Menschliche Kognition wird per Roboter erforscht

Forscher am Imperial College London haben sich zum Ziel gesetzt, mithilfe des humanoiden Roboters „iCub“ die menschliche Kognition besser zu verstehen. Das ist der Erkenntnisprozess, der Bewusstsein, Wahrnehmung, Denken und Entscheidungsfindung umfasst. Doch die Forschung ist auch für die technische Entwicklung sehr interessant.

„Ich bin der Ansicht, dass eine ausreichend gute Kognitions-Theorie für eine Umsetzung mit Computern und Robotern zugänglich sein sollte“, meint Murray Shanahan, Professor für Informatik an Imperial College London, gegenüber pressetext. Langfristig dürften die mithilfe von iCub gewonnen Erkenntnisse über den menschlichen Verstand also auch Künstlichen Intelligenzen zugute kommen.

„Ich denke, dass wir Roboter wie in der Science Fiction bislang nicht fertigen können, liegt im Wesentlichen daran, dass wir keine adäquate Kognitions-Theorie haben“, sagt Shanahan. Genau das könnte sich durch das Projekt ändern, das er mit Kollegen in Angriff genommen hat. Die Idee der Forscher ist, dass der Roboter iCub zum Studium des menschlichen Verstandes geeignet ist, weil er Hände, Arme, Finger, Beine und Augen ähnlich wie ein Mensch bewegen kann. Denn die Kognition erleichtert in der Natur dem Menschen die Interaktion mit seiner Umwelt. „Wenn wir die Natur der Kognition besser verstehen wollen, müssen wir sie also im Kontext von etwas verstehen, das sich bewegt und mit Objekten interagiert“, erklärt Shanahan.

Konkret werden die Forscher das Gehirn im Computer simulieren und dabei die Kommunikation der Neuronen durch kurze elektrische Signale nachstellen. Diese Gehirn-Simulation wird mit dem iCub verbunden. Der Roboter kann damit Information über seine Umwelt verarbeiten und seine Extremitäten für einfache Aufgaben wie das Heben oder Bewegen eines Balles ansteuern. So wollen die Wissenschaftler ihre Theorien über die Kognition überprüfen. „Wenn wir das mithilfe von Robotern schaffen, sind wir wohl einen Schritt näher daran wirklich ein Verständnis zu entwickeln, wie wir funktionieren“, betont Shanahan.

Mit einem besseren Verständnis des menschlichen Erkenntnisprozesses dürfte die Möglichkeit einhergehen, ausgereiftere Roboter zu entwickeln. Das könnte etwa intelligentere Fabriksysteme umfassen, die vielseitiger für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden können. Doch auch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine steht bei der Forschung im Vordergrund. So sollen Programme entwickelt werden, damit iCub gemeinsam mit einem Menschen Aufgaben wie etwa den Zusammenbau eines Lego-Schlosses ausführen kann. „Wir sind sehr daran interessiert, Roboter einfühlender zu machen“, betont der Robotiker Yiannis Demiris. Die aktuelle Forschung könne dazu beitragen, langfristig Roboter zu schaffen, die etwa erkennen, wenn ein Mensch Hilfe beim Heben schwerer Lasten braucht oder zu krank ist, Hausarbeiten selbst zu erledigen.

Bis solche Roboter Realität werden, wird es aber noch dauern. In drei bis fünf Jahren rechnen die Briten mit ersten aussagekräftigen Resultaten aus den iCub-Experimenten und auch diese könnten nur einen ersten Schritt darstellen. „Wann die wissenschaftliche Gemeinschaft- ob mit iCub oder zukünftigen Robotern – die Art Kognitions-Theorie findet, die ich mir vorstelle, bleibt abzuwarten“, meint Shanahan abschließend.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.imperial.ac.uk

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Interdisziplinäre Forschung

Aktuelle Meldungen und Entwicklungen aus fächer- und disziplinenübergreifender Forschung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Mikrosystemforschung, Emotionsforschung, Zukunftsforschung und Stratosphärenforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wirkstoff-Forschung: Die Struktur von Nano-Genfähren entschlüsseln

LMU-Forschende haben untersucht, wie sich kationische Polymere beim Transport von RNA-Medikamenten auf molekularer Ebene organisieren. Kationische Polymere sind ein vielversprechendes Werkzeug für den Transport von RNA-Therapeutika oder RNA-Impfstoffen und werden…

Entwicklung klimaneutraler Baustoffe

…aus biogenen Materialien unter Einsatz phototropher Mikroorganismen. Das Fraunhofer-Institut FEP in Dresden bietet skalierbare Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, um technologische Innovationen auf neue Produktionsprozesse anzuwenden. Angesichts der steigenden Nachfrage nach klimaneutralen…

Optimiertes Notfallmanagement dank App

Wie die eGENA-App bei Notfällen in der Anästhesie hilft. Mit der eGENA-App hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) ein digitales Werkzeug geschaffen, das den Klinikalltag bei…