Arbeitsmarktpolitische Systeme
Die „Aktivierung“ der Arbeitsmarktpolitik und die Reformdiskussion um die Finanzierung der Arbeitslosenversicherung – Institut Arbeit und Technik untersuchte arbeitsmarktpolitische Systeme in Frankreich, Dänemark und Schweden
Arbeitsmarktpolitik kostet Geld – vor allem in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit. Allerdings tragen die Ausgaben auch dazu bei, die Konjunktur zu stabilisieren. Zudem kann „aktive“ Arbeitsmarktpolitik sparen helfen, wenn sie z.B. statt der Bezahlung der Arbeitslosigkeit mit Umschulungen, Lohnkostenzuschüssen und Existenzgründungen Wege in eine neue Beschäftigung finanziert. In mehreren europäischen Ländern wurden in den letzten Jahren neue Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingeführt. In einer jetzt vorgelegten Studie untersuchte das Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik in Frankreich, Dänemark und Schweden, um anhand der Erfahrungen in diesen Ländern Anregungen und Erkenntnisse für die auch in Deutschland geführte Reformdiskussion zu gewinnen.
Beim Vergleich der Ergebnisse interessierte vor allem, ob und wie es in den einzelnen Ländern gelingt, die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik aktiv zur Erreichung bestimmter arbeitsmarktpolitischer Ziele einzusetzen und welche Rolle dabei die Art der Finanzierung der Aufgaben spielt. Einige Länder verfügen bereits über solche Strukturen und Instrumente, die in der deutschen Reformdebatte als beispielhaft charakterisiert werden.
Das arbeitsmarktpolitische System wird in Schweden über Beiträge finanziert, in Frankreich für den passiven Bereich (Lohnersatzleistungen) über Beiträge und im aktiven Bereich über Steuern. Dänemark stellte 1993/94 von der Steuer- auf die Beitragsfinanzierung um. Ein Hauptergebnis der Untersuchung zeigt, dass es für eine problembezogene, effiziente Arbeitsmarktpolitik nicht entscheidend ist, ob die Mittel dafür aus Beiträgen oder Steuern stammen. Unterschiedlich ist lediglich die „Finanzierungsmechanik“, letztlich ist es immer der politische Wille, der die Arbeitsmarktpolitik in eine bestimmte Richtung entwickelt.
Wenn Mehrausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik zu Einsparungen für passive Maßnahmen im selben Haushalt führen, ist eine expansive aktive Arbeitsmarktpolitik leichter durchsetzbar und die Mittelverwendung kann flexibler gestaltet werden. Außerdem schützen eine klare Zweckbindung der Mittel oder ein individueller Rechtsanspruch auf aktive Leistungen davor, dass allgemeine haushaltsrechtliche Restriktionen oder eine Verschiebung zugunsten anderer Haushaltstitel bzw. ein Anwachsen der passiven (Pflicht-)Leistungen die Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik verdrängen.
In allen untersuchten Ländern erfüllt die Arbeitsmarktpolitik eine konjunkturstabilisierende Funktion, indem die krisenbedingt abnehmende Nachfrage durch Lohnersatz- oder Unterhaltsleistungen teilweise kompensiert wird. In Dänemark und Schweden bewirkt die Arbeitsmarktpolitik darüber hinaus eine regionale Umverteilung von Mitteln aus Regionen mit niedriger in solche mit hoher Arbeitslosigkeit.
Die sozialpolitische Risikoabsicherung durch die Arbeitsmarktpolitik wurde in dem Maße geschwächt, wie Leistungen gekürzt, Zugangsvoraussetzungen verschärft und Rechtsansprüche auf aktive Maßnahmen aufgeweicht wurden. Während in den skandinavischen Ländern die Chancen, im Sicherungssystem zu verbleiben, bislang relativ gut waren, ist in Frankreich die Gefahr des Hinabgleitens in die Armutsfürsorge deutlich größer. Infolge der jüngsten Reformierungen der Arbeitsmarktpolitik in Dänemark und Schweden könnte sich in diesen Ländern jedoch künftig eine ähnliche Entwicklung wie in Frankreich abzeichnen.
In den letzten Jahren wurden in den untersuchten Ländern – insbesondere in Frankreich – neue Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingeführt. Diese betreffen zum einen die zeitweilige Reduzierung oder den Erlass von Beiträgen zur Förderung von Wiedereingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose oder die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen durch Arbeitszeitverkürzung oder Existenzgründung. Zum anderen betrifft dies die Umwandlung passiver Ausgaben in aktive Maßnahmen. Eine solche Umschichtung von Mitteln hat – sofern sie kostenneutral erfolgt – durchweg positive Folgen: eine Zunahme der Beschäftigung, Einsparungen an Arbeitslosengeld und -hilfe bis hin zu einer Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.
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