Im Rausch automobiler Geschwindigkeit: Die Frauen genießen, die Männer werden starr
Wenn Männer im Cockpit eines Buggys Platz nehmen und in einer Auto-Rennsimulation den Formel-1-Parcours von Barcelona angehen, wird auch aus einem computeranimierten Spiel verblüffende Realität: Die Augen sind starr auf den Monitor gerichtet, die Lippen aufeinander gepresst, in den Kurven wird früh abgebremst, um Unfälle zu vermeiden – auch wenn der Computer von vornherein als Sieger fest steht.
Frauen erkennen das Spiel viel früher: Sie nehmen eine entspannte Körperhaltung ein, fahren im Durchschnitt schneller als die Männer, lachen häufig während des Rennens und genießen ganz offensichtlich den außergewöhnlichen Speed. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede des Erlebens automobiler Geschwindigkeit ermittelte das Kompetenzzentrum Frau und Auto der Hochschule Niederrhein und leitete daraus Wertangebote für potenzielle Kundinnen und Kunden durch die Automobilindustrie ab.
Ein Buggy, ausgestattet im Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik von Prof. Dr. Hans-Jürgen Lauschner mit der Software für eine Renn-Simulation, 56 Frauen und Männer aller Altersgruppen und sieben Master-Studentinnen und -Studenten, die durch Beobachtung und Befragung deren geschlechtsspezifische Unterschiede in Faszination und Emotion bei der Bewältigung eines Formel-1-Parcours ermittelten – das war die Startaufstellung. Am Ende des wissenschaftlichen Parcours' gab es bei zehn Hypothesen Ergebnisse, die Vorurteile teils zu bestätigen, teils zu widerlegen vermögen. Beispielsweise beim Wechselspiel zwischen Konzentration und Prestige: Den verzweifelten Anstrengungen der jüngeren männlichen Fahrer zum Trotz konnte das Prestige, als Sieger den Wettbewerb zu beenden und so eine externe hohe Belohnung für fahrerischen Glanz zu erringen, von keinem Teilnehmer erreicht werden. „Die Herausforderung, den schwierigen Parcours wettbewerbsgemäß zu meistern oder gar zu gewinnen, wurde offenbar von den Frauen gar nicht als prestigegeladene Herausforderung wahrgenommen“, stellte Prof. Dr. Doris Kortus-Schultes fest, die Institutsleiterin. Nach dem Schwenken der Zielflagge gehen sie viel weniger selbstkritisch mit sich ins Gericht als die Männer.
Dementsprechend fällt auch das Vergnügen an der Simulation aus: Bei Männern ist es deutlich geringer als bei Frauen – weil es nichts zu gewinnen gab. Es kann jedoch auch daran liegen, dass sie bereits mehr Erfahrungen mit Renn-Simulation als Frauen haben und ihre Anforderungen deshalb höher liegen. Gerade bei jüngeren Fahrern ist jedoch auch Freude darüber feststellbar, komplexe Renn-Situationen fahrerisch gemeistert zu haben. Und auch bei dem Wunsch, ein dem virtuell gesteuerten Boliden vergleichbares Fahrzeug selbst zu besitzen, unterscheiden sie sich signifikant von Frauen und älteren Geschlechtsgenossen. Nachzulesen sind alle Ergebnisse in Band 5 der Schriftenreihe des Kompetenzzentrums Frau und Auto mit dem Titel „Auto und Geschwindigkeit“, Cuvillier Verlag Göttingen.
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