Die Kleine schafft zuerst den großen Durchbruch
Brennstoffzelle statt Akku: Laptops, Kleincomputer, Camcorder und Handys werden in einigen Jahren mit Brennstoffzellen laufen. Viele Experten sind überzeugt, dass sich Brennstoffzellen bei solchen Mikro-Anwendungen erstmals auf breiter Front durchsetzen werden. Fieberhaft arbeiten Entwickler daher daran, die neue Technik noch kleiner und leistungsfähiger zu machen. Erste Produkte sind bereits auf dem Markt.
„Der erste Laptop mit Brennstoffzelle“: Diese Nachricht machte mit der Eröffnung der Hannover-Messe im April in vielen Medien die Runde. Wissenschaftler und Ingenieure des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg und des koreanischen Konzerns LG präsentierten auf der Industriemesse das erste vollständig in einen Laptop integrierte Brennstoffzellensystem. Wo in dem ansonsten ganz gewöhnlichen Computer früher der Akku saß, hatten die Entwickler eine Mini-Brennstoffzelle samt Regelungselektronik und einen Wasserstofftank eingebaut. Die 27 PEM-Einzelzellen liefern eine elektrische Spannung von 10 bis 20 Volt, die über einen Wandler auf eine konstante Arbeitsspannung von 24 Volt für den Rechner gebracht wird. Das ganze Brennstoffzellensystem erreicht damit eine Spitzenleistung von 50 Watt.
Mit diesem Aufbau erreichte der Laptop eine Betriebszeit von rund zwei Stunden – zwar nicht mehr als mit bisherigen Akkus, doch sollte der Prototyp zunächst lediglich die Machbarkeit eines solchen Systems beweisen. Ausgestattet mit einem System, das ein „Nachtanken“ von Brennstoff während des Betriebs ermöglicht, könnte ein Laptop auch ohne Steckdose beliebig lange laufen. Für viele Nutzer würde das den Gebrauchswert ihres Geräts erheblich steigern.
Von der Marktreife ist der Fraunhofer-Prototyp freilich noch weit entfernt, dämpft Ulf Groos verfrühte Erwartungen. „Es wird nicht so schnell gehen, wie man sich das erhofft hat“, sagt der Marketingexperte für Wasserstoff am ISE in Freiburg. An verschiedenen Details werde derzeit noch gearbeitet. Erst in drei bis fünf Jahren, schätzt Groos, werden die ersten Serienprodukte auf dem Markt sein. Mit einem ernsthaften Verdrängungswettbewerb zwischen Brennstoffzelle und herkömmlichem Akku rechnet der Marketingexperte erst in fünf bis zehn Jahren. Für viele Nutzer interessant wären auch Hybrid-Systeme, bei denen der Laptop im kurzfristigen mobilen Betrieb seine Energie aus einem Akku und im mobilen Dauereinsatz aus der Brennstoffzelle beziehen kann.
Für eine Markteinführung müssen die Fraunhofer-Forscher noch das Problem lösen, den Brennstoff Wasserstoff zu erzeugen, abzufüllen und an den Kunden zu liefern. Als eine Möglichkeit schwebt den Entwicklern ein System von Tauschkartuschen vor, die immer wieder befüllt werden können. Gespeichert und transportiert wird Wasserstoff dabei in Gasform in so genannten Metallhydrid-Speichern. Sie enthalten ein Metallpulver, an dem das sonst hochflüchtige Gas bindet. Größere Unternehmen könnten den benötigten Wasserstoff in kleinen Elektrolyseanlagen erzeugen und damit die Kartuschen selbst befüllen, private Anwender werden die leere Kartuschen im Laden einfach gegen volle umtauschen.
Ganz anders gehen die Entwickler von „Smart Fuel Cell“ an das Problem der Wasserstoffspeicherung heran: Die Mini-Brennstoffzellen des in Brunnthal bei München ansässigen und erst Anfang 2000 gegründeten Unternehmens werden direkt mit Methanol betrieben. Dieser Brennstoff ist flüssig und lässt sich somit besonders leicht transportieren, lagern und umfüllen. Smart Fuell Cell hat bereits ein Patronensystem entwickelt, das den einfachen Transport und Wechsel des Brennstoffs ermöglicht. Wie der Geschäftsführer Manfred Steferer berichtet, ist dabei zunächst an ein Einweg-System gedacht. „Es ist auch ökologisch zu bevorzugen“, so Steferer. In späteren Phase könnten jedoch auch andere Lösungen wie ein Pfandsystem sinnvoll sein.
Die Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMFC) des jungen Unternehmens treiben beispielsweise bereits Prototypen des „Mobile Office Systems“ an – ein mobiles Netzteil, an dem Laptops angeschlossen oder Handys aufgeladen werden können. Schon Anfang 2003 soll die Stromversorgung fürs mobile Büro auf den Markt kommen. Die Nachfrage bei den Präsentationen der Prototypen sei sehr gut gewesen, berichtet Petra Müller, Pressesprecherin des Unternehmens. Künftige potenzielle Kunden schätzten vor allem die Vielseitigkeit des knapp zwei Kilogramm schweren Systems: Mit einer Dauerleistung von 40 Watt und einer Betriebsspannung von 12 Volt kann es nicht nur den Rechner, sondern beispielsweise auch einen Drucker mit Energie versorgen.
Bereits verkauft wird das deutlich größere „Remote Power System“, das mit einer Spitzenleistung von 80 Watt als Stromquelle für das Camping, mobile Verkehrsampeln oder externe Messgeräte dienen kann. Doch auch das Ziel, die DMFC-Systeme weiter zu verkleinern und damit den Einbau in Laptops zu ermöglichen, bleibe im Visier, berichtet Müller.
Welches System auch immer sich durchsetzen wird – das Marktpotenzial für Mikro-Brennstoffzellen ist enorm: Allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 940 Millionen Batterien und 90 Millionen Akkus verkauft. Schon ein Marktanteil von wenigen Prozent würde zu Stückzahlen führen, wie sie die Brennstoffzelle in keinem anderen Markt erreichen kann.
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