Die neue Akkreditierungsstelle kommt, aber wann und wie?

Das Bundekabinett hat auf seiner Sitzung am 22.4.2009 wider alle Befürchtungen doch noch die Gesetzesvorlage zum Akkreditierungsstellengesetz – AkkStelleG gebilligt. Doch was bedeutet das für die Realität in 2010? Geht es wirklich so reibungslos weiter mit Akkreditierungen, wie die ersten Rundschreiben von jetzigen Akkreditierungsstellen an ihre Kunden glauben machen? Welche Hindernisse sind noch zu überwinden, welche Risiken bestehen nach wie vor? Was ändert sich für Konformitätsbewertungsstellen?

Nachdem Anfang April der größte Teil der akkreditierten Konformitätsbewertungsstellen per Rundschreiben ihrer Akkreditierungsstellen über das voraussichtliche Scheitern der zeitgerechten Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Anforderungen an Akkreditierung und Marktüberwachung bei der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 (ABl. L 218 vom 13. 8. 2008, S. 30) und für Akkreditierungen nach Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 informiert wurde, hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Akkreditierungsgesetz (AkkStelleG) doch noch gebilligt und auf den Weg in das Gesetzgebungsverfahren gebracht.

Daraufhin wurde – meines Erachtens vorschnell – in neuen Rundschreiben und Artikeln Entwarnung gegeben, verbunden mit dem eher nebensächlich erscheinenden Hinweis darauf, dass Bundestag und Bundesrat dem auch noch zustimmen müssen. Genau hier aber liegt das Problem. Denn sollten die dazu notwendigen Lesungen im Bundestag und auch die Abstimmung innerhalb des Bundesrates bzw. dann ggf. auch noch zwischen Bundesrat und Bundestag nicht bis zur Sommerpause abgeschlossen sein, dürfte das Gesetz in der jetzigen Legislaturperiode nicht mehr in Kraft treten.

In der neuen Legislaturperiode müsste die Vorlage dann erneut eingebracht werden. Damit hätten wir zumindest in den ersten Monaten des Jahres 2010 – wer weiß schon wie lange – mit größter Wahrscheinlichkeit in Deutschland keine zugelassene und international anerkannte Akkreditierungsstelle.

Konformitätsbewertungsstellen, welche die Akkreditierung anstreben oder deren Reakkreditierung im Jahr 2010 ansteht, sollten daher nach wie vor genau abwägen, welches Risiko sie eingehen können bzw. wollen. Eine Fristverlängerung für die Reakkreditierung ist aufgrund internationaler Vereinbarungen ausgeschlossen, man würde die Akkreditierung verlieren. Planungssicherheit sieht nach meiner Meinung anders aus.Doch nun zum Gesetzesentwurf. Was steht eigentlich darin und womit müssen wir vielleicht auch noch rechnen?

In § 1 wird vorgeschlagen, dass alle Akkreditierungen von der – neu zu schaffenden – Akkreditierungsstelle durchzuführen sind. Lediglich in gesetzlich geregelten Bereichen, also z.B. in den Bereichen Medizinprodukte, Gendiagnostika, Sicherheitstechnik sowie Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einschließlich Lebensmittelsicherheit, bleibt die Zuständigkeit für die Erteilung der Befugnis bei den jetzt schon zuständigen Behörden.

Für den gesetzlich nicht geregelten Bereich ändert sich also im Prinzip nichts, Durchführung und Erteilung der Anerkennung bleiben in einer Hand, während man es im gesetzlich geregelten Bereich in der Zukunft mit zwei Stellen zu tun hat, nämlich mit der neuen Akkreditierungsstelle und mit der schon bisher zuständigen Behörde. Wie sich das auf die Praxis auswirkt, bleibt abzuwarten. Desweiteren soll die Akkreditierungsstelle in Zukunft das Verzeichnis aller akkreditierten Stellen führen, womit der DAR wohl seine letzte wichtige Aufgabe verliert.

