Risk Analysis und Fraud Detection mit Data Mining
Betrügerische Aktivitäten und Risiken müssen noch schneller und genauer erkannt werden. Das haben Korruptionsfälle oder auch die Finanzkrise nachhaltig gezeigt.
Wie wichtig dabei gleichzeitig der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen ist, belegen die aktuellen Schlagzeilen. Mit Mitteln des Data Mining lässt sich beides erreichen, dies zeigt das Fraunhofer IAIS vom 03. bis 08. März auf der CeBIT (Halle 9, Stand B36).
Produktpiraten, die ganze Container gefälschter Waren durch den Zoll schleusen, zahlungsunwillige Kunden, die die Anonymität beim Online-Kauf zum Schaden der Händler nutzen, Unternehmensgelder, die in schwarze Kassen fließen oder Verschreibungen für längst verstorbene Patienten, die zu Lasten der Gemeinschaft der Versicherten abgerechnet werden: die Art und Weise wie Betrüger Unternehmen, Staat und Bürger täuschen, sind vielfältig und ändern sich laufend.
Am Fraunhofer IAIS wurden Analyseverfahren entwickelt, die speziell den Anforderungen der Versicherungswirtschaft entsprechen. Ziel ist es, anhand der Daten bekannter Betrugsfälle, die dafür typischen Kombinationen von Parametern in der Datenbank zu finden. Dafür reicht es aus, lediglich die Strukturdaten der Schadensfälle heranzuziehen. Die Daten müssen also nicht mit personenbezogenen Daten verknüpft werden.
Da die Verfahren des Data Mining auf verschiedenste Datenbestände angewandt werden können, ergeben sich weitere Vorteile: so ist die Suche nach speziellen Datenmustern nicht an eine bestimmte Branche gebunden. Die Experten des Fraunhofer IAIS konzipieren beispielsweise für Online-Händler eine Entscheidungsgrundlage, anhand derer sie einem Kunden den Kauf auf Rechnung gestatten oder auf Vorkasse bestehen sollten. Parameter wie beispielsweise die Art des Produkts oder die Änderung der Lieferadresse können Hinweis auf einen Betrugsversuch sein. Vergleichbare Systematiken lassen sich auch zur Unterstützung der Zollbehörden beim Aufspüren illegaler Importe oder im Finanzwesen für Risikoanalysen wie etwa der Bewertung von Anlageprodukten von Banken und Versicherungen nutzen.
Wichtig für den Praxiseinsatz dieser Methode ist aber auch die Berücksichtigung des Datenschutzes, um die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen nicht zu verletzen. Für die Data Mining-Experten des IAIS ist der Dialog auf den verschiedensten gesellschaftlichen Ebenen daher elementarer Bestandteil ihres Forschungsauftrags.
Parallel zur technologischen Entwicklung müssen auch die gesetzlichen und moralischen Grenzen zwischen wirksamerem Schutz vor Korruption oder Betrug und der Sicherung der individuellen Privatsphäre beständig hinterfragt, neu diskutiert und im Zweifel ergänzt werden. Um einen Missbrauch von vorne herein möglichst auszuschließen, setzen die Data Mining-Spezialisten des Fraunhofer IAIS unter anderem Lösungen ein, bei denen es nicht mehr notwendig ist, die Daten verschiedener Quellen zusammenzuführen. Einzelne Teilanalysen werden innerhalb der einzelnen Datenbanken „vor Ort“ durchgeführt. Für die abschließende Bewertung werden nur die aggregierten Ergebnisse dieser Vorarbeit eingesetzt. Generell gilt bei Aufgaben wie dem Aufdecken von Unregelmäßigkeiten im Geschäftsverkehr, die etwa einen Korruptionsverdacht begründen können, dass im Analyseschritt Data Mining eine Rückverfolgbarkeit bis auf die Personenebene nicht nötig ist. Denn das Ziel der automatischen Analysen ist nicht eine abschließende Bewertung der gefundenen Auffälligkeiten in der Datenstruktur. Vielmehr gibt das System entscheidende Hinweise, durch die die Experten mögliche Risiken oder betrügerische Aktivitäten zunächst effektiv suchen und identifizieren können.
„Ein verstärkter Einsatz von Data Mining ist auch ohne Missbrauch möglich!“, erklärt Dr. Stefan Rüping, Betrugserkennungsexperte des Fraunhofer IAIS, „Bevor wir mit der Arbeit an den Daten überhaupt beginnen, klären wir nicht nur die gesetzlichen Vorgaben. Denn Datenschutz ist immer auch eine Frage des subjektiven Empfindens. Es ist wichtig mit allen Beteiligten, dem Daten- und Verbraucherschutz, dem Betriebsrat oder den Gewerkschaften, bereits im Vorfeld die Vorteile der Analysen zu diskutieren und zu entscheiden, wie wir vorgehen wollen. Gemeinsam erarbeiten wir eine Lösung, mit der alle Beteiligten zufrieden sind – nach Abwägung des Für und Wider muss also im Zweifelfall auf Analysetiefe verzichtet werden.“
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