GC/MS und Pyrolyse im Zeichen des Grünblütigen Wintergrüns
Eine Kombination, die sich schon deswegen anbot, weil die beste Probenaufgabe nichts nützt, wenn nach der Trennung des komplexen Gemisches nicht ein Detektor zur Verfügung steht, der zuverlässig den Signalen Namen geben kann. Hierzu ideal geeignet ist die Massenspektrometrie in Kombination mit einer leistungsfähigen Software.
Das vorwiegend im Norden vorkommende Grünblütige Wintergrün ist zwar im Winter grün, wechselt seine Farbe später zu rot und rot-orange. Bekannt ist es unter dem botanischen Namen Pyrola chlorantha. Das Bild dieses schönen Heidekrautgewächses wurde zum Logo und Markenzeichen von Pyrolab, einer kleinen Familienfirma aus der Universitätsstadt Lund in Schweden, die das bekannte Pyrolyse-System Pyrola herstellt und vertreibt.
Schon während ihrer Doktorarbeit vor 1975 arbeitete Frau Prof. Inger Ericsson mit Pyrolyse-Systemen als Grundlage für weitere analytische Auswertungen. Inzwischen wurde aus der Ein-Frau-Aktivität der erwähnte Familienbetrieb, und im Prospekt der Firma sind Ehemann, Tochter und der kleine Enkel als Firmen-Belegschaft abgebildet.
War zu Beginn nur die einzelne Probenkammer mit dem berühmten Platin-Band im Angebot, sind bis heute die automatische 14-fach-Probenzuführung und eine elektronische Steuerung mit vielfältigen neuen Möglichkeiten dazu gekommen. Neue Anwendungen ergaben sich aus dem einseitig und schichtweisen Pyrolysieren der Proben mit wesentlich verbesserter und erweiterter analytischer Aussagekraft.
Bisher nicht oder nur unzureichend der Analyse zugängliche Proben konnten nun ebenfalls untersucht werden, beispielsweise Laminate, also schichtweise aufgebaute Produkte.Zu Beginn des Seminars konnte Dr. Georg Kneer (Varian) trotz der sich abzeichnenden weltweiten Wirtschaftsmisere noch einige positive Informationen aus dem Hause Varian vermelden.
Mit 4000 Angestellten und weltweit 17 Produktions-Standorten verbesserte Varian seine wirtschaftliche Lage, die Aktie veränderte sich von ehemals 7,20 USD zu 60 USD, weitere Firmen mit analytischem Geräte-Angebot wurden hinzu gekauft, noch vor dem Jahreswechsel 2008 soll die Umsatzgrenze von 1 Mrd. USD überschritten sein. Damit ist Varian dem Ziel sehr nahe gekommen, eine analytische Vollversorgung bieten zu können, mit GC, MS, HPLC, µ-GC, Trennkapillaren, und und und….
Selektivität und Sensitivität verbessert
Neu auf dem Markt ist seit Kurzem die Modellserie 240-MS auf der Basis Ionenfallentechnik (Massenbereich von 10…1000 u) und die weiter entwickelten Quellen für die Serie 300-MS, Basis Triple-Quadrupoltechnik, mit dem Massenbereich 1…800 u oder 1…2000 u.
Gunnar Weibchen (Varian) stellte die Besonderheiten der Massenspektrometer vor. Was früher erst nach umständlichen Geräte-Umbauten und besonderen Arbeitsschritten mehr oder weniger mühselig erreicht werden konnte, ist im Modell 240-MS inzwischen fertig eingebaut. Nur als Hinweis: 19 Patente schützen die innovativen Schritte in diesem Gerät. Da der Anwender keine mechanischen Änderungen mehr vornehmen muss, genügt der Griff zur Maus.