Neu im Entwurf ist auf jeden Fall die Einrichtung eines Akkreditierungsbeirates, angesiedelt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, welches auch dessen Mitglieder beruft. Aufgabe dieses Beirates ist die Beratung der Akkreditierungsstelle und die Beratung der Bundesregierung. Dieser Akkreditierungsbeirat richtet sektorale Fachbeiräte ein. Damit dürften die bisherigen internen Gremien der Akkreditierungsstellen auf eine andere Ebene gehoben und deutlich aufgewertet und gestärkt werden, was im Hinblick auf die Harmonisierung von Auslegung und Interpretation der Normen längst überfällig ist.

Die Einrichtung der Akkreditierungsstelle selber ist dann noch mit einigen Hürden und auch einem kleinen Hintertürchen versehen. Ziel der Gesetzesvorlage ist vorrangig die Beleihung einer privatrechtlichen Einrichtung, unter mehrheitlicher Beteiligung des Bundes und nach Möglichkeit der Länder, mit der Aufgabe als Akkreditierungsstelle. Allerdings steht für den Fall, dass diese Beleihung nicht erfolgt, warum auch immer, die Einrichtung eines Bundesamtes als Alternative in der Vorlage, auch wenn dieses zumindest für das Jahr 2010 aus vielen Gründen ausgesprochen unwahrscheinlich sein dürfte.

Die Beleihung kann erstmals nach fünf Jahren, dann mit einer Frist von zwei Jahren jederzeit beendet werden. Da Bund und ggf. Länder zusammen aber immer eine 2/3-Mehrheit an der jeweiligen Akkreditierungsstelle kraft Gesetz halten sollen, würde sich die Alternative auf die Einrichtung eines Bundesamtes beschränken, was ab 2015 aber auch realisierbar wäre.

Federführend bei der Umsetzung des Gesetzes ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Aber jede Entscheidung darüber, welche Stelle in Zukunft mit der Akkreditierung beliehen oder beauftragt wird, muss im Einvernehmen mit den Ministerien des Innern, für Finanzen, für Arbeit und Soziales, für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, für Gesundheit sowie für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit getroffen werden.

In einer Rechtsverordnung muss geregelt werden, welche Ministerien mit der Aufsicht über die Akkreditierungsstelle beauftragt werden und wie diese Aufsicht ausgestaltet wird. Die Aufsicht kann auch dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie übertragen werden.

Ob eine derartige Fülle von Entscheidungsträgern mit durchaus auch eigenen Interessen zu einer zeitnahen Entscheidung findet? Man mag gar nicht daran denken was passieren könnte, wenn einzelne Ministerien nach der Wahl neu zugeschnitten werden.

Fazit
Es ist nach wie vor vieles offen und niemand kann heute mit Gewissheit sagen, wie es ab dem Jahre 2010 bzw. 2015 wirklich um die Akkreditierung in Deutschland bestellt sein wird. Auf jeden Fall wird sich die neue Akkreditierungsstelle vorrangig mit der Durchführung der Akkreditierung befassen, während die Interpretation der Normen und die Umsetzung in begleitende Regelungen in der Hand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie als beleihender Institution liegen werden. Wünschen wir diesem ein glückliches Händchen bei der kompetenten Besetzung des Beirates und uns allen, dass die neue Akkreditierungsstelle ihre Arbeit am 1.1.2010 tatsächlich aufnehmen wird.

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Weltweit erstes Zentrum für Solarbatterien

Strategische Partnerschaft zur Optoionik von TUM und Max-Planck-Gesellschaft. Energie von Sonnenlicht direkt elektrochemisch speichern Optoionik als Querschnittswissenschaft zwischen Optoelektronik und Festkörperionik Bayern als internationaler als Innovationsführer bei solarer Energiespeicherung Das…

Kombinierte Immuntherapie als Erstbehandlung

… für bestimmte Endometriumkarzinom-Patientinnen wirksamer als Chemotherapie. In einer internationalen klinischen Phase III-Studie (LEAP-001) unter der Leitung des Innsbrucker Gynäkologen Christian Marth wurde überprüft, ob die kombinierte Immuntherapie der Chemotherapie…

Köpfe, KI, MRT: Einblicke ins Gehirn

…mittels Künstlicher Intelligenz und „rasanten“ Messverfahren Mit Künstlicher Intelligenz (KI) und beschleunigten Messroutinen möchte Prof. Alexander Radbruch die bisherigen Fähigkeiten der Magnetresonanztomografie erweitern, neue Erkenntnisse über das Gehirn ermöglichen und…