Roboter erkennt Gemütszustand von Autisten

Forscher an der Vanderbilt University haben einen Roboter entwickelt, der in der Lage ist, den Gemütszustand von Kindern mit Autismusspektrumsstörungen (ASS) zu erkennen und auch geeignet darauf zu reagieren. Dass das bei zwei Spielen gelungen ist, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu robotischen Spielgefährten für die Betreuung autistischer Kinder.

Denn bisherige Forschungsbemühungen „haben gezeigt, dass die Kinder sich zu Robotern hingezogen fühlen, weshalb geeignet entwickelte Roboter eine wichtige Rolle in ihrer Behandlung spielen könnten“, erklärt Nilanjan Sarkar, Maschinenbauer an der Vanderbilt University. Die Möglichkeit, den emotionalen Zustand der Kinder zu bewerten und darauf automatisch zu reagieren, gab es bisher jedoch nicht.

Sarkar hat seit Jahren an einer Methode gearbeitet, um mithilfe physiologischer Messungen beispielsweise der Herzfrequenz oder von Muskelreaktionen den Gemütszustand von Personen zu beobachten. Für die Anwendung auf autistische Kinder hat er mit Wendy Stone, Professorin für Pädiatrie an der Vanderbilt, zusammengearbeitet.

In einem Experiment haben sechs Kinder mit der Diagnose ASS im Alter von 13 bis 16 Jahren das Computerspiel „Pong“ sowie eine Art Basketball gespielt, bei dem Brett und Korb von einem Roboterarm bewegt wurden. Mithilfe der dabei durchgeführten physiologischen Messungen konnte für jedes Kind ein affektives Modell erstellt werden, um seinen emotionalen Zustand mit über 80 Prozent Genauigkeit vorherzusagen.

Anhand der gewonnenen Information können die Spiele in Echtzeit so abgeändert werden, dass sie die Kinder deutlich besser ansprechen. Der Roboter kann die physiologischen Hinweise des Spielers lesen sowie Entfernung und Winkel des Korbes anpassen. Fasziniert habe sie, dass die Kinder angaben, bessere Laune zu haben, wenn der Computer auf ihre Bedürfnisse reagierte, so Stone. „Das Modell ist ähnlich gut darin, den Gefühlszustand eines Kindes zu erkennen, wie ein erfahrener Therapeut“, meint Sarkar. Außerdem sollte die Genauigkeit mit der Zeit immer besser werden, während bei menschlichen Therapeuten mit jedem Wechsel des Betreuers praktisch von vorne angefangen werden muss.

Die Möglichkeit, die emotionale Verfassung von Kindern mit ASS automatisiert zu beobachten, ist laut Stone von großem therapeutischem Wert. „Wenn wir wissen, wann ein Kind aufgeregt oder ängstlich wird, können wir ihm helfen, seinen Gefühlszustand zu identifizieren und Strategien für den Umgang damit zu entwickeln“, erklärt die Pädiatrieexpertin. Auch die Tatsache, dass Roboter selbst keine komplexen und für Autisten verwirrende soziale Signale abgeben, könnte es leichter machen, autistischen Kindern grundlegende soziale Fertigkeiten beizubringen, so Stone. „Roboter können programmiert werden, um mit einer Konsistenz zu reagieren, die für Menschen kaum möglich ist“, betont wiederum Sarkar. Das könnte unter anderem genutzt werden, um langsam die Toleranzgrenze eines für ein Kind besonders unangenehmen Stimulus wie beispielsweise laute Geräusche zu heben.

Auch wirtschaftlich könnten robotische Betreuer für Kinder mit autistischen Störungen Sinn ergeben. Bei einem von 150 Kindern, die heute in den USA geboren werden, wird ASS diagnostiziert, so die Vanderbilt University. Die Behandlung ist aufwändig und mit hohen Kosten verbunden – im Schnitt 3,2 Mio. Dollar über die Lebensdauer eines Patienten. Die mit Autismus verbundenen Kosten für die USA belaufen sich insgesamt auf 90 Mrd. Dollar jährlich.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.vanderbilt.edu

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