Bevölkerungsschwund: Ohne Handeln droht Verödung der Städte
Untersuchung der Bertelsmann Stiftung liefert Lösungsansätze
Gütersloh, 13. September 2002. Leere Kindergärten und Schulen, Wettbewerb um Einwohner, Arbeitskräftemangel: Rückläufige Geburtenzahlen und ein steigender Anteil älterer Menschen werden in deutschen Kommunen zu tiefgreifenden Veränderungen führen. Die Kommunen müssen den demografischen Wandel in Zukunft aktiv gestalten, sonst droht eine Verödung der Städte. Die Bertelsmann Stiftung zeigt in einer Untersuchung ausgewählter Kommunen die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf. Bis 2015 wird die Bevölkerung in fast allen der untersuchten Kommunen um bis zu acht Prozent abnehmen. In Dortmund zum Beispiel werden in acht Jahren 50 Prozent mehr Menschen als heute über 80 Jahre alt sein. Demgegenüber wird es 18 Prozent weniger Kinder im schulpflichtigen Alter geben. „Es ist dringend notwendig, mit geeigneten Maßnahmenpaketen auf den demografischen Wandel zu reagieren“, so Kerstin Schmidt, Projektleiterin der Bertelsmann Stiftung.
Obwohl in der Untersuchung deutlich wird, dass die Auswirkungen des demografischen Wandels am deutlichsten auf kommunaler Ebene spürbar sein werden, reagieren nur wenige Kommunen mit konkreten Handlungskonzepten. Mögliche Projekte müssen in fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens reichen. Die Kommunen müssen neue Nutzungskonzepte für Kindergärten, Schulen und Freizeiteinrichtungen entwickeln und ein altengerechtes Lebens- und Wohnumfeld sowie zukunftsorientierte Altenhilfestrukturen schaffen. Weiterhin müssen sie dem Arbeitskräftemangel begegnen und dabei insbesondere die Erwerbsquote bei Frauen erhöhen. Im Zusammenhang damit steht auch die Förderung der Familienfreundlichkeit, vor allem die Bereitstellung von Betreuungsangeboten für Kinder, um Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung zu ermöglichen.
Die Stadt Dortmund hat als Reaktion auf den demografischen Wandel ein umfassendes Konzept entwickelt: Um die Abwanderung in das Umland zu vermeiden, sollen bis 2010 dort 70.000 neue Arbeitsplätze im IT-Bereich entstehen. Außerdem will Dortmund zu einem bevorzugten Wohn- und Arbeitsort für junge Familien werden. Ende September wird der Rat der Stadt familienpolitische Leitlinien verabschieden. Bereits seit 2001 wurden 330 zusätzliche Ganztagsbetreuungsplätze in Schulen und 900 neue Ganztagsplätze in Kindertageseinrichtungen geschaffen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Neuausrichtung der Seniorenpolitik: Im Jahr 2001 wurden in Dortmund 4.000 Personen im Alter von 55 und 85 Jahren zur Zufriedenheit mit ihrer Lebenssituation befragt. Die Stadt reagierte sofort: Derzeit werden konkrete Projekte geplant.
Auch andere Kommunen engagieren sich: Die Stadt Vlotho zum Beispiel hat bereits ein Seniorenbüro eröffnet. In Coesfeld werden aufgrund des Geburtenrückgangs neue Nutzungskonzepte für Kindergärten und Schulen erarbeitet.
Das Projekt „KOMPASS“ der Bertelsmann Stiftung misst seit drei Jahren die Lebensqualität in den Städten Arnsberg, Celle, Coesfeld, Dortmund, Herford, Vlotho und den Kreisen Soest, Pinneberg und Osnabrück. In diesem bis 2004 laufenden Modellprojekt wird in verschiedenen Politikfeldern versucht, die Lebensqualität in den Kommunen zu verbessern. Der demografische Wandel ist ein Schwerpunktthema.
Rückfragen an: Kerstin Schmidt, Bertelsmann Stiftung, Telefon: 0 172 / 52 43 109
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.kompass-modellkommunen.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften
Der neueste Stand empirischer und theoretischer Erkenntnisse über Struktur und Funktion sozialer Verflechtungen von Institutionen und Systemen als auch deren Wechselwirkung mit den Verhaltensprozessen einzelner Individuen.
Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Demografische Entwicklung, Familie und Beruf, Altersforschung, Konfliktforschung, Generationsstudien und kriminologische Forschung.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…