Internet-Turbo für Auto-Elektronik
Für die meisten Auto-Innovationen ist die Elektronik verantwortlich. In modernen Fahrzeugen stecken heute bis zu 70 elektronische Steuergeräte, die miteinander Daten austauschen.
Leider sprechen diese eingebetteten Systeme aber eine andere Sprache als der Rest der Fahrzeugkomponenten – das bremst Neu-Entwicklungen. Die Automobil-Industrie möchte deshalb, dass sich die Elektronikbauteile in Zukunft mittels Internet-Protokoll (IP) verständigen. Doch was, wenn die Kommunikation während der Fahrt versagt oder Hacker versuchen, die Bordelektronik zu manipulieren?
Um solche Störungen auszuschließen, entwickeln zwölf Unternehmen der Automobilindustrie zusammen mit sechs Forschungseinrichtungen im Projekt „Sicherheit in eingebetteten Systemen“ (SEIS) ein IT-Sicherheitsmodell für die IP-Kommunikation im Auto. Fraunhofer SIT übernimmt dabei die Analyse der Sicherheitsanforderungen und entwickelt konkrete Lösungsvorschläge, die anschließend anhand von prototypischen Demonstratoren getestet werden.
Heutige Auto-Elektronik besteht aus mehreren abgeschotteten Domänen, die technisch unterschiedliche Bussysteme umfassen. Problem: Diese Bussysteme sind nicht kompatibel miteinander und genügen nicht den zukünftig erwarteten Übertragungskapazitäten. „Diese Struktur bremst Neu-Entwicklungen, denn Informationsflüsse zwischen den Hardware-Domänen lassen sich nur schwer oder gar nicht realisieren, verhindern eine einheitliche Software-Entwicklung und bremst Installationsvorgänge“, sagt Peter Schoo, Bereichsleiter beim Fraunhofer SIT. Durch den Einsatz von IP kann eine Einheit entstehen, die Fahrzeuginformationen leichter zu neuen Diensten verbindet.
„Ein Software-Update bei einem Auto dauert heute bis zu 24 Stunden, weil das im Moment nur tröpfchenweise geht“, sagt Schoo. Die Vereinheitlichung von Schnittstellen und Protokollen kann solche Prozesse und die gesamte Entwicklung der Auto-Elektronik beschleunigen, und selbst Open-Source-Konzepte ließen sich mittels der IP-Basis verwirklichen. Es ergeben sich jedoch auch neue Angriffs- und Missbrauchsmöglichkeiten sowie neue Störungsquellen, weil Angreifer in Fahrzeugen ungestörten physikalischen Zugriff auf die Fahrzeugteile haben. So lässt sich etwa Auto-Hardware mittels Seitenkanal-Angriffen attackieren. Dabei werden Sicherheitsmodule durch die Analyse von physischen Parametern wie Reaktionszeiten oder Temperaturabstrahlung gebrochen.
Im Rahmen des SEIS-Projekts wollen die Projektpartner jetzt gemeinsam die Elektronikarchitektur im Auto vereinfachen und gleichzeitig die Datenvernetzung im Kraftfahrzeug absichern. Ziel ist die Entwicklung einer sicheren IP-basierte Kommunikationsplattform für eingebettete Systeme. Damit das zugehörige Sicherheitsmodell ausreichenden Schutz bietet, muss es die unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation im Auto berücksichtigen und auch für zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten offen sein. So wird Fraunhofer SIT zusammen mit den Konsortialpartnern nicht nur die Kommunikation zwischen den einzelnen Steuergeräten absichern, sondern auch die Kommunikation mit benachbarten Fahrzeugen und dem Internet.
Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt ist Teil der Innovationsallianz Automobilelektronik (E|ENOVA) und dauert drei Jahre. Mit ersten Ergebnissen ist nach einem Jahr zu rechnen. Zu den Projektpartnern gehören die Unternehmen BMW AG, BMW Forschung und Technik GmbH, Audi AG, Audi Electronics Venture GmbH, Volkswagen AG, Daimler AG, Robert Bosch GmbH, Continental Automotive GmbH, Infineon Technologies AG, EADS Deutschland GmbH, Alcatel-Lucent Deutschland AG, Elektrobit Automotive GmbH, die Universitäten Karlsruhe, Chemnitz, Erlangen und München sowie das Fraunhofer ESK und das Fraunhofer SIT.
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