Milliarden für die Förderung der Biotechnologie in Europa


Fraunhofer ISI erstellt „Landkarte“ der europäischen Forschungsförderung / Deutschland, Großbritannien und Frankreich dominieren / Umweltbiotechnologie wird vernachlässigt

Mit rund zwei Mrd. Euro jährlich fördern die Länder Europas die moderne Biotechnologie. Das ergab eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe. Um die Grundlage für eine bessere Koordination der nationalen und europäischen Förderaktivitäten zu schaffen, erarbeitete das Fraunhofer ISI zusammen mit drei weiteren international anerkannten Forschungseinrichtungen für die Europäische Kommission eine „Forschungslandkarte“ der öffentlichen Förderung der Biotechnologie. Berücksichtigt wurden 17 europäische Staaten.

Deutschland, Großbritannien und Frankreich geben mit Abstand das meiste Geld für die biotechnologische Forschungsförderung aus. Von den rund 10 Mrd. Euro, die zwischen 1994 und 1998 aufgewendet wurden, entfielen nahezu 80 Prozent auf diese drei Länder: Deutschland investierte in dieser Zeit rund 3 Mrd. Euro, Großbritannien 2,5 Mrd. Euro und Frankreich etwas mehr als 2 Mrd. Euro.

Die Forscher unterscheiden insgesamt acht verschiedene biotechnologische Forschungsfelder. Sie reichen von der Grundlagenforschung über die Umweltbiotechnologie bis zur industriellen Biotechnologie. Ein Vergleich zeigt, dass die Förderung überwiegend in den medizinischen und pharmazeutischen Bereich fließt. Nahezu 50 Prozent aller Gelder werden für Förderaktivitäten mit dieser Zielrichtung ausgegeben. Nicht ganz so große Aufmerksamkeit schenken die europäischen Staaten der Pflanzenbiotechnologie, der industriellen Biotechnologie sowie so genannten Zell-Fabriken. Vernachlässigt werden dagegen die Biotechnologie in der Tierzucht und insbesondere im Umweltschutz. Ebenso finden die Untersuchung nicht-technischer Aspekte, zu denen neben wirtschaftlichen Effekten beispielsweise auch die öffentliche Akzeptanz zählt, nur in wenigen Fällen Unterstützung. Auffällig ist ferner das relativ schwache Engagement der europäischen Staaten bei der Förderung der Erforschung biotechnologischer Grundlagen.

Nach den Trends befragt scheinen sich die europäischen Staaten in zwei Lager aufzuspalten. Acht Nationen, darunter die drei großen Akteure Deutschland, Großbritannien und Frankreich, wollen künftig die Grundlagenforschung forcieren. Sieben Staaten konzentrieren sich in Zukunft stärker auf die anwendungsorientierte Forschung. Der Rest, darunter Spanien, Schweden und die Schweiz, verfolgt eine Art Parallelstrategie.

Das von der öffentlichen Hand bislang vernachlässigte Forschungsfeld Umweltbiotechnologie wird künftig nur in Großbritannien als Schwerpunkt gesehen. Hier drängt sich den Autoren der Studie die Frage auf, ob die europäische Industrie es schaffen wird, ohne eine bedeutende staatliche Unterstützung der erforderlichen Forschungsbasis ihre derzeit weltweit gute Wettbewerbsposition in der Umweltbiotechnologie auch in Zukunft aufrecht halten zu können. Doch lässt die von der Bundesregierung aktuell aufgelegte Initiative „Nachhaltige Bioproduktion“ in Deutschland Hoffnung schöpfen.

Der in englisch geschriebene, zusammenfassende Bericht "Inventory of public biotechnology R&D programmes in Europe“ sowie die 17 Länderberichte können über den Bundesanzeiger Verlag, Köln, bezogen werden (www.bundesanzeiger.de).

Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI erweitert das naturwissenschaftlich-technisch orientierte Fachspektrum der Fraunhofer-Gesellschaft um wirtschafts- und gesellschaftspolitische Aspekte. Dazu analysiert es technische Entwicklungen sowie deren Marktpotentiale und Auswirkungen auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Die interdisziplinär zusammengesetzten Teams des Instituts konzentrieren sich insbesondere auf die Bereiche Energie, Umwelt, Produktion, Kommunikation und Biotechnologie sowie auf die Regionalforschung und Innovationspolitik.

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Dipl.-Phys. Gerhard Samulat

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