Wurzelbehandlung aus einem Guss

Der Zahn pocht ohne Unterlass – der Gang zum Zahnarzt ist unumgänglich. Ist das Kauwerkzeug zu stark durch Karies geschädigt, hilft oft nur noch eine Wurzelbehandlung. Dabei entfernt der Zahnarzt zunächst den Nerv und schließt den entstehenden Hohlraum mit einem Füllmaterial.

Dieses muss so dicht sein, dass keine Bakterien durchkommen: Der Wurzelkanal könnte sich sonst erneut entzünden. Andererseits muss sich das Material gegebenenfalls wieder entfernen lassen. Ist die Zahnkrone stark zerstört, verankert der Zahnarzt mit einem Befestigungszement einen Wurzelstift in dem zuvor gefüllten Wurzelkanal. Dieser Stift dient als Verankerung für das Kompositmaterial, aus dem der fehlende Teil des Zahns – der Stumpf – wieder aufgebaut wird, und auf die der Zahnarzt wiederum die Krone setzt.

Bei der Wurzelbehandlung treffen also verschiedene Materialien aufeinander, die jeweils verschiedene Anforderungen erfüllen müssen. Das Problem dabei: Die Materialien sind nicht immer miteinander kompatibel oder verbinden sich nicht optimal mit der Zahnhartsubstanz. Das kann dazu führen, dass der Stift bricht, Stumpf und Krone nicht ausreichend am Stift haften und die teure Krone erneuert werden muss. Solche Fehler treten nicht selten auf: Die Rate liegt im einstelligen Prozentbereich.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg haben mit ihren Kollegen der VOCO GmbH nun einen Werkstoff entwickelt, der sich für alle Komponenten einer Wurzelkanalbehandlung eignet. »Basis dieses Stoffs sind ORMOCERE®«, sagt Dr. Herbert Wolter, Gruppenleiter am ISC. »Diese ORMOCERE® haben wir mit verschiedenen Nano- und Mikropartikeln kombiniert, um die höchst unterschiedlichen Eigenschaften zu erreichen – Experten sprechen von Nanohybridmaterialien.« So sollten die Stoffe, mit denen der Wurzelkanal gefüllt wird, beim Aushärten möglichst nicht schrumpfen, mit der Zahnhartsubstanz dicht abschließen und im Röntgenbild sichtbar sein. Das Material, aus dem der Zahn wieder aufgebaut wird, sollte dagegen die gleichen Eigenschaften aufweisen wie der Zahn selbst.

»Hybridmaterialien eignen sich gut für diese Anforderungen. Ein Beispiel: Sie schrumpfen bei der Aushärtung nur um etwa 1,3 Prozent. Herkömmliche Stoffe schrumpfen meist um 2 bis 4 Prozent. Auch lassen sich die ORMOCERE so einstellen, dass sie gut an den unterschiedlichen Zahnbereichen haften«, sagt Wolter. Derzeit stellen die Mitarbeiter der VOCO GmbH aus den Materialien Dentalpräparate her – die Produktentwicklung ist also bereits in vollem Gange. In wenigen Jahren könnte die neue Entwicklung auf den Markt kommen.

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Dr. Herbert Wolter Fraunhofer Gesellschaft

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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