Forschungsinitiative im vorwettbewerblichen Umfeld
- DaimlerChrysler und Volkswagen kooperieren bei erneuerbaren Kraftstoffen
- Forschungsinitiative im vorwettbewerblichen Umfeld
- SunFuel®, Diesel und Methanol aus Biomasse
DaimlerChrysler und Volkswagen bekräftigten heute in Hannover ihr Engagement für erneuerbare Kraftstoffe. Volkswagen wird sich wie DaimlerChrysler an einem Forschungsprojekt mit dem Freiberger Unternehmen Choren Industries GmbH zur Herstellung hochwertiger Kraftstoffe aus Biomasse beteiligen. Mit diesem Forschungsprojekt im vorwettbewerblichen Umfeld wollen beide Unternehmen schneller fundierte Erfahrungen mit erneuerbaren Kraftstoffen sammeln. Das erklärten heute Dr. Ulrich Eichhorn, Leiter der Konzernforschung der Volkswagen AG, und Prof. Herbert Kohler, Leiter der Forschungsdirektion Fahrzeugaufbau und Antrieb bei DaimlerChrysler und Umweltbevollmächtigter des Konzerns vor der Presse in Hannover im Beisein von Dr. Bodo Wolf, Geschäftsführer Choren Industries.
Die Forschungsinitiative ist Ausdruck der Anstrengungen beider Konzerne, den Ausstoß von Kohlendioxid aus fossilen Quellen möglichst zu verringern. Das Gas Kohlendioxid, das bei der Verbrennung von Kraftstoffen im Motor von Fahrzeugen entsteht, steht im Verdacht, zur globalen Erderwärmung beizutragen. Kraftstoffe aus Biomasse dagegen erzeugen kein zusätzliches Kohlendioxid, da während der Verbrennung nur soviel Gas frei wird, wie von der Biomasse während des Pflanzenwachstums aus der Luft aufgenommen worden war.
Während sich Volkswagen im ersten Schritt für die Gewinnung von synthetischen Kraftstoffen (SunFuel®) für Verbrennungsmotoren interessiert, stehen für DaimlerChrysler hierbei Diesel und Methanol im Mittelpunkt. Im Rahmen des Forschungsprojekts soll jeweils auch die Kraftstoffqualität und -quantität bewertet und eine umfassende Energie- und Stoffbilanz – vom Einsammeln der Biomasse in der Region über die Verarbeitung bis hin zur Verteilung der Kraftstoffe – erstellt werden.
Die in dem Projekt eingesetzten Biomassen verschiedenster Art aus der Region werden in einem mehrstufigen Prozess zu flüssigen Kraftstoffen umgewandelt. Die Kraftstoffarten sind aromaten- und schwefelfrei. Im ersten Prozessschritt wird die Biomasse in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zu Biokoks verarbeitet, der dann zu Synthesegas weiterverarbeitet wird. Aus dem Synthesegas lassen sich die gewünschten Kraftstoffe herstellen.
