Arbeitsmarkt und Wirtschaft der 16 Bundesländer im Vergleich
Ergebnisse einer Untersuchung des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Tübingen
Ein Benchmarking, einen Leistungsvergleich, der 16 deutschen Bundesländer anhand ausgewählter Wirtschafts- und Arbeitsmarktindikatoren hat das Politikwissenschaftliche Institut der Universität Tübingen jetzt abgeschlossen. Durchgeführt wurde die Untersuchung von Susanne Blancke, Andrea Lindlohr und Josef Schmid von der Abteilung Innen- und EU-Politik und politische Theorie. Die Untersuchung wurde in drei Abschnitte gegliedert: Ein Benchmarking auf der Grundlage von Arbeitsmarktfaktoren, ein anderes auf der von Wirtschaftsindikatoren, in einem dritten wurden Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsbenchmarking kombiniert. Als Indikatoren des dritten Benchmarking dienten Arbeitslosenquote, Erwerbsquote, Bruttowertschöpfung pro Kopf der Bevölkerung, Investitionen pro Beschäftigten im produzierenden Gewerbe und Insolvenzen pro tausend Einwohner.
Anhand der standardisierten Einzelindikatoren wurden die Stärken und Schwächen der einzelnen Länder herausgearbeitet und ein Ranking nach ihrer sozio-ökonomischen Lage aufgestellt. Mit der Untersuchung sollen die Unterschiede in den Lebensverhältnissen der deutschen Bundesländer deutlich gemacht und eine Basis für künftige Untersuchungen der Landespolitiken und ihrer Wirkungsweisen geliefert werden. Dies wird von den Politikwissenschaftlern als Voraussetzung von Entwicklungs-
prozessen und Wettbewerb in den Ländern begriffen.
Das Benchmarking wurde für jedes Land zu zwei Zeitpunkten, 1993 und 1998, für den Arbeitsmarkt 1999, vorgenommen. Insgesamt weisen Bayern, Baden-Württemberg und mit leichten Abstrichen auch Hessen fast durchgängig besonders gute Leistungsdaten auf. Baden-Württemberg liegt ähnlich wie Bayern bei den meisten Werten an der Spitze, je nach Indikator leicht vor oder hinter Bayern. Im Vergleich zu anderen West-Bundesländern liegt die Erwerbsquote in Baden-Württemberg recht hoch, sie ist jedoch zu beiden Zeitpunkten spürbar schlechter als in Bayern (1993: 73,0 Prozent; 1999: 72,9 Prozent; Bayern 1993: 75,5 Prozent 1999: 74,8 Prozent). Deutlich schwächer als für Bayern sind auch die Werte für die Langzeitarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg: 34,2 Prozent der Arbeitslosen waren 1999 in Baden-Württemberg ein Jahr und länger arbeitslos, in Bayern dagegen nur 29,7 Prozent. Auch ist Baden-Württemberg in der Bruttowertschöpfung mittlerweile von Hessen und Bayern überholt worden. Während im produzierenden Gewerbe eine besonders hohe Bruttowertschöpfung erzielt wird (Platz 1 vor Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen), scheint der Wandel zur hochproduktiven Dienstleistungsgesellschaft noch etwas zu stocken. Hier fällt Baden-Württemberg sehr deutlich hinter Hessen, aber auch hinter Bayern zurück.
Im Mittelfeld des Rankings der Bundesländer, in dem die Daten zu Arbeitsmarkt und Wirtschaft kombiniert wurden, liegen die anderen West-Bundesländer. Besonders schwach zeigen sich die neuen Bundesländer, aber auch das Saarland und, besonders bei den Arbeitsmarktdaten, Bremen. Von allen ostdeutschen Bundesländer nimmt Brandenburg die beste Position ein. Die Arbeitslosenquote schneidet im Ost-Vergleich zwar gut ab, im Bundesdurchschnitt ist sie jedoch sehr hoch. Das schwächste Bundesland ist Sachsen-Anhalt. Das Land zeigt die geringste Bruttowertschöpfung, die höchste Arbeitslosigkeit und nach Sachsen die meisten Insolvenzen.
Zusammenfassend zeigen sich sehr große Unterschiede in der wirtschaftlichen Lage der Bundesländer. Die Politikwissenschaftler führen dies nicht allein auf die Politik der Landesregierungen zurück. „Unterschiedliche ökonomische Strukturen und politische Strategien erzeugen gleichsam ein komplexes Laboratorium“, lautet ihr Fazit.
Ergebnisse des kombinierten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsbenchmarkings 1998:
1: Bayern
2: Baden-Württemberg
3: Hessen
4: Niedersachsen
5: Schleswig-Holstein
6: Rheinland-Pfalz
7: Nordrhein-Westfalen
8: Saarland
9: Brandenburg
10: Thüringen
11: Sachsen
12: Mecklenburg-Vorpommern
13: Sachsen-Anhalt
(im kombinierten Wirtschafts- und Arbeitsmarktbenchmarking wurden aus statistischen Gründen die Stadtstaaten nicht berücksichtigt)
Nähere Informationen: Susanne Blancke, Andrea Lindlohr und Josef Schmid, Institut für Politikwissenschaft, Melanchthonstraße 36, 72074 Tübingen, Tel. 0 70 71/ 29-72926.
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