Im Steuerungsprogramm definiert der Nutzer die gewünschten Analysenbedingungen, ob chemisch (mit gasförmigen oder flüssigen Reaktanden) oder elektronisch ionisiert werden soll. Ebenfalls über das Programm legt der Anwender fest, ob intern oder extern ionisiert wird, zusätzlich steht noch die hybride, chemische Ionisation zur AuswahlLetztere Methode erfolgt in vier Schritten: Das Reaktandgas wird extern ionsiert, danach in die Falle überführt. Hier werden störende Ionen selektiv entfernt, der interessierende Massenbereich isoliert. Mit den von der GC-Trennkapillare eluierenden Molekülen reagieren die Reaktandgas-Ionen, die störenden werden aus der Falle entfernt und nun die Hybrid-CI-Massenspektren der Proben-Ionen aufgezeichnet. Dadurch ergibt sich eine wesentlich verbesserte Selektivität und Sensitivität. Denn nun ist der störende Untergrund in den Signalen verringert und die Analyten sind durch die Anlagerung der chemischen Zusätze spezifischer zu erkennen, Isomere charakteristischer zu unterscheiden.
Mit einem weiteren Analysemodus – der patentieren Puls-Ionisation – werden weniger störende Ionen erzeugt, die Empfindlichkeit des Analysators damit wesentlich verbessert. Die schnelle Scan-Rate bis zu 10000 u/s erlaubt weitere, bisher schwierig durchzuführende Applikationen. Die geringere Kontamination ist vom Her- steller mit dem Faktor 10 bewertet.
Wenn auch das unter dem Kürzel MS/MS bekannte Auswerteverfahren vorzugsweise für Quadrupol-Geräte angeboten wird, ist diese Methode zusätzlich auch für diese Ionenfallen-Geräte zu nutzen. Als Beispiel mag hier das Endosulfan-Signal dienen. Gut versteckt in vielen störenden Nebensignalen, ergibt sich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis (S/N) zu 44. Die MS/MS-Methode verbessert dieses S/N zu 104 und bei einem MS/MS/MS-Verfahren ist das Endosulfan-Signal weitgehend einsam, S/N hat sich mit 292 bedeutend verbessert.
Erfahrene Anwender wissen um die drastische Wirkung auf die analytische Aussagekraft des Massenspektrometers, sobald geringste Ablagerungen im Filamentbereich auftreten. Putzen ist dann angesagt! Schon im Haushalt eine ungeliebte Beschäftigung, Massenspektrometer zu putzen zählte dann schon mal zur laboreigenen Strafarbeit. Vielleicht aus dieser Erkenntnis heraus haben die Entwickler der Ionenfallen-Konstruktion besondere Aufmerksam gewidmet. Wenn sich putzen nicht vermeiden lässt, dann wenigstens einfach und unkompliziert.
Der Analysator ist bis 250 °C beheizbar und ausheizbar, durch die Verwendung gleichartig geformter Teile besteht die Ionenfalle nur noch aus den beiden Endkappen, der Ringelektrode und den beiden Abstandshaltern. Die Teile sind Silchrom-beschichtet, um langfristig höchste Inertheit sicher zu stellen – und der wichtigste Aspekt: Sogar der ungeübte Nutzer kann die Ionenfalle zerlegen, reinigen, zusammenbauen und kalibrieren.
Basis: kontrollierte Zerstörung
Frau Prof. Inger Ericsson und ihre Tochter stellten das Pyrolyse-System nicht nur im Vortrag vor, sondern auch im Laboreinsatz. Die Teilnehmer konnten selbst am Gerät arbeiten und eigene Proben testweise kontrolliert „zerstören“. Intensiv genutzt wurde von den Pyrolyse-erfahrenen Besuchern die Möglichkeit, mit Prof. Ericsson Detailfragen der Analytik zu diskutieren. Es wurde hierbei auch nicht gezögert, den Pyrolysator zu zerlegen, um Service- und Kalibrier-Informationen praktisch zu demonstrieren.
Pyrolyse stellt nur die Probe in einer angepassten Form für die Gaschromatographie zur Verfügung. Unverdampfbare Proben, wie Gummi, Kunststoffe, Pulver, Klebstoffe, Papier und Holz, sogar Zement, liefern durch partielle Zersetzung doch gasförmige Produkte. Dieses mehr oder weniger komplexe Gasgemisch muss danach getrennt werden, der Detektor liefert das Chromatogramm, hier Pyrogramm genannt, beispielsweise nach der Methode der Pyrotomy, und die Auswerte-Software bietet den chemischen Namen für die Signale an.