Dr. Ulrich Eichhorn: „Mit diesem Ansatz bedeutet ein Ende des Öls nicht ein Ende des Benzins. Aus Biomasse synthetisch hergestellte Kraftstoffe, wie SunFuel, schließen den Kreislauf und folgen der Natur. Sie sind schwefel- und aromatenfrei und schon jetzt hervorragend zum umweltschonenden Einsatz in aktuellen Verbrennungsmotoren geeignet.“
Prof. Herbert Kohler: „Die langfristige Sicherung der Energieversorgung ist eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft. Ohne bezahlbare Energie wird es keine Mobilität geben, keinen Transport von Menschen und Gütern, keine dynamische Wirtschaft, keine Freizügigkeit. Nachhaltige Mobilität – auch für die kommenden Generationen – ist unser Auftrag.“ Dr. Bodo Wolf, Geschäftsführer Choren Industries: „Mit nachhaltig produzierten Kraftstoffen aus Biomasse lässt sich in Zukunft die Versorgungsbasis für Kraftstoffe sichern.“
Ausführungen von Prof. Herbert Kohler, Leiter der Forschungsdirektion Fahrzeugaufbau und Antrieb und Umweltbevollmächtigter von DaimlerChrysler, anlässlich des gemeinsamen Pressegesprächs am 16. September 2002 in Hannover:
Meine Damen und Herren, hier in Hannover hat vor zwei Jahren Jürgen Schrempp in einer Grundsatzrede vor dem Weltingenieurtag die langfristige Sicherung der Energieversorgung als eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft bezeichnet und die Ingenieure aller Fachrichtungen aufgerufen, ihren Beitrag zur Lösung dieses Problems zu leisten. Denn es ist unbestritten, dass der weltweit zunehmenden Nachfrage nach Energie letztlich nur begrenzte Ressourcen an konventionellem Erdgas und Öl gegenüber stehen. Energie in geeigneter Form und zu günstigen Preisen ist aber von grundlegender Bedeutung für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Das bestimmt maßgeblich den Wohlstand ihrer Bürger. Die Energie ist auch die Basis unseres Geschäfts. Ohne bezahlbare Energie wird es keine Mobilität geben, keinen Transport von Menschen und Gütern, keine dynamische Wirtschaft, keine Freizügigkeit.
Ein paar Zahlen zur Weltenergiewirtschaft: Der weltweite Energiebedarf beträgt heute 8,75 Mrd. Tonnen Öläquivalent (toe). Vor 17 Jahren lag er noch bei 5,4 Mrd. toe. Der Energieverbrauch ist, auf einzelne Regionen bezogen, sehr unterschiedlich. In den USA beträgt er 8 toe pro Person, in Westeuropa 3,4 toe. In China liegt er bei nur 0,6 toe, aber es ist zu erwarten, dass er mittelfristig wesentlich höhere Werte erreichen wird.
Zur Versorgung mit Erdöl, ohne die Mobilität heute unvorstellbar ist: Heute importiert die EU 76 % ihres Bedarfs an Erdöl. Ohne aktives Gegensteuern würde der Import bis zum Jahr 2020 auf 90 % steigen. Der Nahe Osten, mit über 75 % der Weltölreserven, hatte nach der ersten Ölkrise einen Weltmarktanteil von unter 30 %. Mittlerweile liegt er bei 40 %, und in zehn Jahren wird er auf 50 % angestiegen sein. Die Welt wird also zunehmend von der Versorgung aus dieser politisch unsicheren Region abhängig. So weit die Prognosen.
Energieerzeugung und Energienutzung müssen also möglichst umweltschonend erfolgen. Nachhaltige Mobilität – auch für die kommenden Generationen – lautet der Auftrag.
In Deutschland haben sich Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam mit der Politik – an der Spitze der Bundeskanzler selbst – im vergangenen Jahr verstärkt dieses Themas angenommen. Am 1. und 2. Oktober 2001 fand in Berlin zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik dazu ein gemeinsames Symposium zu Energiebedarf, Energieeffizienz und Energiebereitstellung statt. Wir sind uns im Ergebn is einig:
Das unbegrenzte Verbrennen fossiler Energierohstoffe ist wegen der CO2-Emission problematisch. Die überwiegende Nutzung von Öl und Gas bringt uns – die hochentwickelten Industriestaaten – in Abhängigkeit von politisch instabilen Regionen. Und schließlich sind die fossilen Kohlenstoffe endlich – das heißt, ihre Verfügbarkeit ist zeitlich begrenzt, und ihre Förderung wird sukzessive teuerer werden.
