Die sehende Nadel – optische Orientierung in der Tumorbiopsie

Die dazu nötige Gewebeentnahme ist aber nicht leicht, denn das Gehirn ist als eng vernetzte Steuerzentrale unseres Körpers schwer zugängig. Diesen schwierigen Eingriff für die behandelnden Ärzte und ihre Patienten zu erleichtern, ist das Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsverbundes “Neurotax”.

Die fünf beteiligten Projektpartner aus Forschung und Industrie trafen sich jetzt zum Kick-Off im Laserforschungslabor der Universitätsklinik München. Gemeinsam wollen sie den Ärzten bessere Methoden und Geräte an die Hand geben, um Gehirntumore sicher zu diagnostizieren, ohne den Patienten dabei einer aufwändigen Operation unterziehen zu müssen.

Eine bisher noch wenig verbreitete Methode dazu nennt sich Stereotaxie. Hierbei sind sowohl der Kopf des Patienten als auch die notwendigen Operationsinstrumente in einer Vorrichtung fixiert, die einen möglichst präzisen, mechanisch geführten Eingriff durch ein sehr kleines Bohrloch erlauben. “Um dem Patienten Gewissheit über seinen Zustand zu geben, ist die stereotaktische Gewebeprobe die Methode der Wahl, denn sie ist mit viel weniger Komplikationen verbunden als eine Operation am offenen Schädel”, sagt Marcus Götz von MRC Systems in Heidelberg, der das Projekt koordiniert.

Bisher jedoch ist die Stereotaxie eine aufwendige Prozedur, die nur wenige neurochirurgische Zentren durchführen können. Das Problem ist, dass der Tumor sich zwar von außen, beispielsweise mit einem Kernspintomographen, leicht orten lässt, der operierende Arzt im Gehirn selber aber keine Rückmeldung bekommt, wo er sich mit seinen Werkzeugen befindet – er tappt mehr oder weniger im Dunkeln. Hier kommt es auf subjektive Erfahrungswerte an, nur spezialisierte Kliniken können so eine Biopsie ohne Kollateralschäden durchführen. “Eine Blutung im Gehirn ist eine schwerwiegende Komplikation, die fatale Folgen haben kann und deshalb unbedingt vermieden werden muss”, fügt Götz hinzu.

Die Lösung sieht der Verbund in den optischen Technologien. Mittels fluoreszierender Marker soll der Neurochirurg den Gehirntumor anfärben und bei entsprechender Beleuchtung endoskopisch eindeutig von gesundem Gewebe unterscheiden können. Das gleiche gilt für Blutgefäße, die ebenfalls mittels eines Farbstoffes fluoreszenzmarkiert werden. So erkennt der operierende Arzt auf seinem Monitor deutlich, wohin er mit seinem Werkzeug besser nicht vorstoßen sollte.

Die beteiligten Projektpartner sind mit ihren individuellen Stärken bestens für dieses Vorhaben gerüstet. Erfahrene Wissenschaftler und Mediziner vom Uniklinikum München werden die medizinischen und biophysikalischen Grundlagen erforschen, während schlagkräftige Partner aus der Industrie wie das weltweit führende Unternehmen für Endoskope, Karl Storz, für die technische Umsetzung stehen. Zusammen streben sie eine stereotaktische Charakterisierung von Hirntumoren im Vorfeld der eigentlichen Krebstherapie an. Langfristig soll diese Methode aber auch bei häufigeren Krebsarten zum Einsatz kommen, wie beispielsweise dem Prostatakarzinom.

Die Entwicklung der Methoden für eine optisch geführte Stereotaxie erfolgt im Verbundprojekt Neurotax der Technologie-Initiative Molekulare Bildgebung (MoBiTech). Mit dieser Förderinitiative baut das BMBF die Förderung optischer Lösungen für das Gesundheitswesen weiter aus, nachdem es diese insbesondere im Forschungsschwerpunkt Biophotonik bereits mit über 100 Millionen Euro unterstützt hat. Im Rahmen der MoBiTech-Initiative werden neue bildgebende Systeme, Diagnostika und begleitende Softwarelösungen erforscht. Sie sollen helfen, Krankheiten in ihren Ursachen zu verstehen, sie früher und genauer zu diagnostizieren und gezielter zu behandeln.

Ansprechpartner
Clemens Homann
Forschungsschwerpunkt Biophotonik – Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Photonische Technologien, Jena
Tel 03641/ 206 064
Fax 03641/ 206 044
clemens.homann@ipht-jena.de
Dr. Marcus Götz
MRC Systems GmbH – Medizintechnische Systeme
Hans-Bunte-Straße 10
69123 Heidelberg
Tel 06221/13803-13
Fax 06221 /13803-01
m.goetz@mrc-systems.de

Media Contact

Clemens Homann idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Darmmikrobiom und Tumorkachexie: Neues europäisches Forschungsnetzwerk

EU-Projekt „MiCCrobioTAckle“ erforscht das Darmmikrobiom bei Krebs und fördert wissenschaftlichen Nachwuchs für die Mikrobiota-Medizin. Von Friederike Gawlik Das neue, von der EU geförderte internationale Forschungsnetzwerk „MiCCrobioTAckle“ wird die Rolle des…

Wie Zellen ihre zentrale Verarbeitungseinheit für die Zellteilung aufrechterhalten

Dortmunder Max-Planck-Forschende haben die Rolle des Enzyms PLK1 bei der Regulierung der Wiederherstellung von Zentromeren nach der Zellteilung aufgedeckt. Das Zentromer ist die Schaltzentrale der Zellteilung. Dieser spezialisierte Ort in…

Die Geheimnisse der visuellen Navigation

„Nature“-Studie von Forschenden der Freien Universität Berlin und der University of California Santa Barbara zeigt richtungsweisende Erkenntnisse zur visuellen Navigation im Gehirn der Taufliege Drosophila melanogaster. Ein internationales Forschungsteam der…

Partner & Förderer