Spitzengerät für die Hirnforschung geht an den Start
Den Jülicher Hirnforschern steht jetzt ein Magnetresonanztomograf (MRT) für bildgebende Verfahren mit der außergewöhnlich hohen Feldstärke von 9,4 Tesla zur Verfügung. Das Gerät wurde heute durch den Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesforschungsministerin Thomas Rachel MdB und den nordrhein-westfälischen Innovationsminister Prof. Andreas Pinkwart offiziell eingeweiht.
Der Magnet ist das Kernstück eines einzigartigen Geräts, das Jülicher Forscher in Kooperation mit der Siemens AG entwickelt haben. Kombiniert mit einem Positronenemissionstomografen (PET), der noch installiert wird, besitzt das Forschungszentrum Jülich dann das feldstärkste Hybridgerät, das weltweit für den Einsatz am Menschen zur Verfügung steht.
Das neue Hybridgerät wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Firma Siemens finanziert. „Der demografische Wandel fordert neue diagnostische und therapeutische Verfahren, gerade im Bereich der Demenzerkrankungen“, erläutert Staatssekretär Thomas Rachel den Hintergrund der BMBF-Beteiligung an der Finanzierung des neuen 9,4-Tesla-Tomografen mit fast 10 Millionen Euro. „Mit dem neuen Hybridgerät geben wir den Jülicher Forschern und ihren Kooperationspartnern in der Region ein extrem leistungsfähiges Werkzeug an die Hand, um die Türen zur Erforschung neuer Diagnoseverfahren und Therapien für Demenzerkrankte aufzustoßen.“
Der nordrhein-westfälische Innovationsminister, Prof. Andreas Pinkwart, betonte: „Dass wir den ´9komma4´ heute einweihen können, ist ein Meilenstein auf unserem Weg zum Innovationsland Nr. 1. Der technologische Ansatz ist ja ganz neu, die beiden Techniken MRT und PET zu vereinigen. Das öffnet auf einem so wichtigen Feld wie der Hirnforschung nicht nur neue Chancen für Jülich und seine Partner, sondern stärkt den Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen insgesamt.“
Der 9,4-Tesla-Magnetresonanztomograf ist bis zu sechs Mal stärker als herkömmliche Geräte und rund 200.000 Mal stärker als das Magnetfeld der Erde. „Mit dem neuen Gerät werden wir künftig verschiedene Aspekte des Stoffwechsels im Gehirn mit MRT und PET gleichzeitig untersuchen können. Dies eröffnet uns neue Horizonte“, erklärt Prof. Jon Shah, Direktor am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin und Leiter des „9komma4“-Projekts. „Wir werden Gehirnstrukturen erkennen können, die kleiner als ein Zehntel Millimeter sind. Dies ermöglicht uns, Veränderungen im Verlauf von neurologischen Erkrankungen früher zu entdecken als bisher.“ Mit dem starken Magneten wollen die Hirnforscher zukünftig die genauen Mechanismen für neurodegenerative Erkrankungen auf molekularer Ebene untersuchen.
„Wir verknüpfen in Jülich Grundlagenforschung und medizinische Anwendungen miteinander, um neurologische Krankheiten besser verstehen zu können und ihre Diagnose und Therapie zu verbessern“, sagt Prof. Achim Bachem, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich. „Unmittelbar verbunden ist das mit technisch-methodischen Weiterentwicklungen, wie wir sie gerade am neuen Hybridscanner gemeinsam mit Siemens durchführen, dem derzeitigen Marktführer im Bereich der Magnetresonanztomografie.“
Der neue Prototyp ist eine technologische Pionierleistung. Denn bislang konnte man einen MRT mit einer Feldstärke von 9,4 Tesla und PET nicht in einem Gerät integrieren. Die bisherige PET-Technik zur Signalerfassung versagt in einem starken Magnetfeld. Deshalb benutzt der PET-Detektor mit Avalanche-Fotodioden nun Halbleiter-Bauelemente, die auch in einem Magnetfeld arbeiten können. „Das Forschungszentrum Jülich und Siemens arbeiten seit Jahren bei einer Reihe von Forschungsprojekten eng zusammen. Das 9,4-Tesla-Projekt ist ein herausragendes Beispiel, wie sich das Know-how der Jülicher Forscher mit der Innovationskraft von Siemens ergänzt. Vorrangiges Ziel ist es dabei, Patienten in Zukunft noch besser helfen zu können“, erläutert Walter Märzendorfer, CEO Magnetresonanz bei Siemens Healthcare.
Neben der technologischen Herausforderung sieht Prof. Karl Zilles, Direktor am Institut für Neurowissenschaften und Medizin, in der Entwicklung von Hybridsystemen einen entscheidenden Durchbruch auf dem Weg zu völlig neuen Perspektiven für die neurologische Forschung: „Jetzt können erstmals gleichzeitig Struktur, Funktion und molekulare Prozesse im Gehirn eines lebenden Menschen untersucht und ihre Wechselwirkungen sowie Therapieeffekte auf allen Ebenen analysiert werden.“
Die Chancen des „9komma4“ wird Jülich auch für seine Partnerschaften in der Hirnforschung nutzen. In das neue Zentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn, wollen Jülicher Forscher ihre Expertise bei der Entwicklung und Nutzung bildgebender Verfahren einbringen. In der Jülich-Aachen Research Alliance „JARA“ hat sich das Forschungszentrum Jülich mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) in der Sektion JARA-BRAIN zusammengeschlossen, um neue Strategien zur Vorbeugung, Diagnose und Therapie psychischer und neurologischer Erkrankungen zu finden. Und mit der Universität Maastricht wurde zu Beginn dieses Jahres eine enge Kooperation auf dem Gebiet der Hochfeldresonanztomografie vereinbart, um ein europäisches Exzellenzzentrum für diesen Forschungsbereich zu schaffen.
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Das Forschungszentrum Jülich…
… betreibt interdisziplinäre Spitzenforschung zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Informationstechnologie. Kombiniert mit den beiden Schlüsselkompetenzen Physik und Supercomputing werden in Jülich sowohl langfristige, grundlagenorientierte und fächerübergreifende Beiträge zu Naturwissenschaften und Technik erarbeitet als auch konkrete technologische Anwendungen. Mit rund 4 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört Jülich, Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, zu den größten Forschungszentren Europas.
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