Dem haben wir heute noch wenig entgegenzusetzen: Der Energiekonsens bedeutet, dass Deutschland aus der Kernkraft aussteigen wird. Die Potenziale der alternativen Stromerzeugung aus Wasser, Wind oder Sonnenenergie sind begrenzt, teilweise bereits erschlossen, auf bestimmte Vorzugsregionen begrenzt oder einfach nur teuer. Der Hoffnungsträger Wasserstoff braucht erst einmal Energie, um hergestellt zu werden. Erzeugung, Verteilung, Handhabung und Speicherung sind Aufgaben, an denen noch viele Jahre gearbeitet werden muss. Wir müssen deshalb zur Sicherung der Energieversorgung alle Energiearten heranziehen. Jede erfolgversprechende Technologie zur Energiewandlung muss kraftvoll weiterentwickelt werden. Die Wirkungsgradsteigerung – von der Energiequelle bis zum Endverbraucher – ist oberstes Gebot. Wir müssen also die Antriebstechnologie mit hohem Energiewirkungsgrad und die Kraftstoffe, die bei ihrer Erzeugung und ihrer Nutzung möglichst wenig CO2 emittieren, miteinander verbinden.
Deswegen arbeitet DaimlerChrysler so intensiv an der Brennstoffzelle. Diese Technologie hat einen besonders hohen Wirkungsgrad, sie arbeitet mit den Kraftstoffen Wasserstoff bzw. ersatzweise Methanol, die bei entsprechender Herstellung wenig CO2 emittieren – verglichen mit Kraftstoffen auf Rohölbasis. Nun braucht die Brennstoffzelle noch etliche Jahre, bis sie in großen Stückzahlen am Markt sein wird. Das Rückgrat für den Fahrzeugantrieb wird auf absehbare Zeit der Verbrennungsmotor sein, von dem im Jahr 2000 fast 58 Millionen Stück (für PKW 40,5 Mio., für NFZ 17,1 Mio.) hergestellt wurden. Deswegen ist dessen kontinuierliche Ver besserung oberstes Gebot. Und daran arbeiten wir mit aller Kraft – parallel zu den Arbeiten an der Brennstoffzelle.
Bleibt die große Frage: Was geschieht bei den Kraftstoffen? Welchen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emission können Kraftstoffe leisten? Dies ist der Kernpunkt des heutigen Tages.
Wenn es gelingt, Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen, ist zumindest die CO2-Bilanz aus Aufwuchs (CO2-Verbrauch) und Verbrennung (CO2-Emission) neutral. Es gibt solche Kraftstoffe, wenn auch in begrenzten Mengen, z.B. Ethanol aus Maiskorn in den USA, Ethanol aus Zuckerrohr in Brasilien oder Methylester aus Rapsöl in Deutschland. Leider macht der Energieverbrauch bei Anbau, Ernte und Verarbeitung dieser Naturstoffe einen Großteil der CO2-Neutralität wieder zunichte.
Deswegen freuen wir uns, dass CHOREN Industries das Projekt „Erneuerbare Kraftstoffe“ aufgesetzt hat, das die Idee vom Kraftstoff aus biogenen Reststoffen verwirklichen wird. Und wir freuen uns sehr darüber, dass sich jetzt auch Volkswagen in diesem Projekt engagiert und wir diese Initiative gemeinsam vorantreiben.
Dort werden wir synthetische Kraftstoffe aus Biomasse herstellen und diese Kraftstoffe – aus DaimlerChrysler Sicht vor allem synthetischer Diesel und Methanol – in Serien- und Versuchsfahrzeugen erproben. Neben der Ressourcenschonung und einer ausgeglicheneren CO2-Bilanz sehen wir eine hohe Attraktivität in einer weiteren Verringerung von Verunreinigungen wie Schwefelverbindungen oder Aromaten. Damit ergeben sich zusätzliche Chancen bei einem breiten Einsatz solcher Kraftstoffe. Wir können bereits bei der existierenden Fahrzeugflotte weitere Emissionsreduzierungen erreichen, die über den Weg einer veränderten Fahrzeugtechnik erst Schritt für Schritt am Markt weitere Entlastung bringen würde.
Mit dieser hier vorgestellten gemeinsamen Aktivität wollen wir nach theoretischen Betrachtungen, Bilanzierungen und Labortests den Schritt in die technische Anwendung machen und eine ermöglichst schnelle und breite Anwendung dieser Kraft stoffe ermöglichen.
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