Geothermisches Pilotkraftwerk Altheim, Oberösterreich offiziell in Betrieb genommen

Heizzentrale, aussen

Geothermisches Pilotkraftwerk Altheim, Oberösterreich offiziell in Betrieb genommen
„Altheim ist weltweit zum Synonym für diese Art der geothermischen Stromversorgung geworden“.

Am Samstag wurde im oberösterreichischen Altheim die erste geothermische Stromerzeugung nördlich der Alpen offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Mitteleuropa galt wegen fehlender Dampflagerstätten bislang als eine Region, in der Erdwärmekraftwerken kaum Realisierungschancen eingeräumt wurden. Das nun in nach einer längeren Anlaufphase in Betrieb genommene Pilotprojekt beweist nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, dass das nach menschlichen Maßstäben unerschöpfliche geothermische Potenzial auch in unseren Breiten für die Erzeugung von elektrischem Strom herangezogen werden kann. Die bislang einmalige Vorhaben wurde in einem internationalen Forschungsverbund mit Beteiligten aus Österreich, Deutschland, Italien und Frankreich und mit finanzieller Unterstützung aus Mitteln der Europäischen Union, der oberösterreichischen Landesregierung, der österreichischen Bundesregierung und dem regionalen Energieversorger Energie AG Oberösterreich umgesetzt. Kernstück ist eine neuentwickelte ORC-Turbine, die sich bereits mit Temperaturen um 100 °C begnügt, um daraus im Altheimer Fall knapp 1 MW elektrischen Strom zu machen.

In Altheim wird bereits seit mehreren Jahren 104 °C heißes Wasser aus einer Tiefe von mehr als 2000 m gefördert. Ein Fernwärmenetz versorgt den gesamten Kernbereich der 5000 Einwohner zählenden Marktgemeinde und damit rund 2000 Menschen mit sauberer Heizenergie aus der Tiefe. Die Altheimer Luft bleibt sauber. Das Wasser, dass nach dem Stromerzeugungsprozess die Turbine verlässt, ist immer noch heiß genug, um die Altheimer Haushalte zu beheizen. Um die Wärmeversorgung erweitern und die Stromproduktion einrichten zu können, wurde eine zweite Bohrung abgeteuft. Eine dient nun dazu, das heiße Wasser an die Oberfläche zu holen, über die zweite wird es ausgekühlt wieder in den Untergrund verpresst.

Entsprechend groß war das nationale und internationale Interesse am Tag der Inbetriebnahme. Mut und Weitsicht der Altheimer Verantwortlichen fanden dabei Anerkennung von allen Seiten. Bürgermeister Franz Weinberger und Projektleiter Gerhard Pernecker freute sich darüber, dass sich bereits in der Anlaufphase zahlreiche Interessenten aus aller Welt auf den Weg in ihre Heimatgemeinde gemacht hätten, um sich ein eigenes Bild über die Anlage zu machen. Und dieses ist eigentlich unspektakulär. Das Kraftwerk befindet sich in einem kleineren Gebäude mitten im Ort, am Rande eines Parkplatzes hinter dem Rathaus. Auffällig sind allein die beiden der Anlage vorgelagerten Köpfe von Förder- und Verpresssonde. Das Thermalwasser wird nämlich, nachdem es aus der Tiefe gefördert und in Strom- und Wärmeversorgung ausgekühlt wurde, wieder in den Untergrund zurückgeschickt, um das hydraulische Gleichgewicht in der Wasser führenden Schicht (Aquifer) zu erhalten. Wie Dr. Burkhard Sanner, (Universität Gießen und Vorsitzender der Geothermischen Vereinigung) betonte, bedürfe es einer gewissen Vorstellungskraft, um sich die Dimensionen deutlich machen zu können. Man sieht nichts, riecht nichts und hört erst dann etwas, wenn man das Gebäude selbst betritt. „Das ist schlecht für Journalisten und Politiker“. Sanner betonte auch die historische Dimension dieses Erfolgs: 1904 war im toskanischen Larderello ein erster bescheidener Schritt zur geothermischen Stromversorgung getan worden. Er hatte vier Glühlampen zum Leuchten gebracht. Heute sind weltweit mehr als 8000 MW elektrischer Leistung aus geothermischen Ressourcen am Netz. Mit der Anlage in Altheim stößt die Nutzung der Erdwärme neue Türen auf. Das machte auch der Leiter des Europäischen Hot-Dry-Rock-Forschungsprojekts in Soultz-sous-Forêts (Elsass) Dr. Jörg Baumgärtner deutlich. Das vor der Einsatzreife stehende Hot-Dry-Rock-Verfahren und Strom aus heißen Thermalwasservorkommen werden zukünftig der Geothermie neue Möglichkeiten auch in jenen Regionen eröffnen, in denen bislang an eine solche Nutzung nicht zu denken gewesen war. Sanner verwies u. a. auf Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern, wo vorgesehen ist, ähnlich dem Altheimer Projekt eine Turbine in eine bestehende Fernwärmeversorgung zu integrieren. Gunther Wittig, Geschäftsführer der geox GmbH, Landau in der Pfalz, einem Gemeinschaftsunternehmen der Energieversorgung Südwest und der Pfalzwerke machte deutlich, dass sein Unternehmen sich zunächst des besonders privilegierten Oberrheingrabens annehmen möchte. Dort seien Standortuntersuchungen bereits im gange.

Auch aus österreichischer Sicht wurde deutlich, dass sich im Konzert der erneuerbaren Energieträger nun ein noch relativ neuer Mitspieler deutlich Gehör verschafft hatte. Oberösterreichs Energielandesrat Josef Fill verwies darauf, dass die Geothermie für sein Bundesland die Zukunft darstelle. Nationalrat Max Hoffmann, Mitarbeiter an Österreichs neuem Ökostromgesetz betonte, dass neue Energietechnologien nicht nur nachhaltig sein müssten, sondern auch ihre Sinnhaftigkeit nachzuweisen hätten. In diesem Zusammenhang kritisierte er deutlich den Atomstrom, der keine Kostenwahrheit kenne. Für die Geothermie dagegen sah er eine interessante Zukunft voraus. Der Clubobmann der ÖVP im oberösterreichischen Landtag, Dr. Josef Stockinger, machte deutlich, dass der Anteil an grünem Strom in Oberösterreich von gegenwärtig 1% am Energieverbrauch auf 4% gesteigert werden solle. Dr. Leo Winter, der Vorstand der Energie AG Oberösterreich setzte sich nachdrücklich dafür ein, dass die Politik die in liberalisierten Märkten operierenden Unternehmen von den finanziellen Folgen einer mehr auf erneuerbare Energieträger fokussierenden Energiepolitik freistellen müsse. Nationalrat Ing. Gerhard Fallent widersprach in einer Art Gegenrede und stellte die Kostenwahrheit der gesamten konventionellen Energieversorgung in Frage. Zudem sah er die Erneuerbaren in ihrer Friedens erhaltenden Mission. Er fürchtete einen Krieg um Öl zwischen der USA und dem Irak. Statt Geld für Schäden auszugeben, so Fallent mit Blick auf die jüngsten Hochwasserkatastrophen, mache es mehr Sinn in ihre Vermeidung zu investieren. Das würde langfristig auch zu einer Entlastung der Bevölkerung führen.

Weitere Informationen zum Altheimer Projekt (inklusive eines Bilderdienstes für Journalisten und Redaktionen) und zur Geothermie im allgemeinen finden Sie auf unserer Homepage „Unser Energischer Planet“ im Internetportal www.geothermie.de

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Werner Bussmann idw

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