Pyrolyse in der einfachen Form ist das sehr schnelle Erhitzen einer Probe, fast immer wird diese dabei zersetzt. Verschiedene Temperaturgradienten oder das stufenweise Erhitzen liefern schon weitaus mehr und bessere Ergebnisse. Wie es sich in der Praxis zeigte, sind Kombinationen dieser Temperatur-/Zeitgradienten ausgesprochen hilfreich. Eine Probe kann mehrfach nacheinander pyrolysiert werden, bei der gleichen oder einer höheren Temperatur. Die Zersetzungsprodukte entstehen dann nacheinander und können somit viel einfacher ausgewertet werden im Vergleich zu einem komplexen Gemisch, in dem einzelne charakteristische Substanzen isoliert ausgewertet sollen.
Für die Dokumentation und die Reproduzierbarkeit der Analysen – wichtig nicht nur für gerichtsfeste Analytik – ist der genaue Verlauf des Temperatur-Zeit-Profils bedeutsam. Im Pyrola-System ist eine Platinfolie im Probenhalter eingespannt, die von Strom durchflossen, direkt beheizt wird. Bis zu 1400 °C erreicht die Folie innerhalb von 8 ms. Die in einer kleinen Vertiefung der Platinfolie eingebrachte Probe ist damit direkt dieser Temperatur ausgesetzt. Aus dem gemessenen Widerstand der Platinfolie und dem optischen Sensor wird die Temperatur der Folie gemessen, geregelt und im PC dokumentiert. Bei einem Folienwechsel muss natürlich neu kalibriert werden, ebenfalls nach der Reinigung der Folie. Die Reinigung ist denkbar einfach, ein kleiner Mikrobrenner, heute hat das jeder Koch in seiner Küche, brennt Rückstände weg. Wie oben schon erwähnt, konnte sich jeder Seminar-Teilnehmer diese wenigen Handhabungs-Vorgänge direkt zeigen lassen. Und natürlich eine besondere Form der Pyrolyse-Analytik – die Pyrotomy.
Vorteile der Pyrotomy
Schon seit einigen Jahren berichtet Frau Prof. Ericsson in Vorträgen in vielen Ländern der Erde über die Vorteile dieser Methode, sie ist vorzugsweise nur mit dem Pyrola-System und mit anderen Systemen, die ebenfalls eine Platinfolie aufweisen, durchführbar. Pyrotomy ist das einseitige Erhitzen einer festen Probe durch besonders kurze Temperatur-Pulse. Schicht für Schicht wird zersetzt, jede einzelne Ausgasung kann direkt analysiert werden. Das ist vorteilhaft bei zusammengesetzten Materialien, den als Laminat bezeichneten Produkten. Das kann fast alles sein, beschichtetes Papier, lackierte Materialien und natürlich das Laminat, das man im Baumarkt als Bodenbelag kauft.
So einfach, wie sich das Pyrola-System auch auf jeden GC aufbauen lässt und die ersten Versuche erfolgreich verlaufen, so anspruchsvoll können die Auswertungen werden, wenn diese ein sachgerechtes und korrektes Ergebnis liefern sollen. Verschiedene Kunststoffe zersetzen sich unterschiedlich, bilden verschiedene Abbau-Stufen aus. Man muss schon sehr genau seine Produkte kennen, auch die damit verbundene Kinetik, damit es nicht zu fehlerbehafteten Interpretationen kommt.
Speziell für diese mitunter sehr komplexen und schwierigen Auswertungen bietet Frau Prof. Ericsson ausdrücklich ihre Hilfe und Beratung dazu an. Entweder in Schweden bei Pyrola-Seminaren oder in Deutschland, wenn gewünscht, in Seminaren innerhalb der Firma, also direkt am Ort der Zerstörung, zwecks Gewinnung und Vermehrung bisheriger Erkenntnisse.
Dipl.-Ing. W. David
…many chemists in general, tend to think of instrumental analysis as being essentially the manipulation of black boxes.
…the analytical chemist must understand the fundamental relations of chemical species to their physical and chemical properties; he must know the scope, applicability, and limitations of physical property measurement in respect to qualitative and quantitative analysis.Aus dem Buch: I.M. Kolthoff and P.J. Elving: „Treatise on Analytical Chemistry“, 1964.
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