewaltige vulkanische Eruptionen.
Referenz:
Keppler, Hans; Dubrovinsky Leonid; Narygina, Olga; Kantor, Innokenty (2008) Optical absorption and radiative thermal conductivity of silicate perovskite to 125 GPa. Science 322, 5. Dezember 2008.
Kontakt
Und weitere Informationen
Prof. Dr. Hans Keppler
Lehrstuhl Experimentelle Geophysik der festen Erde
Bayerisches Geoinstitut der Universität Bayreuth
Tel. 0921/55 – 3744
e-mail: Hans Keppler@uni-bayreuth.de
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